Neue Anforderungen an Jobsuchende

Wieso ist Teamfähigkeit so wichtig? / copyright: S. Hofschlaeger / pixelio.de
Wieso ist Teamfähigkeit so wichtig?
copyright: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Ob Jobanzeige oder Bewerbungsgespräch. An den Suchenden von heute werden gewisse Anforderungen gestellt: Soziale Kompetenz, Flexibilität und Belastbarkeit sowie Eigenverantwortung und allen voran die Teamfähigkeit.

Auffällig ist, dass keine der Anforderungen Teil einer bestimmten Ausbildung und damit nicht bewertbar ist. Insbesondere die Teamfähigkeit wird immer wieder gerne erwähnt. Dabei ist diese die größte Herausforderung der neuen Job-Anforderungen.

Wer heute einen neuen Job sucht und überhaupt in die engere Wahl der Bewerber fallen will, darf das Schlüsselwort “Teamfähigkeit” in seiner Bewerbung nicht vernachlässigen. Denn die Eigenschaft scheint seit einiger Zeit enorm wichtig, um in der Berufswelt voran zu kommen. Keine Stellenausschreibung, keine Jobanzeige die nicht auf diese Anforderung hinweist.

Doch was ist damit eigentlich gemeint und wieso ist Teamfähigkeit urplötzlich so wichtig – zumal sie als Ausbildungsfach in keinem Berufsbild vorhanden ist? Auch in der Schule wurde noch nie ein Schüler vom Lehrer zur Seite genommen und in die Geheimnisse der Teamfähigkeit eingewiesen. Und bewertet wird die Fähigkeit schon mal gar nicht, zumindest nicht offiziell als Bestandteil eines Zeugnisses.

Teamfähigkeit: ein Teil eines Ganzen oder eine ersetzbare Nummer?

Das liegt zum einen daran, dass es prinzipiell bedeutungslos ist, welche Rolle man innerhalb einer Gruppe einnimmt. Ob Führungsperson oder Zuarbeiter, Hauptsache man ist in der Lage, sich in ein Team einzufügen. Somit sind die verschiedenen Charaktere eines Teams, obwohl ein gut funktionierendes laut Definition immer aus den gleichen Typen besteht, nicht klar definiert. Und da es die Teamfähigkeit ausmacht, sich als Einzelner komplett zu integrieren, ist die individuelle Leistung, da sie nicht mehr Wert hat als die der anderen Mitwirkenden, nicht zu benoten.

Zum anderen vereint die Teamfähigkeit verschiedene Charaktereigenschaften. Dazu gehören unter anderem Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft, Empathie, Rücksichtnahme, Sensibilität, Konfliktfähigkeit und Intuition. Alles Eigenschaften, die unter dem Begriff “Emotionale Intelligenz“, kurz “EQ”, oder auch “soziale Intelligenz” immer mehr Beachtung in der Berufswelt finden. In vielen Bewerbungsgesprächen wird explizit auf solche Eigenschaften geachtet; nicht selten helfen psychologische Tests Arbeitnehmern die heuchelnde Spreu vom sozialen Weizen zu trennen.

Auf die Frage nach den Erfolgsfaktoren im Leben und im Beruf, sind sich immer mehr Wissenschaftler einig, dass es die emotionale Intelligenz ist, die den Menschen fähig macht, mit anderen erfolgreich zu agieren. Als Gegensatz zum klassischen Intelligenzbegriff, der sich lediglich auf rein akademische Fähigkeiten stützt, sind die Faktoren des EQ nur sehr schwierig trainier- beziehungsweise erlernbar.

Die sozialen Komponenten sind nicht messbar, da sie als individuelle Fähigkeiten erst dann von Erfolg gekrönt sind, wenn die Fähigkeiten des Gegenübers mit den eigenen harmonieren. Somit müssen also die verschiedenen Teammitglieder und ihre facettenreichen Charaktereigenschaften gut zueinander passen. Nur so wird das Team erfolgreich agieren können.0

Demnach ist die persönliche Einschätzung zur Teamfähigkeit im Prinzip zweitrangig, wenn nicht sogar hinfällig. Denn ob ich teamfähig bin, entscheidet weder der Boss noch ich selbst, sondern die zukünftigen Mitarbeiter.

Wenn nur das Kollektiv zählt, was bringen dann noch persönliche Qualifikationen?

Die Devise der Teamfähigkeit lautet “jeder leistet im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Nutzen für die Gruppe”. Hinter der eigentlich schwammigen Aussage stecken moderne Umstrukturierungen innerhalb des Unternehmensaufbaus. Sowohl Kommunikationswege als auch Hierarchien werden tendenziell flacher, beziehungsweise kürzer. Zudem ist eine arbeitsübergreifende Ausführung von Aufträgen oder Aufgaben mittlerweile in Betrieben Usus. Jeder muss alles können; damit ist nicht nur die gegenseitige Vertretung im Urlaubs- oder Krankheitsfall gewährleistet, sondern auch garantiert, dass tatsächlich jeder ersetzbar bleibt. Denn heutzutage macht sich ein Unternehmer nur noch ungern abhängig von einzelnen Mitarbeitern.

Hinzu kommt, dass gemäß der so genannten “Schwarmintelligenz” ein Einzelkämpfer im Regelfall nicht so erfolgreich sein kann wie Teams, in denen jedes Mitglied seine spezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten einbringt. Durch das Zusammenwerfen dieser Fähigkeiten, lässt sich ein beinahe perfektes Gesamtergebnis erzielen. Soweit zumindest die Theorie, die praktisch meist Opfer der egoistischen Ambitionen des Einzelnen wird.

Denn wenn nur das Kollektiv zählt, was bringen dann noch persönliche Fähigkeiten? Welchen Wert haben Qualifikationen und Ziele? Was bringt ein kreativer Kopf, wenn es im Team an einem Strategen mangelt? Und inwieweit kann ein 1A Student mit erstklassigen Führungsqualifikationen dem Team von Nutzen sein, wenn die Führungspositionen schon besetzt sind? Bedeutet also Teamfähigkeit, bereit zu sein, sich unter Wert zu verkaufen?

“Teamfähigkeit” liest sich in Stellenanzeigen schön und gaukelt meist ein harmonisches Miteinander vor. Ein Team, in dem jeder gleich viel Wert hat, alle zusammen für das “große Ganze”, sprich das Unternehmen, arbeiten. Letztendlich jedoch funktioniert auch ein Team nicht ohne Hierarchie. Ohne Struktur, ohne Halt, wird jedes Teammitglied weiterhin seine eignes Süppchen kochen und die Summe dein einzelnen Teile wird niemals zum Ganzen zusammenwachsen.

Autor: Redaktion / Katharina Loof