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Ausführliche Hintergrund-Informationen zum Putschversuch in der Türkei 2016

Hintergrund: Putschversuch in der Türkei 2016 copyright: Rainer Sturm / pixelio.de
Hintergrund: Putschversuch in der Türkei 2016
copyright: Rainer Sturm / pixelio.de

Der Putschversuch in der Türkei 2016 am 15. und 16. Juli 2016 war ein gescheiterter Putsch von Teilen des türkischen Militärs, der zum Ziel hatte, die politische Führung der Türkei in Form von Präsident Recep Tayyip Erdoğan und der Regierung unter Ministerpräsident Binali Yıldırım (AKP) zu stürzen. Staatliche Stellen nannten eine Organisation namens FETÖ, die von Fethullah Gülen gesteuert sein soll, als Drahtzieherin des Putsches.

Opfer

Der kommissarisch eingesetzte türkische Generalstabschef Ümit Dündar, zuvor Kommandeur im Raum Istanbul, gab am Morgen nach dem Putschversuch bekannt, dass 104 Militärs des Friedensrates, 41 Polizisten (Polizei und Gendarmerie) und 47 Zivilpersonen in der Nacht ums Leben gekommen seien.

Die staatliche Narichtenagentur “Anadolu” berichtete am 20. Juli von 264 Toten, darunter sollen 173 Zivilisten, 67 regierungstreue Sicherheitskräfte und 24 Putschisten sein.

Eine unbekannte Anzahl von Soldaten, mindestens vier, wurde, nachdem sie sich ergeben hatten, durch eine wütende Menge ermordet. Sowohl regierungsfreundliche und auch oppositionelle Medien berichteten, auf einer der Istanbuler Bosporus-Brücken habe ein Mob einem Soldaten die Kehle durchgeschnitten, was sich aber als Falschmeldung herausstellte.

Die Regierung kündigte später an, dass die getöteten Putschisten keine muslimische Bestattung erhalten dürften. Imame dürften nicht an den Zeremonien teilnehmen.

Maßnahmen nach dem Putschversuch

Noch in der Nacht des Putsches kündigte Präsident Erdoğan eine “Reinigung der Armee” an. Er wolle sie von den “Terroristen” befreien.

Nach dem gescheiterten Putsch kündigte Ministerpräsident Yıldırım an, man werde “Rechnungen begleichen“, sich dabei aber an die Gesetze halten. Staatspräsident Erdoğan kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Umstürzler sowie die “Säuberung” der Armee an. In diesem Zusammenhang sprach er auch mehrmals davon, dass die Wiedereinführung der Todesstrafe geprüft werden müsse.

Festnahmen und Suspendierungen

Innerhalb von 24 Stunden nach Niederschlagung des Putschversuches wurden in der Türkei nach staatlichen Medien bereits 6.000 Menschen festgenommen. Innerhalb von zwei Tagen nach dem Putschversuch wurden 7.543 Menschen festgenommen; darunter 6.038 Soldaten. 32 Generäle und 29 Obristen wurden ihres Kommandos enthoben.

Die staatliche türkische Nachrichtenagentur “Anadolu” meldete, dass zehn Mitglieder des türkischen Staatsrats verhaftet und fünf Mitglieder des Hohen Rats der Richter und Staatsanwälte (HSYK) in Ankara von ihrer Mitgliedschaft entbunden wurden. Der “Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte” kündigte nach dem Putschversuch an, im Land 2.745 Richter zu entlassen.

Am 16. Juli wurde während des Putschversuches von der Polizei in der Provinz Mersin ein Konteradmiral verhaftet. In Izmir wurde der Heereschef für die Ägäis verhaftet. Der Kommandeur der 2. Armee, General Adem Huduti, und der 2. Stabschef und Garnisonskommandant von Malatya, Generalmajor Avni Angun, sind in Untersuchungshaft genommen worden. Auch der Kommandeur der türkischen Luftwaffenakademie, Generalmajor Fethi Alpay, kam in Gewahrsam.

Die türkische Tageszeitung Evrensel veröffentlichte am 16. Juli 2016 eine Liste der Mitglieder der Streitkräfte und der Gendarmerie, darunter viele Brigadekommandeure im Generalsrang, die während des Putschversuchs festgenommen wurden.

