Die eigene Stadt lebenswerterer machen

Stadtleben wird zu großen Teilen durch Stadtbewohner geprägt. Jeder hat es deshalb in der Hand, seine Stadt lebenswerter zu machen.
Stadtleben wird zu großen Teilen durch Stadtbewohner geprägt. Jeder hat es deshalb in der Hand, seine Stadt lebenswerter zu machen.
copyright: Envato / CarlosBarquero

Die meisten Deutschen leben in Städten, viele davon in Großstädten. Für sehr viele handelt es sich dabei um Herzenswünsche, denn Städte können schlichtweg vieles bieten, was in kleineren, weniger dicht besiedelten Gebieten nicht machbar ist. Allerdings ist weder Köln noch eine andere (Groß-)Stadt perfekt. Sie alle haben mit Problemen wie Lärm, Verkehr, Wohnungsnot, Schmutz und vielem mehr zu kämpfen. Vieles davon mag primär zu den Hauptaufgaben der Politik gehören. Allerdings kann wirklich jeder Bewohner einen Teil dazu beitragen, seinen Wohnort für alle zu einem besseren Ort zu machen. Acht Maßnahmen, die sich beliebig kombinieren lassen, zeigen wir jetzt. Sie sind zwar ein bisschen am Beispiel Köln ausgerichtet, lassen sich aber auf jede andere Stadt übertragen.

Kein Auto besitzen

Ende 2023 waren allein in Köln 585.100 Kraftfahrzeuge zugelassen. Davon waren 405.400 private PKW. Im gleichen Zeitraum waren 1.095.520 Menschen hier gemeldet. Macht also ziemlich viele Autos pro Kölner.

Natürlich wird Kölns Verkehr nicht nur durch “inner-kölsche” Fahrzeuge bestimmt. Es gibt auch genügend Leute, die von außen in die Stadt pendeln oder den umgekehrten Weg nehmen. Aber: Wer direkt zentral wohnt und nicht gerade täglich in schlecht angebundene Bereiche pendeln muss, der sollte ernsthaft überlegen, den Wagen einfach ersatzlos zu verkaufen.

Jedes Auto weniger entzerrt den Verkehr, verringert dessen Lärm, Abgas- und Feinstaubemissionen, macht Parkplätze frei für Menschen, die wirklich aufs Auto angewiesen sind. Möglich ist es in der Stadt so gut wie nirgendwo sonst. Nicht nur ist hier alles viel dichter beieinander, sondern es gibt neben dem gut ausgebauten ÖPNV auch noch zahllose Möglichkeiten der Mikromobilität bis hinab zu E-Scootern und ähnlichen Elektrokleinstfahrzeugen. 

Und wenn doch mal ein Auto unumgänglich ist? Dann gibt es allein in Köln mehrere Dutzend Autovermieter, wo man vom Kleinst-PKW bis zum Umzugs-Van alles für wenige Euro leihen kann.

Schmierereien und Zerstörungen nicht hinnehmen

Vandalismus ohne Streetart-Charakter grassiert auch deshalb so sehr, weil viele einfach wegsehen.
Vandalismus ohne Streetart-Charakter grassiert auch deshalb so sehr, weil viele einfach wegsehen.
copyright: Envato / LightFieldStudios

Zugegeben, bei Graffiti und anderen Streetart-Formen sind einige Kunstwerke dabei, die nach jeder Definition auch verschönernd wirken. Deutlich häufiger sind jedoch gemalte, geätzte oder gekratzte Tags und ähnliche Dinge, deren ästhetischer Wert für die meisten Betrachter gen Null tendiert – sofern es sich nicht gleich nur um Vandalismus handelt.

Wohl kann man als Einzelner, insbesondere Mieter, nicht allzu viel machen. Allerdings kann jeder sich an die Stadtverwaltung wenden, kann Vandalen bei Polizei und Ordnungsamt melden oder Vandalen selbst freundlich ansprechen.

Untervermieten, wenn möglich

Zu Beginn des Wintersemesters 2024/2025 musste der AStA der Uni Köln einmal mehr Notunterkünfte für Studierende bereitstellen, die keine Wohnung gefunden hatten – kein Wunder. Es gibt im Stadtgebiet etwa 100.000 Studierende, aber keine 5.000 Wohnheimplätze des Studierendenwerks.

