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Der Wohnungsmarkt in Köln steht vor enormen Herausforderungen. Die viertgrößte Stadt Deutschlands zieht nach wie vor viele Menschen an – Studierende, Fachkräfte, junge Familien und internationale Zuzügler. Doch die hohe Attraktivität der Rheinmetropole trifft auf einen chronisch unterversorgten Wohnungsmarkt. Das Ergebnis ist ein massiver Mangel an bezahlbarem Wohnraum, steigende Mieten und eine soziale Schieflage, die viele Kölner in Bedrängnis bringt.
Bevölkerungswachstum trifft auf zu wenig Neubau
Die Nachfrage nach Wohnungen ist in Köln seit Jahren ungebrochen. Allein im vergangenen Jahrzehnt ist die Domstadt um über 100.000 Einwohner gewachsen, Tendenz steigend. Doch dem Bevölkerungswachstum hinkt der Wohnungsbau weit hinterher. Laut Pestel-Institut fehlen aktuell über 10.000 Wohnungen in Köln. Um diesen Mangel abzubauen und den jährlichen Bedarf zu decken, müssten mindestens 7.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen. Tatsächlich wurden 2024 in den ersten fünf Monaten aber nur etwa 1.100 Baugenehmigungen erteilt – das ist ein Rückgang von rund 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gründe dafür sind unter anderem hohe Baukosten, Fachkräftemangel, langwierige Genehmigungsverfahren und ein Mangel an geeigneten Bauflächen.
Steigende Mieten belasten breite Bevölkerungsschichten
Die Folge des knappen Angebots ist ein kontinuierlicher Anstieg der Mieten. Laut aktuellem Wohnungsmarktbericht der Stadt Köln lag die durchschnittliche Nettokaltmiete 2023 bei etwa 10 Euro pro Quadratmeter. In gefragten Stadtteilen wie der Innenstadt oder Lindenthal werden inzwischen Mieten von 13 Euro pro Quadratmeter und mehr verlangt. Selbst einfachere Wohnlagen wie in Mülheim oder Porz verzeichnen Mieten um die 9 Euro.
Der Wohnkostenanteil am Einkommen steigt entsprechend: Haushalte mit einem Nettoeinkommen unter 2.000 Euro im Monat müssen im Schnitt fast 47 Prozent davon für die Kaltmiete aufbringen – weit über dem als gesund geltenden Wert von 30 Prozent. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Rentner, Studierende und Transferleistungsempfänger, die sich den freien Wohnungsmarkt oft schlicht nicht mehr leisten können.
Leerstand und Zweckentfremdung verschärfen die Situation
Trotz des Wohnungsmangels stehen in Köln offiziell etwa 14.230 Wohnungen leer. Das entspricht einem Leerstand von rund 2,5 Prozent. Doch viele dieser Wohnungen sind nicht direkt beziehbar, da sie entweder umfangreich saniert werden müssten oder von Eigentümern zurückgehalten werden. Ein weiteres Problem sind zweckentfremdete Wohnungen – etwa durch Airbnb-Vermietung. Allein in der Innenstadt und Ehrenfeld wurden laut Stadtverwaltung mehrere hundert illegale Kurzzeitvermietungen registriert, die dem Mietmarkt dauerhaft entzogen werden. Die Stadt hat zwar eine Zweckentfremdungssatzung erlassen, doch die Kontrolle und Durchsetzung ist aufwendig und oft wenig effektiv.
Sozialwohnungen verschwinden – mit drastischen Folgen
Auch das Angebot an Sozialwohnungen geht seit Jahren zurück. Viele ältere Wohnungen fallen aus der Bindung, ohne dass ausreichend neue geförderte Einheiten nachkommen. Während es in den 1990er Jahren noch über 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen in Köln gab, sind es heute weniger als 40.000. Der Rückgang bedeutet für Menschen mit geringem Einkommen eine massive Einschränkung der Wohnperspektiven. Neubauprojekte mit sozialem Wohnungsbau sind selten, und private Investoren setzen häufig lieber auf lukrative Eigentumswohnungen oder hochpreisige Mietobjekte.
Wohnungssuche wird zum Vollzeitjob
Die Wohnungsnot wirkt sich auch auf den Alltag vieler Kölner direkt aus. Wohnungssuchende berichten von Dutzenden erfolglosen Besichtigungen, überfüllten Wartelisten bei Genossenschaften, dubiosen Zwischenvermietungen und explodierenden Ablösesummen. Wer nicht auf bestehende Netzwerke, viel Geld oder Glück zurückgreifen kann, bleibt oft chancenlos. Das gilt nicht nur für einkommensschwache Haushalte, sondern zunehmend auch für Normalverdiener. Selbst junge Akademiker oder Fachkräfte mit sicheren Jobs finden häufig keine passende Wohnung in zumutbarer Lage.
Verdrängung im Veedel: Der soziale Zusammenhalt bröckelt
Zugleich geraten auch Menschen, die bereits lange in Köln wohnen, unter Druck. Verdrängungseffekte durch Luxussanierungen, Eigenbedarfskündigungen oder Umwandlung in Eigentumswohnungen sind besonders in beliebten Vierteln wie Ehrenfeld, Nippes oder Sülz spürbar. Die soziale Durchmischung in diesen Stadtteilen ist in Gefahr – und damit ein wesentliches Merkmal der Kölner Veedels-Kultur.
Politische Initiativen greifen bislang zu kurz
Politisch ist das Thema zwar weit oben auf der Agenda, doch die Erfolge sind überschaubar. Die Stadt Köln hat 2023 das Ziel ausgerufen, jährlich 6.000 neue Wohnungen zu genehmigen, davon 30 Prozent gefördert. Auch städtische Unternehmen wie die GAG sollen stärker in den sozialen Wohnungsbau eingebunden werden. Gleichzeitig werden neue Flächenentwicklungen wie Kreuzfeld oder die Deutzer Hafenplanung vorangetrieben. Doch viele Projekte stocken, teils aus Kostengründen, teils durch Proteste oder Verwaltungsaufwand. Zudem ist die enge Zusammenarbeit mit Bund und Land nötig – etwa bei der finanziellen Förderung von Bauvorhaben oder gesetzlichen Rahmenbedingungen für Mieterschutz und Zweckentfremdung.
Kölns Wohnungsmarkt braucht einen Kurswechsel
Die Lage auf dem Kölner Wohnungsmarkt ist ernst – und sie wird sich ohne entschlossene politische Maßnahmen und Investitionen weiter verschärfen. Bezahlbarer Wohnraum muss zur Priorität werden. Neben Neubau sind auch andere Instrumente wichtig: der Erhalt bestehender günstiger Wohnungen, die Reaktivierung leerstehender Immobilien, der Ausbau von Wohngenossenschaften sowie eine faire Regulierung des Marktes. Nur so kann Köln langfristig eine lebenswerte Stadt für alle bleiben.