Laut Yıldırım hat man begonnen, Beamte mit Verbindungen zu den Putschisten “zu entfernen”. Davon waren laut “Anadolu” 8.777 Staatsbedienstete in der Verwaltung und den Regionalregierungen betroffen. 30 Gouverneure und 52 Inspekteure wurden demnach suspendiert.

Bildungssektor

Nach der landesweiten Aktion gegen angeblich verdächtige Putschisten (oder Unterstützer der Putschisten in Militär und Justiz) beschloss die türkische Regierung auch im Bildungssektor radikale Säuberungen durchzuführen: 15.200 Beamte im Bildungsministerium wurden suspendiert, darunter Verwaltungsmitarbeiter und Lehrer an staatlichen Schulen. Weiter wurden 21.000 Privatschullehrern die Unterrichtserlaubnis entzogen. Ihnen wurden Verbindungen zu den Putschisten und zur Gülen-Bewegung vorgeworfen, die zahlreiche dieser Privatschulen betreibt.

Ebenso wurden die Universitäten/Hochschulen ins Visier genommen: So wurden 1.577 Hochschuldekane zum Rücktritt gezwungen, davon waren 1.176 an staatlichen Universitäten beschäftigt, 401 an privaten Universitäten. Mehrere Universitäts-Rektoren – allesamt zuvor vom Staatspräsidenten ernannt – waren bereits suspendiert worden. Betroffen waren laut Hürriyet Daily News die Rektoren von Yildiz, Gazi, Dicle Üniversitesi und Yalova Üniversitesi.

In einem Schreiben forderte der türkische Hochschulrat die Rektoren aller staatlichen und privaten Universitäten auf, ihre Mitarbeiter in Wissenschaft und Verwaltung daraufhin zu überprüfen, ob sie persönliche Verbindungen zu der Gülen-Bewegung haben. Das gelte auch für ausländisches Lehrpersonal.

Der türkische Hochschulrat forderte die Rektoren auf, ihm die Ergebnisse ihrer Überprüfungen bis zum 5. August zu schicken. Für alle Wissenschaftler und Lehrpersonen an türkischen Universitäten hat der Hochschulrat Dienstreisen ins Ausland – wie etwa Forschungsreisen, -aufenthalte oder Stipendien – untersagt.

Dozenten im Ausland ohne zwingenden Aufenthaltsgrund wurden aufgefordert, baldmöglichst in die Türkei zurückzukehren.

Andere Ministerien und Staatsinstitutionen

Auch andere Ministerien waren von den “Säuberungen” betroffen: 1.500 Angestellte des Finanzministeriums, 8.777 des Innenministeriums, 393 Angestellte im Ministerium für Familie und Soziales, 492 Personen, die für die oberste Instanz für religiöse Angelegenheiten (Diyanet) tätig waren, 257 Mitarbeiter des Ministerpräsidentenamts und 100 Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes verloren infolge des gescheiterten Umsturzversuchs ihre Arbeitsstelle.

Medien

Wegen angeblicher Gülen-Verbindungen entzog die Telekommunikationsbehörde “RTÜK” insgesamt 24 Radio- und Fernsehstationen die Sendelizenz. Ebenso sind etwa 20 unabhängige Online-News-Portale gesperrt worden, etwa “Haberdar”, “Meydan”, “Medyascope”, “Gazeteport”, “Rotahaber”, “ABC” and “Karşı” u.a.. Auch die von den ehemaligen “Zaman”-Journalisten neu gegründete Zeitung “Yarına Bakış” wurde geschlossen. 34 Journalisten wurde der Presseausweis entzogen und acht Personen wurden wegen Tweets im Internet verhaftet, in denen sie angeblich den Putsch unterstützt oder Präsident Erdoğan beleidigt hätten.