Zumal “Ersties” beileibe nicht die einzigen Personen sind, die unter der Wohnungsnot zu leiden haben. Jährlich müsste Köln 372.000 neue Wohneinheiten schaffen, um dem Bedarf Herr zu werden. 

Umgekehrt haben fast alle Mieter einen Rechtsanspruch darauf, untervermieten zu dürfen, wenn sie ein berechtigtes Interesse geltend machen können – etwa der Wunsch, die persönliche Mietkostenbelastung zu reduzieren.

Klar, nicht jeder hat den nötigen Wohnraum. Wenn es jedoch wirklich nicht daran hängt, sollte jeder sich fragen, ob er sich mit dem Rest nicht arrangieren kann. Es steht ja jedem frei, sich seinen Untermieter nach eigenem Gusto auszusuchen – Bewerber gibt es schließlich mehr als genug.

Fenster und Balkon begrünen

Begrünung muss keinen großen Aufwand bedeuten, verschönert aber dennoch selbst die tristeste betongraue Häuserfront.
Begrünung muss keinen großen Aufwand bedeuten, verschönert aber dennoch selbst die tristeste betongraue Häuserfront.
copyright: Envato / maginnislaura

Zahllose Studien kommen immer wieder zu einem Ergebnis: Der Grün-Anteil einer Stadt hat einen enormen Anteil an der empfundenen Lebenswertigkeit. Allerdings muss sich “grün” beileibe nicht nur in großen Pflanzkübeln, Parks, Bäumen und ähnlichen Großprojekten manifestieren.

Vielmehr gilt hier “auch Kleinvieh macht Mist”. Schon eine Fensterbank, von der Geranien leuchten, kann einen völlig anderen Eindruck vermitteln als Betongrau oder Ähnliches.
Zumal es rechtlich ebenfalls so eindeutig ist wie bei der Untervermietung: Zumindest den Balkon darf jeder Mieter nach eigenen Wünschen bepflanzen, sofern davon keine Gefahr ausgeht. Nur bei den Fensterbänken ist Vorsicht angebracht, diese gelten in der Regel nicht als mitvermietet – aber den Vermieter um eine schriftliche Erlaubnis bitten, kostet keinen Cent. 

An die Tiere denken

Selbst die größten Metropolen der Welt werden von unzähligen Tieren zwischen kleinsten Insekten und größeren Vögeln und Säugetieren bewohnt. Mancher würde sich vielleicht wundern, wie vielfältig allein Kölns Fauna ist

Diese Tiere haben es nicht immer leicht. Das gilt insbesondere bezogen auf ihre Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser. Eine Stadt ist nun mal trotz vielleicht überquellender Mülleimer kein sonderlich gutes Revier für Eichhörnchen und Co.

Was dagegen jeder tun kann, sind Dinge wie das Aufstellen von flachen Schalen (besonders bei großer Hitze und Frost) voller Wasser sowie Vogelfutter und ähnlichen Nahrungsangeboten. Prinzipiell profitieren davon zwar fliegende Tiere. Wer jedoch nicht gerade in den obersten Stockwerken wohnt, wird wahrscheinlich rasch feststellen, wie viele “fußläufige” Bewohner sich für sein “Buffet” interessieren werden.

Das Gegenteil von anonym und verschlossen sein

Mit einer Bevölkerungsdichte von knapp 2.700 Menschen pro Quadratkilometer gehört Köln noch zu den etwas aufgelockerten Großstädten. In Stuttgart beispielsweise sind es bereits 3.055, in Berlin 4.255 und in München sogar 4.861 Menschen pro Quadratkilometer. Nur selten gibt es eine dünne Bevölkerungsdichte. Die Folge ist meist, dass die Menschen sich eher zurückziehen. Echte Veedel oder Straßenzüge, in denen praktisch jeder jeden kennt, wodurch fast schon Dorfstimmung aufkommt, werden immer seltener.

Auch das hat viele Gründe. Es sollte aber kein Anlass sein, achselzuckend zu akzeptieren, wenn man nicht einmal die Nachbarn derselben Etage kennt. Machen kann wirklich jeder etwas. Es beginnt beim freundlichen Grüßen. Wer mag, kann vielleicht auch bei (älteren) Bewohnern des Hauses klingeln, wenn er einkaufen geht.

