In Köln hatte sich der Rosenmontagszug mit 12 000 Teilnehmern pünktlich um 10.30 Uhr durch die verschneite, mit vielen Zuschauern gefüllte Innenstadt in Bewegung gesetzt, verscheuchte die Wolken und ließ ab und an auch den ein oder anderen Sonnenschein durchblitzen. Die Polizei meldete bisher keine großen Vorkommnisse.
Am Wegesrand standen bis zu einer Million
Schaulustige und bewunderten die Wagen, die vor allem die internationale
Politik aufs Korn nahmen. Von eisigen Temperaturen ließen sich die Jecken nicht die Laune verderben und feierten ausgelassen auf den Straßen. Unter «Alaaf»-Rufen säumten in Köln Hunderttausende Kostümierte die Strecke des Rosenmontagszugs, der in diesem Jahr wegen des Einsturzes des Stadtarchivs eine etwas geänderte Route nehmen musste. Das Unglück und der möglicherweise damit zusammenhängende Pfusch beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn war eines der Themen des Umzugs, der politischer und pointierter als in den Vorjahren war. Nachdem bekanntgeworden war, dass an der U-Bahn-Baustelle Heumarkt über 80 Prozent der vorgesehenen Sicherungseisen nicht eingebaut worden waren, wurde dieses Thema gleich noch auf einem der Mottowagen aufgegriffen.
Auf dem über 6,5 Kilometer langen Zugweg konnten bunt geschmückte Motto-
und Prunkwagen erlebet werden, die in diesem Jahr laut Zugleiter Christoph
Kuckelkorn «so frech sind, wie selten zuvor». Die Jecken an der
Wegstrecke konnten sich über 300 Tonnen Süßigkeiten freuen, darunter über
700 000 Schokoladentafeln, über 220 000 Pralinenschachteln, über 300
000 «Strüssjer» (Sträußchen) und Tausende Stoffpuppen. Obwohl zuletzt weitere Details über Bauschlamperei an dem unterirdischen Großprojekt bekanntgeworden waren, hatte die Stadtspitze die Rosenmontagsroute für unbedenklich erklärt. Auch die Jecken, die nahe der offenbar besonders mängelbehafteten Baustelle am Heumarkt feierten, blieben jedenfalls gelassen. Ein Pirat zitierte ungerührt das «kölsche Grundgesetz»: «Et hätt noch immer jot jejange – Es ist noch immer gut gegangen».
Seine Begleiterin, eine «Motorradbraut», sagte: «Man kann ja auch im Schlafzimmer vom Bett erschlagen werden. Da mache ich mir keinen Kopp – schon gar nicht am Rosenmontag.» Ein anderer Jeck, der sich passend zu seinem Kostüm als «Homer Simpson» mit reichlich Dosenbier eingedeckt hatte, wunderte sich nicht: «Dat is Kölle! Mal ehrlich, wer hat denn ernsthaft geglaubt, dass beim U-Bahn-Bau nicht geklüngelt würde?» Allerlei Prominenz wie Comedian Dirk Bach, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Regisseur Sönke Wortmann fuhren im Kölner Rosenmontagszug mit. An der Strecke wartete der mit einer «Pappnas» versehene BAP-Sänger Wolfgang Niedecken. Der studierte Maler, der bislang als Kritiker des organisierten kölschen Karnevals galt, hat zwei Motivwagen gestaltet, die sich mit der Armut in Afrika befassen.
Auf einem weiteren Wagen versank Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi förmlich in einem Meer von Brüsten, während auf einem anderen Motiv – in Anspielung auf das Schweizer Minarettverbot – die Muslime mit Alphörnern vertrieben wurden. Ein Umzugsgespann zeigte gierige Bankmanager als wiederkehrende Zombies, während ein anderes Festmotiv den deutschen Fußball im Bestechungssumpf versinken sah.
Einen bis zum Nachmittag eher ruhigen Rosenmontag erlebte die Polizei.
Die Jecken feierten nicht nur fröhlich, sondern auch ausgesprochen
friedlich, berichtete der Einsatzleiter der Kölner Polizei. Es kam
bislang zu keinen besonderen Vorkommnissen.
Warum zum Karneval der Montag «Rosenmontag» heißt?
Sprachforscher nehmen an, dass das «Rosen» eigentlich von «Rasen» stammt
– weil am Rosenmontag das Narrenvolk vor Begeisterung rast und sich,
die Fastenzeit vor Augen, ein letztes Mal fleischlichen Freuden hingibt. Für die Herkunft dieses Wortes spricht die Hemmungslosigkeit, mit der
man bereits im Mittelalter die Fastnacht feierte: Männer verkleideten
sich als Frauen, Frauen als Männer, und alle waren sie bis zur
Unkenntlichkeit vermummt und tollten lärmend durch die Straßen. Der Adel
hingegen tanzte auf Maskenbällen.
Andere glauben, dass der
Rosenmontag seinen Namen dem vierten Fastensonntag verdankt: Dieser Tag
wurde seit Papst Leo IX. (1049-1054) auch der «Rosensonntag» genannt.
Das Kirchenoberhaupt trat an diesem Tag mit einer goldenen Rose als
Christus-Symbol vor die Gläubigen, um auf das Leiden von Jesus Christus
zu verweisen.
Autor: Redaktion ddp/ Markus Peters