Ab sofort haben junge Obdachlose und Schulabbrecher eine neue Anlaufstelle am Börsenplatz in der Kölner Innenstadt. Die Off Road Kids Stiftung ist in ihr neues Domizil gezogen, welches mit über 800 Quadratmeter dreimal größer ist als ihr bisheriges Büro. Streetwork samt PREJOB-Angebot befinden sich nun zusammen unter einem Dach.
Das diese Maßnahme nötig war, zeigt der steigende Bedarf an derartigen Hilfsmöglichkeiten. Denn der Zulauf zu den Angeboten der Stiftung steigt rasant an. Nachdem im Vorjahr schon 3.029 Hilferufe eingingen, konnten die Helfer bereits im September dieses Jahres mit 3.500 verzweifelten jungen Menschen, die Unterstützung benötigen, einen starken Anstieg verzeichnen. Das größte Problem ist derzeit dabei der knappe Wohnraum für diese Personen. Die langwierige Wohnungssuche verbraucht dementsprechend einen Großteil der Beratungszeit.
Neben traditioneller Straßensozialarbeit auch digitale Anlaufstellen
Der Zugang zu den Menschen läuft heute nicht mehr nur über die “analoge” Straßensozialarbeit. Mittlerweile finden ca. 90 Prozent der Betroffenen über den digitalen Weg zur Off Road Kids. Und das meist, bevor der Absturz in die Obdachlosigkeit droht. Social Media und Google leiten direkt weiter zur bundesweiten Online-Hilfe der Institution, sofahopper.de. In Köln beispielsweise wird damit oft verhindert, dass die Jugendlichen aus dem Umland der Domstadt zu Obdachlosen in der Kölner City werden.
Aber die unsichere Wohnsituation ist meist nicht das einzige Problem der Hilfesuchenden. Auch bei weiteren Schwierigkeiten, wenn beispielsweise eine Berufsausbildung wegen eines nicht vorhandenen Schulabschlusses nicht möglich ist, leistet die Institution Unterstützung. Hier kann das neue PREJOB-Programm der Stiftung tragfähige Perspektiven für junge Menschen bis 25 Jahre schaffen. Dies erfolgt in enger Kooperation mit dem Jobcenter Köln. und ist telefonisch unter 0221 – 99 37 74 60 erreichbar.
Beratung bei der Suche nach langfristig tragfähigen Lebensperspektiven
Wer nun glaubt, die neue Streetwork-Station würde den Jugendlichen nur die Möglichkeiten bieten irgendwo abzuhängen und sich mit Essen und Kleidung zu versorgen, der täuscht sich. “Wenn ein junger Mensch wirklich etwas an seiner Situation ändern will, dann bieten wir ihm unsere Hilfe an und begleiten ihn auf diesem Weg. Unsere Hilfe besteht allerdings nicht aus Kleidung und Essen. Stattdessen suchen wir gemeinsam mit den Jugendlichen nach einer langfristig tragfähigen Lebensperspektive. Dafür brauchen wir Telefon, Schreibtisch, Internet und vor allem viel Zeit für die Beratung”, erläutert Sven Aulmann, der Leiter der Kölner Streetwork-Station.
Deshalb gibt es eine Menge Beratungsräume. In diesen wird nach Lösungen für einen nachzuholenden Schulabschluss bzw. eine Berufsausbildung oder auch eine dauerhafte Unterkunft gesucht. Zu Beginn stehen allerdings meistens komplexe Behördengänge und diverse Anträge.
Absturz in die Obdachlosigkeit frühzeitig vermeiden
Für Rüdiger Grube, Schirmherr und Kuratoriumsvorsitzender der Institution, ist die Unterstützung für Menschen, die nicht so viel Glück hatten wie er, eine Lebensaufgabe geworden: “Da kann ich etwas von dem zurückgeben, was ich von der Gesellschaft bekommen habe”, erklärt er. Begeistert berichtet er von den bisherigen erzielten Erfolgen: “Unsere Streetworker haben inzwischen mehr als 8.900 junge Menschen in die Gesellschaft zurückgeholt.”
“Hinter diesen Zahlen verbergen sich schwere Schicksalsschläge”, erläutert Markus Seidel, Vorstandsprecher der Off Road Kids Stiftung. “Besonders schwierig ist es, wenn Betroffene aus ländlichen Gebieten kommen und in der Anonymität von Großstädten untertauchen. Der tägliche Überlebenskampf beherrscht den Alltag auf der Straße. Deswegen ist es enorm wichtig, möglichst frühzeitig zu handeln und die Jugendlichen vor dem endgültigen Absturz zu erreichen”, ergänzt er.
Bundesweit Unterstützung für junge Menschen durch die Off Road Kids Stiftung
Seit 1993 hat die Off Road Kids Stiftung geholfen, knapp 9.000 Menschen neue, dauerhafte Zukunftsperspektiven zu vermitteln. Dies trug dazu bei, dass sich in Köln viele Szenetreffpunkte aufgelöst haben. Allein nur in Köln konnten die Streetworker seit 2005 rund 1.500 junge Leute vor der Obdachlosigkeit bewahren. Eine Besonderheit dabei ist die Tatsache, dass die Streetworker überregional arbeiten und die Jugendlichen bundesweit zu Behörden, Einrichtungen und Familien begleiten. Zudem klären sie die Betroffenen über milieuspezifische Gesundheitsrisiken auf.
Das sozialpädagogisch betreute Beschulungsprogramm PREJOB (Tel.: 0221 – 99 37 74 60) ergänzt das Angebot. Durch das Jobcenter Köln gefördert, bietet das Programm 30 Plätzen für Betroffene. Neben der bundesweiten Online-Hilfe “sofahopper.de” betreibt die Institution Streetwork-Stationen in Berlin, Dortmund, Frankfurt, Hamburg und Köln.