Was die Kasse nicht zahlt: Patienten sollten sich gut informieren und beraten lassen

Man sollte seinen Arzt deshalb zunächst immer fragen, weshalb eine Leistung keine Kassenleistung ist und warum er sie für nötig hält. / copyright: Falko Matte - Fotolia.com
Man sollte seinen Arzt deshalb zunächst immer fragen, weshalb eine Leistung keine Kassenleistung ist und warum er sie für nötig hält.
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Mediziner bieten immer häufiger in ihren Praxen zusätzliche Diagnose- und Behandlungsmethoden an, die nicht zum allgemeinen Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen gehören. Auf was sollten Sie achten und wann sollte man sich für eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) entscheiden?

Die Kasse zahlt zum Beispiel nicht, wenn Ärzte den Innendruck der Augen messen, Extra-Unterschalluntersuchungen während der Schwangerschaft durchführen, die Knochendichte feststellen oder einen PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs anwenden.

“Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten nur dann, wenn die Maßnahmen laut Sozialgesetzbuch V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten”, erläutert Anna Mareike Lüttge, Referentin der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Für die Patientinnen und Patienten bedeutet dies, dass sie sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen – kurz IGeL – aus eigener Tasche bezahlen.

Allerdings lassen sich die ärztlichen Extras für Laien oft nur schwer beurteilen, weiß Kai Helge Vogel, Referent für Gesundheit der Verbraucherzentrale NRW. “Patienten und Patientinnen stehen diesem scheinbar nützlichen Service deshalb oft ziemlich hilflos gegenüber.” Ärzte vermittelten darüber hinaus oftmals den Eindruck, dass die Kassen immer weniger bezahlten. Ein falscher Eindruck, meint Barbara Tödte, Ärztin bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland UPD: “Die meisten IGeL haben noch nie zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Nur sehr wenige sind aus der Leistungspflicht der Kassen herausgenommen worden, weil das Nutzen-Risiko-Verhältnis als ungünstig bewertet wurde.”

Vier Arten von IGe-Leistungen

Zur besseren Orientierung im Leistungsdschungel unterscheiden Fachleute vier Arten von IGe-Leistungen:

  1. Zum Ersten medizinische Untersuchungen und Beratungen, die weder zur Krankenbehandlung noch zur Früherkennung von Krankheiten zählen, jedoch im Einzelfall medizinisch sinnvoll und empfehlenswert sein können. Dazu zählen zum Beispiel sportmedizinische- oder Eignungsuntersuchungen (etwa auf Flugtauglichkeit) oder die Impfung vor Fernreisen.
  2. Zum Zweiten geht es um medizinisch-kosmetische Leistungen wie Schönheitsoperationen oder Tätowierungen entfernen. Sie erfolgen allein auf Wunsch des Patienten, ohne dass eine medizinische Notwendigkeit besteht.
  3. Die dritte IGe-Leistungsart sind spezielle Vorsorgeuntersuchungen wie die zur Brustkrebsfrüherkennung bei Frauen. Diese übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen nur in bestimmten Risikofällen oder bei begründetem Krankheitsverdacht.
  4. Zum Vierten müssen Patienten auch Methoden ohne eindeutigen wissenschaftlichen Nachweis wie die Ozon-Therapie oder Ultraviolettbestrahlung des Blutes (UVB) selbst bezahlen. Sie sollen die Immunabwehr stärken oder bei Durchblutungsstörungen helfen. Auch die Kosten für Diagnosetests, deren Trefferquote nicht hoch genug oder deren Nutzen nicht bewiesen ist, übernehmen Krankenkassen nicht.

Ziel ist die informierte Entscheidung

“Insgesamt können Patienten eigentlich davon ausgehen, dass das, was tatsächlich nötig ist, nach wie vor von der Krankenkasse bezahlt wird”, meint Patientenberaterin Tödte. Die eine oder eine andere Zusatzleistung können dennoch sinnvoll sein. “In der Patientenberatung geht es uns keineswegs um Ja oder Nein zu IGe-Leistungen sondern darum, dass die Betroffenen für ihre persönliche Situation eine informierte Entscheidung treffen können.” Man sollte seinen Arzt deshalb zunächst immer fragen, weshalb eine Leistung keine Kassenleistung ist und warum er sie für nötig hält.

Neun Fragen für eine gute Beratung

“Die Entscheidung für oder gegen eine individuelle Gesundheitsleistung treffen allein Sie”, rät Anna Mareike Lüttge, Referentin der Kassenärztlichen Bundesvereinigung den Patienten. Wer die folgenden von der Bundesärztekammer zusammengestellten Fragen mit Ja beantworten kann, darf sich gut informiert fühlen, meint Lüttge.

  • 1. Hat mir mein Arzt erklärt, warum die IGeL für mein spezielles gesundheitliches Problem wichtig ist?
  • 2. Hat mich mein Arzt darüber informiert, wie gut die wissenschaftlichen Belege für den Nutzen der IGeL sind?
  • 3. Fühle ich mich von meinem Arzt umfassend und verständlich über den Nutzen und mögliche Risiken und Nebenwirkungen der IGeL beraten?
  • 4. Bin ich von meinem Arzt sachlich, ohne Drängen und ohne Werbung, informiert worden?
  • 5. Bin ich von meinem Arzt über die Kosten informiert worden?
  • 6. Gibt es eine schriftliche Vereinbarung zwischen meinem Arzt und mir zur geplanten IGeL?
  • 7. Habe ich in meiner Arztpraxis eine Entscheidungshilfe zu der IGeL bekommen?
  • 8. Habe ich das Gefühl, dass ich mich für oder gegen eine IGeL bei meinem Arzt frei entscheiden kann?
  • 9. Nach der Behandlung: Habe ich eine nachvollziehbare Rechnung erhalten?

Autor: dapd-nrw/ Redaktion