Magersucht: Neue Erkenntnisse zu Krankheitsursachen und Therapie

Magersucht: Neue Erkenntnisse zu Krankheitsursachen und Therapie copyright: RainerSturm / pixelio.de
Magersucht: Neue Erkenntnisse zu Krankheitsursachen und Therapie
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Formen von Essstörungen, ob Anorexie, Appetitlosigkeit oder gar Bulimie, sind in den vergangenen Jahren immer häufiger diagnostizierte Krankheiten. Die Ursache ist häufig eine sogenannte Körperschemastörung – Betroffene nehmen ihren eigenen Körper stets – und meist bereits trotz Untergewichts – als defizitär und “zu dick” wahr. Die Anzahl der in deutschen Krankenhäusern diagnostizierten Fälle ist in den Jahren nach der Jahrtausendwende rapide gestiegen – oft sind gesellschaftlicher oder familiärer Druck, extrem schlanke Vorbilder aus der Promi-Welt oder generell psychische Probleme weitere Ursachen. Endgültig geklärt sind die komplexen Ursachen damit aber noch nicht: Wissenschaftler halten jetzt auch genetische Gründe für wahrscheinlich. Auch ein gestörtes Endocannabinoid-System wäre eine mögliche Ursache: Ein Überblick zu neuen Forschungs- und Therapieansätzen.

Anorexie genetisch veranlagt?

Neben den gesellschaftlichen und psychischen Ursachen könnte auch eine genetische Veranlagung für die Essstörungen ausschlaggebend sein. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, haben Zwillings- und Familienstudien bereits ergeben, dass “erbliche Faktoren auch an der Entstehung einer Magersucht beteiligt sein müssen”. Ein Phänomen, das von Forschern aus Essen, Jena und Regensburg anhand von großangelegten internationalen Untersuchungen näher beleuchtet wurde. Sie konnten laut Anke Hinney von der Universitätsklinik Duisburg-Essen “genau die Gene identifizieren, die sowohl für die Körpergewichtsregulation als auch für die Anorexia nervosa relevant sind”. Demnach ist nicht nur das Körpergewicht entscheidend von der genetischen Veranlagung abhängig, sondern auch das Auftreten einer Anorexie.

Auch ein gestörtes Endocannabinoid-System könnte Ursache sein

Im Zusammenhang mit Anorexie steht auch die fortlaufende Untersuchung eines Teils des Nervensystems: dem sogenannten Endocannabinoid-System (EC-System), das nach den Wirkstoffen der Cannabispflanze benannt wurde. Wie dieser Artikel ausführlich erklärt, wird heute angenommen, dass dieser Teil des Nervensystems für die Regulierung des Appetits, aber auch für Krankheiten wie Anorexie von Bedeutung ist. Aus diesem Grund wird auch der Konsum von Cannabis als Behandlungsmethode erforscht.

THC eine sinnvolle Ergänzung der Therapie?

Möglicherweise lässt sich diese Störung des EC-Systems durch eine Verabreichung des psychoaktiven Cannabinoids “THC” behandeln. Vereinzelte Studien dazu gibt es seit den 1980er Jahren: Während im Rahmen einer Untersuchung von 1983 keine vermehrte Kalorienaufnahme und Gewichtszunahme nach der Verabreichung von THC festgestellt werden konnten, zeigen sich bei Forschungen zu ähnlichen Verhaltensmustern in der Tierwelt durchaus “eine Zunahme des Gewichts und des Appetits bei den Versuchstieren” nach Verabreichung von THC – freilich, ohne dass die Nahrungsaufnahme der Tiere ausreichte, um letztlich den Gewichtsverlust rückgängig zu machen.

Auf diesem Gebiet gibt es also, sofern denn ein gestörtes EC-System als Ursache für Anorexie endgültig belegt wird, noch einigen Forschungsbedarf. Ob sich die Verabreichung von THC als Behandlungsmethode etablieren wird, bleibt ebenso noch abzuwarten. Bisher besteht die komplexe Therapie von Magersucht aus einem Zusammenspiel “verschiedener Therapie-Elemente” : Zum einen muss das Gewicht auf gesundem Wege angehoben und zum anderen müssen die Mangelerscheinungen ausgeglichen werden. Meist sind auch eine begleitende oder anschließende Psychotherapie, Ernährungsberatung und Rückfallprophylaxe notwendig.