  • Am 25. Juli 2016 erließ die türkische Regierung gegen 42 Journalisten Haftbefehle, unter ihnen die prominente Regierungskritikerin Nazlı Ilıcak. Wie die Zeitung “Hürriyet Daily News” berichtete, wurden die Haftbefehle vom Büro des Istanbuler Antiterror-Staatsanwalts Irfan Fidan erlassen. Die Nachrichtenagentur Doğan Haber Ajansı berichtete, die Ermittlungen richteten sich gegen Medien aus dem Netzwerk des Predigers Fethullah Gülen.
  • Am 27. Juli 2016 erließen die türkischen Behörden Haftbefehl gegen 47 ehemalige leitende Angestellte, Journalisten und Kolumnisten der Tageszeitung Zaman. Ihnen wurde vorgeworfen Unterstützer Fethullah Gülens zu sein. “Zaman” ist eine der auflagenstärksten Zeitungen der Türkei. Die Redaktionsräume der regierungskritischen Zeitung waren bereits im März 2016 von der Polizei gestürmt, die Zeitung in Folge von der türkischen Regierung unter Zwangsverwaltung gestellt und auf Regierungslinie gebracht worden.
  • Ebenfalls mit Wirkung zum 27. Juli 2016 beschloss der unter dem Vorsitz Erdoğans zusammentretende Ministerrat unter anderem die Schließung von 3 Nachrichtenagenturen, 16 TV-Sendern, 23 Radiosendern, 45 Zeitungen, 15 Zeitschriften sowie 29 Verlagen und Vertriebsunternehmen. Dabei handelt es sich sowohl um landesweite, als auch um lokale Anbieter. Laut dem Sender “CNN-Türk” waren unter anderen die Nachrichtenagentur Cihan und die oppositionelle Tageszeitung Taraf betroffen.

Unternehmen

Bei der “Turkish Airlines” wurde 211 Mitarbeitenden gekündigt. “Turkish Airlines” gehört zu rund 49 Prozent dem türkischen Staat.

Aber auch andere Unternehmen sind von Entlassungen im Zuge des Putsches betroffen. So wurden u. a. wurden beim Festnetz-Betreiber “Türk Telekom198 Mitarbeiter “in Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften” entlassen. Der türkische Staat hält 30 Prozent an dem Unternehmen.

Ausrufung des Notstands

Nach einer Sondersitzung des Nationalen Sicherheitsrats und des Ministerrats am 20./21. Juli 2016 kündigte Erdoğan an, dass für drei Monate der Notstand (olağanüstü hal) ausgerufen werde. Der Empfehlung des Nationalen Sicherheitsrats folgend, beschloss der Ministerrat die Ausrufung eines 90-tägigen Notstands im ganzen Land aufgrund einer politischen Krise nach Art. 120 der Verfassung und Art. 3 Abs. 1 lit. b des Notstandsgesetzes. Die Verkündung des Ministerratsbeschlusses im Amtsblatt erfolgte am 21. Juli 2016, die des Zustimmungsbeschlusses der Großen Nationalversammlung am Folgetag.

Erdoğan erklärte, der versuchte Staatsstreich sei “vielleicht noch nicht vorbei”, es könne “weitere Pläne geben”. Der Notstand sei notwendig, um rasch “alle Elemente entfernen zu können”, die in den Putschversuch verwickelt seien.

Der Notstand ermöglicht, weitgehend per Rechtsverordnungen mit Gesetzeskraft zu regieren. Bestimmte Grundrechte können unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß Art. 15 der Verfassung (vgl. Art. 15 Abs. 1 EMRK) eingeschränkt oder ganz ausgesetzt werden; geschützt bleiben weiterhin die körperliche Integrität sowie die Gedankenfreiheit (nicht jedoch die Meinungsäußerungsfreiheit). Es können unter anderem Ausgangssperren verhängt sowie Versammlungen und Demonstrationen verboten werden; Sicherheitskräfte dürfen Personen, Fahrzeuge oder Anwesen durchsuchen und mögliche Beweismittel beschlagnahmen; bestimmte Gegenden können abgeriegelt oder evakuiert werden; der Verkehr zu Land, See und Luft kann kontrolliert werden; Druckerzeugnisse (etwa Zeitungen, Magazine oder Bücher) können mit Auflagen versehen oder ganz verboten werden; alle Arten von Rundfunkanstalten und die Verbreitung von Texten, Bildern, Filmen oder Tondokumenten können kontrolliert, eingeschränkt oder vollständig verboten werden.

Das Parlament kann die Dauer des Notstands verändern, ihn auch aufheben, womit angesichts der klaren Mehrheit von Erdoğans AKP in der Nationalversammlung aber nicht zu rechnen ist.

Es wurde angekündigt, die Geltung der Europäischen Menschenrechtskonvention auszusetzen, was Beobachter rechtlich als logische Konsequenz der Verhängung des Notstands bewerteten, weil viele von dessen Maßnahmen bereits gegen die Konvention verstießen.

