Kölner Karneval in Corona-Zeiten: Nur zesamme sin mer Fastelovend

Zugleiter Holger Kirsch präsentierte beim Rosenmontagszug 2020 das kommende Sessionsmotto des Kölner Karnevals: "Nur zesamme sin mer Fastelovend".
Zugleiter Holger Kirsch präsentierte beim Rosenmontagszug 2020 das kommende Sessionsmotto des Kölner Karnevals: “Nur zesamme sin mer Fastelovend”.
copyright: Festkomitee Kölner Karneval

Als Zugleiter Holger Kirsch am Ende des Rosenmontagszuges im Februar 2020 den Wagen mit dem neuen SessionsmottoNur zesamme sin mer Fastelovend” enthüllte, ahnte noch niemand, dass diese Session im Kölner Karneval völlig anders verlaufen wird als gedacht. Zusammen Karneval feiern ist in diesem Jahr nicht möglich. Mittlerweile sind so gut wie alle größeren Veranstaltungen wegen der aktuellen Coronavirus-Lage abgesagt, und auch die Umzüge, die normalerweise zwischen Weiberfastnacht und Veilchendienstag durch die verschiedenen Veedel ziehen, stehen deutlich auf der Kippe.

Statt mit tausenden Jecken in der Altstadt die Sessionseröffnung zu feiern, ging es für das designierte Kölner Dreigestirn am 11.11.2020 eher ruhig und beschaulich zu. copyright: Festkomitee Kölner Karneval
Statt mit tausenden Jecken in der Altstadt die Sessionseröffnung zu feiern, ging es für das designierte Kölner Dreigestirn am 11.11.2020 eher ruhig und beschaulich zu.
copyright: Festkomitee Kölner Karneval

Seitdem klar ist, dass die Session 2020/21 nicht so stattfinden wird wie geplant, arbeiten die Stadt Köln, das Festkomitee des Kölner Karnevals sowie die vielen Gesellschaften und Vereine daran, alternative Konzepte zu entwickeln. So stellte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn zwar ein neues designiertes Kölner Dreigestirn vor, jedoch werden Prinz Sven I., Bauer Gereon und Jungfrau Gerdemie vom Traditionskorps der Altstädter Köln 1922 e. V. nicht die üblichen Termine wahrnehmen.

Allerdings wird das Trifolium, erstmalig in der Geschichte des Kölner Karnevals, gleich zwei Sessionen lang das Amt innehaben. Wie Christoph Kuckelkorn im Gespräch mit CityNEWS betonte, wird es aber weder eine rauschende Proklamation noch einen Rosenmontagszug mit dem Kölner Dreigestirn geben. Stattdessen wird es eine insgesamt stark improvisierte Session. Wie diese genau aussieht, ist mit Stand November noch nicht genauer bekannt …

Corona-Lage: Wie ein Schlag ins Gesicht für Vereine und Künstler

Besonders für kleinere Karnevalsvereine, wie bei den Spillmannsgasser Junge aus der Kölner Südstadt, ist die aktuelle Corona-Lage wie ein Schlag ins Gesicht.
Besonders für kleinere Karnevalsvereine, wie bei den Spillmannsgasser Junge aus der Kölner Südstadt, ist die aktuelle Corona-Lage ein Schlag ins Gesicht.
copyright: CityNEWS / Alex Weis

Für die betroffenen Vereine, die größtenteils ihre Veranstaltungen abblasen mussten, ist die Absage des Karnevals ein Schlag ins Gesicht. Auch wenn dort in großen Teilen Verständnis herrscht. Etliche Gesellschaften arbeiten derzeit an Konzepten, wie das eine oder andere kleinere Event durchgeführt werden kann. Für große Vereine mag das vielleicht noch eine Möglichkeit sein. Viele kleinere Gesellschaften – die gerne auch als Seele des kölschen Fasteleers bezeichnet werden – haben keine andere Wahl, als alles ausfallen zu lassen. Für entsprechende coronakonforme Alternativ-Veranstaltungen fehlen sowohl die Man-Power, technisches Know-how als auch schlussendlich die finanziellen Möglichkeiten.

Dazu Monika Eiden, Vorstandsmitglied des 1955 gegründeten Brauchtumsvereins Spillmannsgasser Junge e. V. aus der Kölner Südstadt: “Würden wir die Veranstaltungen coronakonform durchführen, würden die Kosten in jedem Fall die Einnahmen übersteigen. Da aber die laufenden Kosten wie Mieten, Versicherungen etc. weiterlaufen und wir daher jeden Cent benötigen, ist das keine Alternative. Zudem gehört ein Großteil unserer Mitglieder, die als Helfer bei den Events eingesetzt werden, schon rein altersmäßig zur Risikogruppe. Und ihre Gesundheit geht definitiv vor.”

Aber auch für die vielen Künstler wie Musiker, Redner, Tanzgruppen usw., die von den Veranstaltungen der Gesellschaften abhängig sind, gibt es kaum Alternativen. Inwieweit dort die angekündigten Hilfen des Bundes Erleichterung verschaffen, wird sich erst zeigen. So bleibt den Betroffenen nur zu hoffen, dass sich die Lage im Laufe des Jahres 2021 entspannt.

