Man muss nicht bis zur Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg fahren, um diesen Fortschritt sportmedizinischer Technik zu erreichen, auch nicht 2x pro Tag die Domspitze erklettern. Es geht auch anders!
Bei Profis schon länger eine anerkannte Methode, um besondere Höchstleistungen unter kontrollierten Bedingungen zu erreichen, und jetzt für jedermann zugänglich: das Höhentraining, Training in sauerstoffreduzierter Luft. Ein Selbstversuch – lesen Sie selbst.
„Erst einmal brauchen wir die Werte zu Ihrem Grundumsatz und Fettstoffwechsel. Nur so können wir einen fundierten Trainingsplan mit hohen Erfolgschancen erstellen“ bremst mich Frau Pfau, die Leiterin des Höhenbalance Instituts, als ich meinen Motivationsschub, endlich etwas gegen meine überflüssigen Pfunde und den lästigen Bluthochdruck zu tun, direkt in die Tat umsetzen will und mit Sportschuhen ausgerüstet Richtung Höhenkammer schiele. Ob die dünne Luft in diesem Raum wirklich ihr Versprechen hält und so effektiv den Fettstoffwechsel ankurbelt und den Energieverbrauch in die Höhe schnellen lässt? Ich bin skeptisch, aber nach 25 Diät- und Jojo-Effekt-Jahren bereit für neues! Sport war noch nie mein Fall, wenn ich ehrlich bin. Der innere Schweinehund einfach zu groß. Immer eine andere Ausrede parat. Doch jetzt soll alles anders werden. Schon der 1. Eindruck ist ein positiver, muss ich gestehen. Das Trainingsinstitut wirkt auf mich freundlich, hell, nett eingerichtet. Nicht zu vergleichen mit den herkömmlichen Fitness-Studios, in denen man sich kaum einem heftigen Geräuschpegel entziehen kann und sich ein Laufband an das andere reiht. Hier ist es fast schon familiär, im Hintergrund leise Radiomusik, ein Rauschen kommt irgendwoher. Ob das von den Höhengeneratoren kommt? Eine angenehme Atmosphäre. So weit so gut, als erstes muss ich mich also der zielorientierten Diagnostik unterziehen, in meinem Fall die Stoffwechselmessung in Ruhe und der Fettstoffwechseltest auf dem Laufband. Beides sind spirometrische Messungen, d.h. ich muss in eine Atemmaske atmen und die Kohlendioxidabgabe und die Sauerstoffaufnahme werden gemessen und ausgewertet. Bei der Stoffwechsel- oder Grundumsatzmessung ist absolute Ruhe angesagt. So soll ermittelt werden, wie viel Energie der Körper in Ruhe, würde ich 24 Stunden nur liegen und mich nicht bewegen, braucht. Also das, was zur Wärmeentwicklung und zur Aufrechterhaltung der Organfunktionen nötig ist. Daher kommt also der Jojo-Effekt, wird mir jetzt klar. Wenn ich in Diäten, in denen es mir nicht schnell genug ging, zu wenig gegessen habe, also diesen Messwert per Nahrungsaufnahme unterschritten habe, hat der Körper direkt auf Sparflamme umgeschaltet, um den körperlichen Zerfall zu vermeiden und hat alles, was danach wieder mehr „reinkam“, vorsichtshalber in den Fettdepots angelagert. Das klingt plausibel. Direkt danach geht es zum Fettstoffwechseltest auf dem Laufband. Mein Magen fängt an zu knurren, diese Tests funktionieren nur nüchtern und es ist bereits kurz vor zehn. „Der Fettstoffwechseltest läuft absolut im extensiven Bereich ab, Sie werden nur gehen müssen“ beruhigt mich Frau Pfau. Mit der Maske auf Mund und Nase gehe ich nun ca. zwölf Minuten bei langsam steigender Geschwindigkeit auf dem Laufband. In einem Schaubild zeichnet eine lila Linie die Kurve meiner Herzfrequenz auf. Dann bricht der Test von alleine ab. „Jetzt haben wir den Belastungsbereich für Ihre maximale Fettverbrennung ermittelt.“ Ich bin erst einmal nur froh, die Maske loszuwerden. Bei einem Schluck Wasser erklärt mir Frau Pfau, dass mein gemessener Grundumsatz mit 1865 kcal pro Tag für meine Konstitution ein im unteren Normbereich liegender Wert ist, die Fettverbrennung in Ruhe mit 35 % im Vergleich zu 50 % Kohlenhydrate anteilsmäßig jedoch eindeutig zu gering. „Doch das lässt sich ja trainieren, deswegen sind Sie ja da“ gibt mir Frau Pfau zu verstehen. Und in welchem Pulsbereich das am besten gelingt, das haben wir bei der Fettstoffwechselmessung herausgefunden. In meinem Fall spuckt der Drucker eine Grafik aus, in der der höchste Teil der Fettverbrennungskurve bei einem Puls von 118-126 /min liegt. „Von mir aus können wir noch heute mit dem Training beginnen!“ „Von mir aus auch….“.
