Zur aktuellen Informationslage über die Vorgänge in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof und offenbar bereits frühzeitig der Polizeiführung vorliegenden Kenntnissen über Tatbeteiligte hat Kölns Oberbürgermeisterin Reker ein Statement abgegeben. Polizeipräsident Albers wurde in den vorzeitigen Ruhestand versetzt!
Henriette Reker: “Internen Berichte und Schilderungen aus Polizeikreisen, die gestern Abend und heute in der Medienberichterstattung wiedergegeben werden, lassen für mich den Schluss zu, dass die Polizei intern bereits seit Tagen über ein wesentlich differenzierteres Bild zur Lage am Silvesterabend und zur Herkunft von möglichen Tatverdächtigen verfügt, als mir dieses auf meine Nachfragen durch die Kölner Polizeiführung bislang vermittelt worden ist.
Dieses Lagebild stammt ausweislich aus den Erkenntnissen der Polizeibeamten, die an diesem Abend eingesetzt gewesen sind und die unter den gegebenen Umständen sicherlich ihr Bestes geleistet haben, um die katastrophale Lage am Hauptbahnhof in den Griff zu bekommen. Dazu hat es den eingesetzten Polizeikräften nach diesen Erkenntnissen aber ganz offensichtlich sowohl an der nötigen personellen Unterstützung und Führung als auch an technischen Einsatzmitteln gefehlt.
Dass ich diese Informationen, insbesondere zur Herkunft von ermittelten Beteiligten aus der Gruppe der Täter erst aus den heutigen Medien entnehmen kann, kann ich als Oberbürgermeisterin dieser Stadt nicht akzeptieren.
Vertrauensverhältnis zur Kölner Polizeiführung erheblich erschüttert
Es irritiert mich umso mehr, als dass ich den Kölner Polizeipräsidenten und die Kölner Polizeiführung bereits am Dienstag angesichts des Ausmaßes der Übergriffe und der großen Verunsicherung, die diese in der Kölner Bevölkerung ausgelöst haben, um ein Gespräch und eine detaillierte Lagedarstellung gebeten habe. Die mir von der Polizeiführung geschilderten Fakten – fünf Tage nach den Vorfällen! -geben offenkundig nicht das vollständige Bild der Einsatznacht wieder.
Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen der Polizeiführung und der Stadt Köln kann nur eine offene, nichts beschönigende Information über Ausmaß, Personenkreis und Einsatzgeschehen von derart gravierenden Vorgängen in dieser Stadt sein. Anders kann die Zusammenarbeit zwischen Stadtspitze und Polizeiführung in einer Millionenstadt nicht funktionieren.
Insofern ist mit meinem heutigen Kenntnisstand das Vertrauensverhältnis zur Kölner Polizeiführung erheblich erschüttert.”
UPDATE 08.01.2016, 16:49 Uhr: Polizeipräsident Wolfgang Albers in den einstweiligen Ruhestand versetzt
Persönliche Erklärung von Wolfgang Albers zur Entscheidung von Innenminister Ralf Jäger, ihn in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen:
“Als Kölner Polizeipräsident habe ich meine Arbeit immer als Dienst für die Polizei Köln und für die Menschen in Köln gesehen. Und dazu gehört es auch, in schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen. Vor allem, wenn es der Polizei Köln nicht gelungen ist, die von den Bürgern in sie gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Wenn bei Einsätzen Menschen verletzt oder nicht ausreichend geschützt werden konnten. Wie Sie alle wissen, ist dies in der vergangenen Silvesternacht der Fall gewesen. Dieser Sachverhalt muss jetzt detailliert aufgearbeitet werden. Die öffentliche Debatte rund um meine Person ist dazu angetan, diese wichtige Arbeit zu erschweren und zu verzögern. Deshalb verstehe ich die heutige Entscheidung von NRW Innenminister Ralf Jäger. Es geht darum, verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen.
Ich akzeptiere es, dass in der aktuellen Diskussion die Polizeiführung und damit auch zuallererst meine Person ins Zentrum der Kritik geraten sind. Aber die Polizistinnen und Polizisten, die in der Silvesternacht rund um den Kölner Hauptbahnhof im Dienst waren, haben diese Kritik nicht verdient. Sie haben bewiesen, dass die Kölner Polizei getragen wird vom umfassenden Engagement eines jeden Einzelnen. Den Polizistinnen und Polizisten in Köln möchte ich deswegen meinen tiefempfundenen Respekt für ihre geleistete Arbeit aussprechen.”
Die Versetzung in den Ruhestand wird Gegenstand der Kabinettssitzung am Dienstag, den 12.01.2016 sein. Herr Albers wird seine Amtsgeschäfte bis dahin nicht wieder aufnehmen. Seine Vertretung übernimmt der Direktionsleiter Zentrale Aufgaben, Herr LRD Dr. Manuel Kamp.
NRW-Innenminister Manfred Jägers Begründung:
“Ich bedanke mich bei Herrn Wolfgang Albers für seine langjährige, engagierte Tätigkeit für die Polizei in NRW. Meine Entscheidung ist jetzt notwendig, um das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Handlungsfähigkeit der Kölner Polizei zurückzugewinnen – auch mit Blick auf die anstehenden Großveranstaltungen. Herr Albers hat für meine Entscheidung großes Verständnis aufgebracht. Das verdient Respekt.”
Manfred Jäger weiter: “Die Kölner Polizei hat die wichtige Aufgabe, die Vorfälle in der Silvesternacht vollständig aufzuarbeiten und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Die Menschen wollen zurecht wissen, was in dieser Silvesternacht passiert ist, wer die Täter sind und wie solche Vorfälle zukünftig verhindert werden können. Die Kölner Polizei wird ihre Ermittlungsarbeit ungeachtet der heutigen Entscheidung mit voller Intensität fortführen.”
Am kommenden Montag will Jäger die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Ermittlungen zur Silvesternacht unfangreich informieren. Für Montag ist auch eine Sondersitzung des Innenausschusses angesetzt.
Die Versetzung von Albers in den Ruhestand wird Gegenstand der Kabinettssitzung am kommenden Dienstag sein.
Wolfgang Albers wird seine Amtsgeschäfte bis dahin nicht wieder aufnehmen.
379 Strafanzeigen, 40% wegen Sexualstraftaten
Losgelöst von den aktuellen Demonstrationslagen in Köln teilt die Polizei Köln den aktuellen Ermittlungsstand vom 09.01.2016 der Ermittlungsgruppe “Neujahr” mit. Die Ermittlungsgruppe ist personell verstärkt worden und besteht jetzt aus über 100 erfahrenen Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten.
Insgesamt liegen zu den Geschehnissen in der Silvesternacht am Hauptbahnhof Köln mittlerweile 379 Strafanzeigen vor. In etwa 40 Prozent der Fälle ermitteln die Kriminalbeamten unter anderem wegen Sexualstraftaten.
Die im Focus der kriminalpolizeilichen Ermittlungen stehenden Personen stammen größtenteils aus nordafrikanischen Ländern. Größtenteils handelt es sich um Asylsuchende und Personen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Die Ermittlungen ob und wie fern diese Personen mit konkreten Straftaten in der Silvesternacht in Verbindung zu bringen sind, dauern an.
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Autor: Redaktion / Stadt Köln