Nordrhein-Westfalen hat als Reaktion auf den Dioxin-Skandal einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Bund und Länder müssten jetzt «zu Potte kommen», um die Landwirtschaft «grüner» und Lebensmittel damit sicherer zu machen, sagte der nordrhein-westfälische Agrarminister Johannes Remmel am Donnerstag in Düsseldorf.
Der Grünen-Politiker forderte eine Sondersitzung der Konferenz der Verbraucherschutzminister. Zugleich warf er Schleswig-Holstein und Niedersachsen mangelnde Unterstützung vor. Die politisch Verantwortlichen im Norden hätten das Ausmaß des
Problems zunächst offenbar falsch eingeschätzt.
Remmel für Öko-Produkte
Remmels Plan sieht die Einführung einer Positivliste vor. Sie
soll vorschreiben, welche Stoffe bei der Tierfütterung eingesetzt
werden dürfen. Zudem will Remmel im Futtermittelrecht eine strikte
Trennung der Produktströme verankern. So soll verhindert werden,
dass technische Fette in die Lebensmittelkette gelangen können.
Weitere Punkte des NRW-Konzepts sind die Verpflichtung zum
Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Futtermittelhersteller,
eine behördliche Zulassungspflicht für Fett verarbeitende Betriebe
sowie verstärkte Eigenkontrollen der Unternehmen.
Außerdem will Remmel die amtlichen Kontrollen verstärken, die
regionale Vermarktung von Lebensmitteln stärken und die
Öko-Landwirtschaft ausbauen. Verbraucher sollen besser und schneller über Lebensmittel und ihre Herstellung informiert werden. In diesem Zusammenhang rügte der NRW-Minister, dass im vorliegenden Fall bereits im November erste Messergebnisse vorgelegen hätten. Darauf sei zu spät reagiert worden.
Aktuell riet Remmel den Verbrauchern, möglichst nur solche
Lebensmittel zu kaufen, deren Herstellungsweg sich nachvollziehen
lasse. «Dioxin gehört nicht in Lebensmittel», sagte der Umwelt- und
Verbraucherschutzminister. Wer ein oder zwei dioxinbelastete Eier
gegessen habe, werde davon aber nicht krank.
Etwa 140 NRW-Höfe gesperrt
NRW hatte kurz vor Weihnachten als erstes Bundesland reagiert,
nachdem mit Dioxin belastete Futtermittel an landwirtschaftliche
Betriebe in mehreren Bundesländern geliefert worden war. Insgesamt
waren in mehreren Bundesländern rund 3.000 Tonnen mit Dioxion
belastetes Industriefett an Legehennen, Mastgeflügel und Schweine
verfüttert worden. Da nur geringe Mengen Fett ins Futter gemischt
werden, können Schätzungen zufolge Zehntausende Tonnen Tiernahrung mit dem Umweltgift belastet sein. Das Futterfett stammt von der Uetersener Firma Harles und Jentzsch in Schleswig-Holstein.
Derzeit sind in NRW noch rund 140 Höfe im bevölkerungsreichsten
Bundesland gesperrt. Sie dürfen keine Eier oder Fleisch verkaufen.
Jüngsten Messergebnissen der Landesbehörden zufolge wurden bei
Legehennenfleisch, bei Eiern sowie bei Fettsäuren für Futtermittel
die Dioxin-Grenzwerte überschritten. Die meisten Messergebnisse
zeigten hingegen keine Grenzwertüberschreitungen. Dioxin kann Krebs
auslösen.
Die regionalen Schwerpunkte bei den gesperrten Bauernhöfe liegen
in den Kreisen Borken und Minden-Lübbecke. Betroffen sind
landwirtschaftliche Betriebe für Legehennen, Schweine, Puten und
Mastrinder. Bei einzelnen Höfen wurde die Sperrung bereits
aufgehoben.
Autor: Martin Teigeler dapd