Stell dir vor, es ist Kölner Karneval – und keiner geht hin

Auf einer Pressekonferenz stellten Christoph Kuckelkorn (links), Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (Mitte) und Künstlerin Janine Kunze (rechts) die Planungen zur Sessionseröffnung in der Rheinmetropole vor.
Auf einer Pressekonferenz stellten Christoph Kuckelkorn (links), Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (Mitte) und Künstlerin Janine Kunze (rechts) die Planungen zur Sessionseröffnung in der Rheinmetropole vor.
copyright: CityNEWS / Andrea Matzker

Mit der Kampagne #diesmalnicht warben Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die Kölner Polizei und das Festkomitee dafür, den traditionellen Tag der Sessionseröffnung am 11.11.2020 nicht zu feiern. Nach dem Willen der Stadt sollte der 11.11. “ein ganz normaler Tag im Kalender” sein. Dabei wurden die Bürger aufgefordert, daheim zu bleiben.

Zudem galt ein Alkoholkonsum- bzw. verkaufsverbot für Kneipen und Gaststätten sowie Kioske und Supermärkte auf dem Kölner Stadtgebiet für den gesamten Tag. Mit dem von der Bundes- und Landesregierung beschlossenen Teil-Lockdown bis vorerst Ende November bekam die Kampagne unverhofft weitere Unterstützung. Sämtliche Gaststätten und somit auch die Karnevals-Hotspots mussten dichtbleiben.

Die Eröffnung der Session war ein Wochentag wie jeder andere

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker: "Wir sind nicht die Hochburg der Infektionen, sondern bald wieder die Hochburg des Karnevals" (Archivbild)
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker: “Wir sind nicht die Hochburg der Infektionen, sondern bald wieder die Hochburg des Karnevals” (Archivbild)
copyright: CityNEWS / Alex Weis

Und so stellten die Stadt Köln, Polizei und Festkomitee in einer gemeinsamen Presseerklärung am Tag nach dem Elften im Elften fest, dass die Sessionseröffnung wie ein ganz normaler Werktag ablief. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker freute sich, dass “wenn´s drauf ankommt, die Kölner zusammenhalten – auch im Verzicht”, war stolz auf die Domstädter, dass “die Verantwortung jedes Einzelnen für sich selbst und für die Gesellschaft insgesamt gesiegt hat”, und machte in ihrem Statement auch klar, dass Köln “nicht die Hochburg der Infektionen, sondern bald wieder die Hochburg des Karnevals” sein wird.

"Den Sessionsauftakt so reduziert und leise zu begehen war hart", so Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn (Archivbild)
“Den Sessionsauftakt so reduziert und leise zu begehen war hart”, so Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn (Archivbild)
copyright: CityNEWS / Alex Weis

Auch Christoph Kuckelkorn fand, dass es zwar “hart war, den Auftakt der Session so reduziert und leise zu begehen”, aber dennoch “alle an einem Strang gezogen haben” und sich die “ganze Stadt kollektiv am Riemen gerissen hat, damit wir gemeinsam besser durch diese Pandemie kommen”.

Auch Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob zieht eine positibe Bilanz zur Sessionseröffnung in Köln am 11.11.2020. (Archivbild)
Auch Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob zieht eine positive Bilanz zur Sessionseröffnung in Köln am 11.11.2020. (Archivbild)
copyright: Polizei Köln

Ebenso zeigte sich Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob “überwältigt, wie positiv die gesamte Stadtgesellschaft mit unzähligen Karnevalisten aus Köln und der Umgebung das Motto ,#diesmalnicht‘ angenommen und auf Feierlichkeiten zur Sessionseröffnung verzichtet hat”. Dazu konnte er erfreulicherweise während des gesamten Einsatzes am 11.11. keine Strafanzeigen und keine Freiheitsentziehungen mit Karnevalsbezug vermelden. “Niemand wurde verletzt. Angriffe auf Einsatzkräfte von Ordnungsamt und Polizei gab es nicht”, so die Bilanz des Polizeipräsidenten.

Kölner Karneval ja – aber auf Distanz

Das Konzept zur Kölner Sessionseröffnung ging also auf … Dennoch stellt sich die Frage: Wie soll das gemeinsame Karnevalfeiern – vor allem in der heißen Phase ab Weiberfastnacht – zukünftig funktionieren? Christoph Kuckelkorn dazu: “Wir müssen schauen, dass wir über die Wege, die uns bleiben, den Karneval zu den Menschen bringen. Also zum Beispiel über das Internet oder Fernsehen. Es geht hier auch darum, Zuversicht gewinnen zu können.” Also Karneval ja, aber auf Distanz. So wird daran gearbeitet, den Menschen in Köln und Umgebung den Fastelovend nach Hause zu bringen und erforderliche Alternativen anzubieten.

Denn wie man aus der Vergangenheit weiß: Dem Kölner an sich kann man den Karneval nicht verbieten. Aber vielleicht lässt sich – angelehnt zum aktuellen Sessionsmotto – an das Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl appellieren. Denn nur wenn wir uns alle an die zum Teil sehr einschneidenden Regeln und Maßnahmen halten, können die Schwächsten unserer Gesellschaft geschützt werden. Und geht es im Kölner Karneval nicht genau auch um diese sozialen Komponenten? In diesem Sinne: nur “Zesamme sin mer Fastelovend” – auch in schwierigen Zeiten …