Einmal mehr gilt: Es sind hier die kleinen Dinge, die sich schnell läppern und zumindest eine Hausgemeinschaft weniger anonym und menschlicher machen. Wenn das erst einmal geschieht, dann stehen zumindest die Chancen gut, ein bisschen Kiez-Feeling mit den anderen Nachbarn zu erschaffen.

Übrigens: In Zeiten, in denen keine Orte mehr vom Kneipensterben verschont bleiben, sollte es beinahe schon Ehrensache sein, sich ab und zu auf ein Kaltgetränk und ein bisschen Plauschen in die nächste Lokalität zu begeben.

Sich ehrenamtlich engagieren

Egal ob Wahlhelfer oder Jugendtrainer: Jeder Ehrenamtler ist ein Multiplikator, der sehr viele Menschen erreichen kann.
Egal ob Wahlhelfer oder Jugendtrainer: Jeder Ehrenamtler ist ein Multiplikator, der sehr viele Menschen erreichen kann.
copyright: Envato / zamrznutitonovi

In Deutschland übernimmt der Staat zwar vieles. Doch von der Jugendarbeit im Sportverein, über die Unterstützung der Tierheime bis hin zu tatkräftiger Mithilfe in Parteien und bei Wahlen würde das ganze System dennoch zusammenbrechen ohne unzählige Ehrenamtliche.

Um es ganz klar zu sagen: Egal in welchem Gebiet, jeder Ehrenamtler ist wichtig, ist eine Bereicherung für seine Mitmenschen, macht eine Stadt zu einem lebenswerteren, da funktionaleren und menschlicheren Ort.

Abermals in Köln ist es ausnehmend einfach, ein persönlich passendes Ehrenamt zu finden. Köln betreibt dafür extra ein Portal, auf dem es sogar eine Ehrenamtsbörse gibt. Wer den Willen hat, dürfte daher in jedem Fall etwas finden – und damit einige Menschen sehr glücklich machen.

Lokal einkaufen

Es dürfte nur wenige geben, die es begrüßen, dass Innenstädte immer mehr veröden und sich aufgrund der verbliebenen Läden, die meist zu internationalen Ketten gehören, einander immer mehr angleichen.

Doch warum ist das so? Natürlich spielen dabei Verteilungs- und Preiskämpfe eine Rolle, auf die man als Einzelner kaum Einfluss hat. Doch wer beispielsweise bis auf die Lebensmittel praktisch alles bei den großen Web-Plattformen bestellt, der muss sich zumindest bewusst sein, dass er einen Teil dazu beiträgt, dass entsprechende Geschäfte in seiner Stadt wegsterben. Das gilt selbst dann, wenn man nicht den Kardinalsfehler begeht: Sich vor Ort umfassend informieren lassen (auf Kosten des Händlers), aber dann doch online bestellen. Es genügt schon, einfach nur zu vieles im Netz zu erwerben.

Kurzum: Wer den Einzelhandel und dessen Pluralismus in seinem Wohnort erhalten will, der muss dafür sorgen, dass es dem Einzelhandel wirtschaftlich gut geht. Das funktioniert nur, wenn man dort regelmäßig einkauft, selbst wenn die Preise vielleicht etwas höher sind – dafür hat man seine Waren aber auch direkt und obendrein das gute Gefühl, mehr zu tun als bloß zu konsumieren.

Fazit: Jeder hat die Lebensqualität seiner Stadt ein Stück weit selbst in der Hand

Städte stehen vor vielen Herausforderungen, für die ihre Bewohner weder etwas können noch etwas daran ändern können. Das sind Aufgaben der Stadtregierung, der Landes-, Bundes- ja sogar Europapolitik.

Bei den vielen kleinen Dingen des Alltags, die so oft einen Unterschied ausmachen, sieht es jedoch anders aus. Hier kann tatsächlich jeder etwas ändern, um seine Stadt, sein Viertel, seine Straße oder sogar nur sein Mehrparteienhaus zu einem besseren Ort als bisher zu machen.

Manchmal reicht es dazu schon, einfach jemandem im Treppenhaus lächelnd “Guten Morgen!” zu sagen – egal ob der Gruß erwidert wird oder nicht.