Erste Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft

Am 22. Juli 2016 beschloss der unter dem Vorsitz Erdoğans tagende Ministerrat den Erlass der ersten Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft. Die Verkündung im Amtsblatt erfolgte am nächsten Tag. Nach Art. 6 lit. a dieser Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft können in bestimmten Fällen Festgenommene 30 Tage ohne Vorführung vor einen Haftrichter in Polizeigewahrsam gehalten werden. Im Normalzustand ist dies bei kollektiv begangenen Straftaten maximal für vier Tage möglich (Art. 91 Abs. 3 tStPO).

Zudem sollen landesweit 2.341 Einrichtungen geschlossen werden, die aus Sicht der Regierung zum Gülen-Netzwerk gehören. Darunter sind 1.043 private Schulen, 1.229 gemeinnützige Einrichtungen, 19 Gewerkschaften, 15 Universitäten und 35 medizinische Einrichtungen (wie etwa Krankenhäuser).

Rund 11.000 Reisepässe vor allem von Staatsbediensteten wurden für ungültig erklärt. An Flughäfen müssen Staatsbedienstete nun eine Bescheinigung ihrer Behörde vorlegen, in denen ihnen bescheinigt wird, dass ihrer Ausreise nichts im Wege steht. Das gilt auch für deren Ehepartner und Kinder.

Reaktionen im Inland

Zeitungen und Politiker in der Türkei spekulierten über eine Verstrickung des Auslandes. Neben Berichten, nach denen die USA, Staaten der Europäischen Union oder der Vatikan Initiatoren oder Unterstützer des Putsches seien, bezichtigte der Oberbürgermeister von Ankara Melih Gökçek den Prediger Gülen, dass dieser die Menschen mit Hilfe von Dämonen (Dschinns) versklave.

Reaktionen im Ausland

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen konnte sich nicht auf eine Resolution zur Unterstützung der “demokratisch gewählten Regierung” der Türkei einigen, weil die Vertreter Ägyptens mit der Begründung ihre Zustimmung verweigerten, der Sicherheitsrat habe keine Möglichkeit festzustellen, ob die Regierung tatsächlich demokratisch gewählt worden sei.

Zuvor hatten sich ägyptische Staatsmedien wie Al-Ahram wohlwollend über die Putschisten geäußert. Hingegen hatten viele der Anhänger Erdoğans in der Nacht des Putschversuches ihrerseits das in Ägypten verbotene R4bia-Emblem gezeigt, das die Anhänger des gestürzten Expräsidenten Mohammed Mursi seit dem Militärputsch in Ägypten 2013 verwenden.

In einer ersten Reaktion riefen Russland und die USA dazu auf, keine Gewalt anzuwenden. Außenminister John Kerry bekundete die Solidarität der USA zur türkischen Regierung und bezeichnete den Putschversuch als ein überraschendes Ereignis, das nicht so wirke, als sei es sonderlich brillant geplant oder ausgeführt worden.

