Im Sport würde man von einem Hattrick sprechen. In der Musik gibt es dafür noch keinen Begriff, deshalb musste für Wolfgang Niedecken erst noch einer erfunden werden. Der BAP Sänger setzt in diesem Herbst zu einem außergewöhnlichen “Dreisprung” an. Erfahren Sie hier im exklusiven Interview mit CityNEWS mehr … Erst erscheint sein neues Buch “Zugabe”, dann das neue Solo-Album “Zosamme alt” und im Frühjahr 2014 startet er zusammen mit seiner Band die lang ersehnte “BAP zieht den Stecker”-Tour durch 25 deutsche Städte. Ein straffes Programm für jemanden, der erst vor knapp zwei Jahren einen Schlaganfall erlitten hat. Beim Interview mit CityNEWS gibt sich der Ausnahmemusiker zuversichtlich, locker und angenehm plauderfreudig.
CityNEWS: Sie strahlen so, hatten Sie einen schönen Sommer?
Wolfgang Niedecken: Es geht mir fantastisch, auch wenn der Urlaub schon wieder einige Wochen her ist.
CityNEWS: Wo haben Sie sich erholt?
Wolfgang Niedecken: Ich war drei Wochen in der Türkei bei Freunden. Es war schön, mal nicht in einem Hotel zu sein. In Hotels habe ich immer das Gefühl, auf Tour zu sein, und komme nicht richtig zur Ruhe.
CityNEWS: Mit der Ruhe ist es jetzt wohl vorbei, oder?
Wolfgang Niedecken: Das kann man wohl sagen. Buch, Platte, Tour, mein Terminkalender ist voll.
CityNEWS: Die Resonanz spricht für Sie. Der Kartenverkauf für die Tour läuft bombastisch?
Wolfgang Niedecken: Das stimmt, einige Konzerte sind schon ausverkauft, es gibt allein in Köln zwei Zusatzkonzerte.
CityNEWS: Haben Sie mit so einem Ansturm gerechnet?
Wolfgang Niedecken: Vorher weiß man das nie so richtig, ob eine dermaßen spezielle Tour funktioniert. Es war schon ein Risiko. Wir spielen schließlich nicht in irgendwelchen Turnhallen, sondern in großen Konzerthäusern wie der Alten Oper in Frankfurt, der Laeiszhalle in Hamburg oder der Kölner Philharmonie. Da hängt ein ziemlicher Kostenapparat dran. Schon allein deshalb brauchen wir die Zusatzkonzerte, um am Ende nicht draufzahlen zu müssen.
CityNEWS: Das leidige Thema Finanzen: Das Musikbizz ist in Zeiten der Internet-Downloads härter geworden. Vom CD-Verkauf kann schon lange keiner mehr leben. Wie erleben Sie das?
Wolfgang Niedecken: Da haben Sie aber in eine Wunde gestochen. Da lege ich direkt mal los. Ich finde es schon ein bisschen ungerecht, dass sich keiner um unsere Rechte kümmert. Das ist doch so, als wenn es im Supermarkt eine Kasse geben würde, wo jeder, ohne zu zahlen, durchgehen kann.
CityNEWS: Im Klartext?
Wolfgang Niedecken: Wenn sich des Problems nicht langsam mal jemand annimmt, dann geht die nicht subventionierte Kultur an den Arsch. Themenwechsel bitte, sonst rede ich über nichts anderes mehr.
Wolfgang Niedecken setzt zum künstlerischen Dreisprung an
CityNEWS: Buch, Platte, Tour – ein künstlerischer Dreisprung. Ist das nicht etwas viel nach einem Schlaganfall?
Wolfgang Niedecken: Dazu muss ich erklären, dass es bei mir kein regulärer Schlaganfall war. Der kam nicht von Alkoholmissbrauch, Kettenrauchen oder Stress, sondern von einem starken Husten, der eine Woche lang anhielt. Durch das Gehuste habe ich einen kleinen Riss an der Halsschlagader erlitten und so hat sich das Blutgerinnsel gebildet.
CityNEWS: Stellen Sie das auch in Ihrer Biografie klar?
Wolfgang Niedecken: Genau. Darin steht geschrieben, was eigentlich passiert ist vor zwei Jahren. Ich wollte nach dem ersten Buch “Für ʼne Moment” eigentlich nicht so schnell eine Fortsetzung schreiben, aber nach dem Schlaganfall ging das nicht anders.
CityNEWS: Warum?
Wolfgang Niedecken: Weil ich die Deutungshoheit über mein Leben zurückgewinnen wollte nach den vielen falschen Berichten in der Boulevardpresse.
CityNEWS: Hatten Sie kein Problem damit, über den Schlaganfall öffentlich zu reden?
Wolfgang Niedecken: Nein, gar nicht. Ich freue mich einfach, dass alles wiedergekommen ist, was ich durch den Schlaganfall verlernt hatte. Es war eine unglaubliche Zuversicht in mir, als ich aus der Narkose aufwachte. Obwohl die rechte Seite noch gelähmt war, wusste ich, dass alles wieder gut wird. Dafür gibt es keinen rationalen Grund.
CityNEWS: Vielleicht aber einen spirituellen?
Wolfgang Niedecken: Nein, nein. Esoterisch werde ich jetzt nicht. Schlaganfall hin oder her.
Wolfgang Niedecken: “Wenn es da oben einen gibt, dann ist es ein Guter”
CityNEWS: Wie steht es denn mit Ihrem Glauben?
Wolfgang Niedecken: Ich bin kein Atheist. (Kurze Besinnungspause) Also wenn es da oben einen gibt, dann ist es ein Guter, der auch Humor hat und es gut mit mir meint. Und den würde ich ungern enttäuschen.
CityNEWS: Wie lässt sich dieses Vorhaben in Ihr Leben integrieren?
Wolfgang Niedecken: Ich ernähre mich gesund, rauche und trinke nicht. Und ich mache nur noch Sachen, die ich wirklich machen will.
CityNEWS: So wie die Unplugged-Tour zum Beispiel?
Wolfgang Niedecken: Genau.
CityNEWS: Was erwartet die Fans?
Wolfgang Niedecken: Unsere Devise bei BAP hat sich nicht geändert. Wir flechten einen Zopf aus drei Strängen: Wir spielen Songs, die jeder kennt, Songs, die vielleicht jeder kennt, und drittens neue und entlegenere Stücke, die man nicht unbedingt erwartet. Wir könnten auch ein Programm aus lauter Hits spielen, aber dann würden wir uns als Band nicht weiterentwickeln.
CityNEWS: Noch ein Statement zum neuen Solo-Album bitte?
Wolfgang Niedecken: Es ist wohl das persönlichste von mir, was es gibt. Kurz zusammengefasst: Es ist eine Hommage an meinen Schutzengel – meine Frau Tina. Wäre sie nicht gewesen, dann säße ich jetzt nicht hier. In 14 Songs lasse ich die 25 Jahre unserer Beziehung Revue passieren. Und es sind nicht nur Lobpreisungen. Hören Sie einfach rein!