„Wir holen Sie da ab, wo Sie herkommen“, schmunzelt Frau Pfau, „vom Sessel“. Sie dürfen es sich erst einmal eine halbe Stunde gemütlich machen. Nur die Atemmaske müssen Sie halten. Wieder eine Maske. Aber diesmal wird nichts gemessen, diesmal versorgt sie mich mit Luft, und zwar mit sauerstoffreduzierter. Das regt den Stoffwechsel an und macht das folgende Training effektiver. Jetzt sehe ich auch den Generator, von dem das Rauschen kommt. Per Knopfdruck kann man hier Höhen von bis zu 6400 m einstellen und, was den Sauerstoffgehalt der Luft, die herauskommt, betrifft, simulieren. Wir beginnen mit 3700 Höhenmetern. Ich halte mir die Maske vor Mund und Nase und kann sie jederzeit wegtun, sollte etwas unangenehm werden. Wird es aber nicht. Eigentlich merke ich gar nichts. Lediglich das Pulsoximeter, mit dem Frau Pfau in regelmäßigen Abständen am Zeigefinger meine Sauerstoffsättigung im Blut misst, zeigt die Wirkung: im Gegensatz zu 98 % der roten Blutkörperchen, die am Anfang mit Sauerstoff beladen waren, sind es jetzt nur noch 81 %. „Ein effektiver, aber adäquater Wert für den Anfang“ ist Frau Pfau zufrieden. Gerade werde ich müde und verspüre die Lust auf ein Nickerchen, da verstummt plötzlich das beruhigende Rauschen des Generators und Frau Pfau steht neben mir. Die Höhenkammer wartet. Ich bleibe also nicht verschont. Aber ich darf mir ein Gerät aussuchen! Das Rad ist mir für’s erste am sympathischsten. 30 Minuten darf ich jetzt in meiner ermittelten Herzfrequenz strampeln. Das Rad zeigt den Puls an und der Widerstand, mit dem ich trete, passt sich automatisch so an, dass ich mit der Herzfrequenz nicht über 126 und nicht unter 118 Schläge pro Minute komme. Das Radio gibt mir Unterhaltung. Und Frau Pfau, die immer mal wieder zum Messen der Sauerstoffsättigung kommt. „Wir sind auf 3100 m. Das ist kein Pappenstiel für jemanden, der hier zum 1. Mal trainiert.“ Eine Maske braucht man hier nicht mehr. Der ca. 30 qm große Raum steht komplett unter Höhenluft. Ein graues Rohr, das aus der Wand herauskommt, lässt vermuten, woher diese kommt. Und nicht umsonst die Schleuse mit Schiebetür am Eingang. Nach 30 Minuten habe ich es für’s erste geschafft. Und es war absolut machbar! „Für heute soll das mal genügen“ meint Frau Pfau. „Mit den Tests im Vorfeld reicht das. Wir werden sehen, wie Sie alles vertragen haben, dann kommt ein gezieltes Muskelaufbautraining hinzu und die Höhe beim passiven Atmen und die Belastungsdauer beim aktiven Training in der Kammer werden kontrolliert gesteigert.“ Ich bin froh, dass für heute nur noch die Terminabsprache und eine Dusche auf dem Programm stehen. Die nächsten 8 Wochen muss ich 3 x pro Woche auf der Matte stehen. Das kriege ich hin. Es hat mir richtig Spaß gemacht und bei festen Terminen bleibt mir nichts anders übrig, als meinen Schweinehund zu überwinden. Ich kann Frau Pfau ja nicht versetzen!