Deutschland

  • Die erste Reaktion der deutschen Bundesregierung kam durch Regierungssprecher Steffen Seibert, der erklärte, dass die demokratische Ordnung in der Türkei respektiert und alles getan werden müsse, um Menschenleben zu schützen.
  • Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erklärte: “Die Türkei entfernt sich immer weiter von den europäischen Mindeststandards, auf die sie sich als Mitglied des Europarats ausdrücklich verpflichtet hat”. Man müsse damit rechnen, dass die seit Monaten zu beobachtende Einschränkung von Grundrechten fortgesetzt werde. Besorgniserregend seien vor allem die Massenverhaftungen und Amtsenthebungen, “die erkennbar lange vorbereitet gewesen sein müssen”.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte die Führung um Erdoğan und Yıldırım auf, den Ausnahmezustand auf möglichst kurze Zeit zu begrenzen. Der Ausnahmezustand müsse “auf die unbedingt notwendige Dauer beschränkt und dann unverzüglich beendet” werden. “Alles andere würde das Land zerreißen und die Türkei schwächen, nach innen wie nach außen.” Und: “Bei allen Maßnahmen, die der Aufklärung des Putschversuchs dienen, müssen Rechtsstaatlichkeit, Augenmaß und Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.”
  • Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) forderte in der “Süddeutschen Zeitung” die Milliardenzahlungen der EU an die Türkei sofort einzufrieren. Das Land erhält derzeit eine sogenannte “Heranführungshilfe” an die EU in Milliardenhöhe. Mit der “Heranführungshilfe” werden Länder unterstützt, für die ein Beitrittsverfahren zur EU läuft. Die Anpassung an die Standards der EU soll so erleichtert werden. Förderschwerpunkte sollen dabei laut EU unter anderen “Demokratie, Zivilgesellschaft, Rechtsstaatlichkeit” sein. Laut einem Schreiben des Bundesministerium für Finanzen an Singhammer hat die Türkei von der EU zwischen 2007 und 2014 gut fünf Milliarden Euro “Heranführungshilfe” erhalten. Der deutsche Anteil daran habe 1,088 Milliarden Euro betragen. Im Jahr 2015 habe der deutsche Beitrag bei 133,7 Millionen Euro gelegen, für 2016 seien 133,41 Millionen Euro geplant. Angesichts der aktuellen Lage bezeichnete Singhammer diese Zahlungen als Hohn. Bei Religionsfreiheit, Pressefreiheit und rechtsstaatlichen Grundsätzen gebe es eher “einen Kontinentaldrift der Türkei”. Deshalb sei jetzt eine Überprüfung der Hilfen nötig.

In Deutschland gab es vereinzelte, friedliche Demonstrationen gegen den Putsch, u. a. in Bremen, Berlin und Essen.

In Berlin befanden sich Anhänger der rechtsextremistischen Grauen Wölfe und anderer nationalistischer Organisationen unter den Demonstranten.

Europäische Union

  • Der Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sagte, der gescheiterte Putsch diene Erdoğan als Legitimierung für den beschleunigten Umbau der Türkei und damit würde das Land ein schwieriger Partner.
  • Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn erklärten in einer Pressemitteilung vom 21. Juli 2016, dass die türkische Regierung in Reaktion auf den versuchten Umsturz “inakzeptable Entscheidungen” zur Kontrolle des Erziehungswesens, der Justiz und der Medien getroffen habe. Sie forderten die türkische Regierung auf “unter allen Umständen die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die grundlegenden Freiheiten einschließlich des Rechts auf ein gerechtes Gerichtsverfahren zu respektieren. Die Erklärung des Notstands gibt der Exekutive weit reichende Befugnisse um per Dekret zu regieren. Gemäß den Bestimmungen der türkischen Verfassung sind aber die wichtigsten Grundrechte auch im Notstand unantastbar.”
  • Einige Beobachter und auch Verschwörungstheoretiker sowie der Islamwissenschaftler Udo Steinbach äußerten Zweifel daran, dass der Putschversuch tatsächlich vom türkischen Militär ausgegangen war, und vermuteten hinter dem Umsturzplan eine Inszenierung der türkischen Regierung. Der Putschversuch könne dem türkischen Präsidenten Erdoğan als Vorwand dienen, ein Präsidialsystem einzuführen und noch entschlossener gegen Oppositionelle vorzugehen.
  • Der EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn wies darauf hin, dass die Listen für die Verhaftung von 6.000 Türken so schnell verfügbar waren, dass sie bereits im Vorfeld hätten erstellt worden sein müssen.

Anhänger des türkischen Präsidenten in Deutschland bedrohten nach dem Putschversuch vermehrt Personen, die sie der Gülen-Bewegung zurechneten. In der DITIB-Moschee in Hagen wurde sogenannten “Vaterlandsverrätern” per Aushang verboten, zu beten.

Nach der Verkündigung des Ausnahmezustandes bestellte Österreich den türkischen Botschafter ein, um sich die Situation erklären zu lassen. Außenminister Sebastian Kurz zeigte kein Verständnis für türkische Demonstrationen in Österreich und legte ihnen nahe, Österreich zu verlassen.

Internationale Auswirkungen

Angriffe der US-Luftstreitkräfte gegen den Islamischen Staat konnten vorübergehend von der türkischen NATO-Basis Incirlik Air Base aus nicht durchgeführt werden, da die Türkei den Luftraum für Militärflugzeuge schloss.

Die nach dem Putschversuch von Erdoğan erwogene Rückkehr zur Todesstrafe würde Beitrittsgespräche über eine EU-Mitgliedschaft der Türkei enden lassen.

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