Beim Kölner Stadtbahnbau gibt es Hinweise auf organisierten Betrug und gefälschte Protokolle

Ob sich die Bauherren sich mit der Aussage auf dem Transpartent mal nicht vertan haben. / copyright: ddp/ Volker Hartmann
Ob sich die Bauherren sich mit der Aussage auf dem Transpartent mal nicht vertan haben.
copyright: ddp/ Volker Hartmann

Die Geheimnisse rund um den Stadtbahnbau gehen immer weiter. Nun kommen Erkenntnisse zu Tage, dass es sich um organisierten Betrug handeln soll und zahlreiche Protokolle gefälscht seien. OB Roters rügte die Baufirmen und verlangt Aufklärung.

Wie der «Kölner Stadt-Anzeiger» (Montagausgabe) berichtet, sind mittlerweile falsche Vermessungsprotokolle für 28 Schlitzwand-Lamellen der Baugruben Waidmarkt, Heumarkt und Rathaus entdeckt worden. «Wir gehen davon aus, dass es noch deutlich mehr sein können. Für uns sieht das nach einer systematischen Fälschung aus», sagte ein an der Aufklärung des Falles beteiligter Insider der Zeitung. Bei den nun aufgetauchten zahlreichen weiteren verfälschten Vermessungsprotokollen anderer Lamellen sei mittlerweile nahezu auszuschließen, dass es sich dabei um ein bloßes Versehen handeln könne.

Die rechtlich vorgeschriebenen Werte, die die Beschaffenheit des jeweiligen Wandabschnitts wie ein Fingerabdruck dokumentieren müssen, seien nicht nur vertauscht, sondern offensichtlich gezielt manipuliert worden. «Die Werte von Lamellen, die lediglich 2,80 Meter breit sind, wurden auf 3,60 Meter breite Lamellen übertragen und zuvor rechnerisch angepasst», so der Insider. Ursprünglich war lediglich eine Schlitzwand-Lamelle der U-Bahn-Grube Waidmarkt ins Blickfeld der Ermittlungen geraten. Die Gutachter der Staatsanwaltschaft vermuten ein Loch in diesem 3,40 Meter breiten Abschnitt der Baustellen-Außenwand, durch das Grundwasser in die Grube strömte, was am 3. März 2009 zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs und zweier Nebengebäude geführt haben könnte. Dabei waren zwei junge Männer getötet und Kulturgüter von unschätzbarem Wert verschüttet worden.

Sowohl die Werte im Vermessungsprotokoll als auch im Betonierungsprotokoll dieser Lamelle 11 wurden offenbar verfälscht. Das vermutete Loch könnte den Recherchen zufolge im Jahr 2005 beim Bau der Schlitzwand verursacht worden sein, als der für den Aushub eingesetzte 3,40 Meter breite Greifer abgebrochen und durch ein lediglich 2,80 Meter breites Gerät ersetzt wurde. Angesichts der neuen Enthüllungen nimmt Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) das beim Stadtbahnbau federführende Unternehmen Bilfinger Berger in die Pflicht «Täglich wächst die Angst, weil immer neue Mängel bei der Bauausführung bekanntwerden», schrieb Roters in einem am Montag veröffentlichten Brief an Bilfinger Berger-Vorstandschef Herbert Bodner. Bodner hatte gegenüber Medienvertretern erklärt, dass bei der Erstellung der dubiosen Computerprotokolle «vielleicht aus Software-Unverständnis« Fehler gemacht worden seien. Möglicherweise habe das relativ komplizierte Verfahren den einen oder anderen überfordert.

»Bei einem sicherheitsrelevanten Bauvorhaben wie der Nord-Süd Stadtbahn Köln erwarte ich einen anderen Umgang mit Messergebnissen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die zur Anwendung kommenden Techniken auch bedienen können«, betonte Roters in seinem Brief. Die Verunsicherung der Kölner Bevölkerung über die Sicherheitssituation an den Haltestellenbauwerken nehme angesichts der Meldungen über Unregelmäßigkeiten laufend weiter zu. Die örtliche Bauleitung hatte am Freitag Mängel bei der Qualitätskontrolle eingeräumt. »In dieser Situation hätte ich es als selbstverständlich erachtet, direkt und persönlich von der Unternehmensführung unterrichtet zu werden», erklärte Roters weiter.