Alles zur Digitalen Krankmeldung, Genesungsurlaub und Co.

Fragen rund um Krankmeldung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werden von der Fachanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Thienhaus erläutert.
Fragen rund um Krankmeldung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werden von der Fachanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Thienhaus erläutert. (Symbolbild)
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Fragen rund um Krankmeldung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werden von ROLAND-Partneranwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Thienhaus von der Rechtsanwaltskanzlei Bietmann in Köln erläutert. Sie gibt Aufschluss darüber, wie die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung funktioniert, ob Arbeitnehmer trotz Krankschreibung arbeiten oder verreisen dürfen und ob sie während dieser Zeit an Vorstellungsgesprächen teilnehmen können.

Digitales Abrufverfahren der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland für gesetzlich Krankenversicherte eine neue Regelung – die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert, muss der Arbeitnehmer ärztlich feststellen lassen, dass er arbeitsunfähig ist und wie lange diese voraussichtlich dauern wird. “Der behandelnde Arzt übermittelt die Daten elektronisch an die Krankenkasse des Patienten. Diese erstellt ihrerseits eine Meldung, die der Arbeitgeber elektronisch abrufen kann. Zusätzlich erhält der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform, um im Streitfall den Nachweis seiner Feststellungspflicht erbringen zu können”, erklärt Rechtsanwältin Thienhaus. Sie betont auch, dass der Arbeitgeber das Recht hat, bereits ab dem ersten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen.

Die Pflicht zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit unterscheidet sich von der Pflicht, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen, erklärt die Anwältin: “Der erkrankte Arbeitnehmer muss seinem Arbeitgeber weiterhin unverzüglich, idealerweise vor Beginn der regulären Arbeitszeit, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitteilen.”

Dies bedeutet laut Anwältin Thienhaus, dass sich für Arbeitnehmer in Bezug auf die rechtzeitige Benachrichtigung des Arbeitgebers nichts ändert. Die Nachweispflicht durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform wird jedoch durch eine Feststellungspflicht ersetzt. Der Arbeitnehmer muss nun lediglich die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer feststellen lassen und eine ärztliche Bescheinigung erhalten, beispielsweise für den Fall einer technischen Störung im digitalen Abrufverfahren.

Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht zwangsläufig Arbeitsverbot

Wenn sich der Gesundheitszustand verbessert hat und das Fieber vergangen ist, möchten viele Arbeitnehmer schnell wieder zur Arbeit zurückkehren. Ist es einem Arbeitnehmer trotz ärztlicher Krankschreibung erlaubt, zur Arbeit zu gehen? Kathrin Thienhaus gibt eine klare Antwort: “Eine Krankschreibung bedeutet nicht automatisch ein Beschäftigungsverbot, sondern ist lediglich eine Prognose über den voraussichtlichen Krankheitsverlauf. Daher ist es grundsätzlich erlaubt, trotz Krankschreibung zu arbeiten. Wenn der Mitarbeiter frühzeitig wieder arbeitet, ist er auch versichert gegen Unfälle und Krankheiten.”

Allerdings müssen Arbeitnehmer berücksichtigen, dass der Arbeitgeber ihren Gesundheitszustand einschätzt. “Um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter nach Hause schicken, wenn er der Ansicht ist, dass der Gesundheitszustand des Mitarbeiters nicht ausreicht, um die Tätigkeit auszuführen”, sagt die Anwältin.

Genesungsurlaub zur Erholung nutzen

Was dürfen Arbeitnehmer während einer Krankschreibung tun? Diese Frage lässt sich laut Fachanwältin Kathrin Thienhaus nicht pauschal beantworten. Sie betont jedoch, dass die Genesung des erkrankten Menschen im Vordergrund stehen sollte. “Je nach Art der Erkrankung kann beispielsweise ein Restaurantbesuch förderlich für die Gesundheit sein und daher erlaubt sein. Dies kann auch bedeuten, Lebensmittel einzukaufen, ein Konzert zu besuchen oder je nach Krankheit sogar einige Tage am Meer zur Erholung und Linderung der Krankheit zu verbringen. Arbeitnehmer, die den Anweisungen ihres behandelnden Arztes folgen, sind auf der sicheren Seite.”

Kathrin Thienhaus warnt vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnungen oder Kündigungen, wenn Arbeitnehmer Aktivitäten durchführen, die ihrer Genesung entgegenstehen. “Es kommt jedoch immer auf den Einzelfall an”, erklärt die Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Vorstellungsgespräch trotz Krankmeldung?

Laut Kathrin Thienhaus ist dies durchaus möglich: “Wenn das Vorstellungsgespräch die Genesung des Arbeitnehmers nicht beeinträchtigt, kann es unter bestimmten Umständen auch während einer Krankmeldung unbedenklich sein, beispielsweise bei Knochenbrüchen oder vergleichbaren Krankheitsgründen. In solchen Fällen kann der Mitarbeiter möglicherweise nicht arbeiten, aber ein Gespräch führen. Es ist entscheidend, dass Mitarbeiter während ihrer Arbeitsunfähigkeit keine Handlungen unternehmen, die ihrer Gesundheit schaden könnten. Andernfalls riskieren sie eine Abmahnung oder sogar eine fristlose Kündigung.”