"Ich geh mit meiner Laterne" – Die Tradition der Martinsumzüge

'Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne' - so erschallt es auch bei den diesjährigen St. Martinsumzügen. / copyright: Lilo Kapp pixelio.de / djd
‘Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne’ – so erschallt es auch bei den diesjährigen St. Martinsumzügen.
copyright: Lilo Kapp pixelio.de / djd

Sie trotzen fast jedem Wetter, stapfen unverdrossen mit ihren oft selbst gebastelten Laternen durch die Dunkelheit und sind schon von weitem zu hören, wenn sie ihre Lieder singen – allerorten machen sich in diesen Tagen Kindergartenkinder auf den Weg, um die Geschichte des Heiligen Martin zu hören und nachzuspielen.

Sankt Martin ist einer der
bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche. Auch in der orthodoxen, der
anglikanischen und der evangelischen Kirche wird der Mann verehrt, der vor rund
1700 Jahren an einem bitterkalten Wintertag seinen Mantel mit einem Bettler
teilte. An seinem Namenstag, am 11. November, wird diese Legende wieder
lebendig und in so genannten Martinsumzügen gefeiert. Als Sohn eines römischen
Tribuns wurde Martinus entweder 316 oder 317 in Ungarn geboren. Seine Jugend
verbrachte er in der oberitalienischen Heimat seines Vaters. Dort kam er auch
mit dem Christentum in Berührung. Als Sohn eines römischen Offiziers war er
nach dem Gesetz verpflichtet, ebenfalls eine Militärlaufbahn einzuschlagen.
Laut der Überlieferung beugte sich Martinus nur widerwillig diesem Gesetz: Er
wurde als 15-Jähriger zur Leibwache von Kaiser Konstantin II. eingezogen. Er
verteidigte die Interessen Roms vor allem in Gallien, dem heutigen Frankreich,
und auch jenseits des Rheins. Laut Überlieferung vertiefte sich sein Glaube
durch die vielen Kämpfe im Laufe der Jahre, so dass er nicht länger ein Soldat
des römischen Kaisers, sondern ein Soldat Christi sein wollte. Er bat um seine
Entlassung aus dem Militärdienst. Aber er durfte erst nach der Ableistung
seiner 25-jährigen Dienstzeit das Heer verlassen.

Während dieser Zeit wurde er
als frommer Mann in Frankreich bekannt. Man verehrte ihn als Nothelfer und
Wundertäter. Im Juli 372 wurde er mit 56 Jahren zum Bischof von Tours geweiht.
Er gründete in Frankreich das erste abendländische Kloster und christianisierte
die französische Landbevölkerung.

Der Brauch der Martinsumzüge
hat mit der Beerdigung des Bischofs zu tun: Martin starb am 8. November 397 auf
einer Reise durch sein Bistum in der Stadt Candes. Der Leichnam des 81-Jährigen
wurde mit einem Boot in einer feierlichen Lichterprozession nach Tours
überführt, wo er am 11. November begraben wurde. Deshalb begehen wir heute noch
am 11. November, den Martinstag, mit einem Laternenumzug. Doch nicht nur
deutsche Kinder leuchten mit ihren Laternen die Straßen aus, auch in der
Deutschschweiz prozessieren Jungen und Mädchen zu Ehren des Heiligen Martin. Für
die Kleinen gibt es an diesem Tag auch traditionell eine Martinsgans aus
Mürbteig, die Großen lassen sich eine knusprig gebratene Gans schmecken.

Der Überlieferung nach war
St. Martin überaus beliebt. Er ist unter anderem der Schutzpatron Frankreichs und
der Slowakei, wird als Patron der Stadt Mainz sowie des Mainzer Doms verehrt
und ziert das Wappen vieler Gemeinden. Reiter, Reisende, Arme und Bettler rufen
ihn als Schutzheiligen an.

Gekauft oder gebastelt: Die
Martinslaterne

Zu einem ordentlichen
Martinsumzug gehören auch Laternen, darin sind sich wohl die meisten Kinder
einig. Und schaut man genauer hin, so leuchten im Dunkeln wahre Meisterwerke –
ob selbst gebastelt oder selbst gekauft. Wer lieber zu der gekauften Variante
tendiert, der findet in diesen Tagen eine Vielzahl von Formen, Motiven und
Größen. Hauptsächlich in Spielwarengeschäften, aber auch in Kaufhäusern,
Drogerie- oder Supermärkten gibt es sie zu kaufen. Wer eine selbst gebastelte
Laterne beim Martinsumzug in Händen halten will, der findet ebenfalls eine
Vielzahl von Motiven und Formen.

Bastelgeschäfte sind hier
eine gute Anlaufstelle, weil sie die 
All-inklusive-Packung ebenso führen wie eine große Auswahl an
Einzelteilen. Auch im Internet werden Mamas und Papas fündig, die schnell noch
eine einfache, aber effektvolle Laterne mit den Kindern basteln wollen. Der
Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wer allerdings einen Bezug zum Heiligen
Martin mit der Laterne herstellen möchte, kann auch traditionelle Motive und
Farben benutzen. Das Gesicht des Heiligen Mannes sowie der Moment der
Mantelteilung oder auch Martinsgänse. In vielen Abbildungen und auch als
Laternenmotiv sitzt der Heilige Martin umgeben von einem gelben Heiligenschein
einen roten Mantel gehüllt auf einem weißen Pferd und teilt mit dem Bettler
seinen Mantel. Die religiöse Deutung der Farben spielt hierbei eine große
Rolle. Gelb ist im Christentum beispielsweise die Farbe der Sonne und des
Lichts, der Erleuchtung. Rot wird als Farbe des Herzens und des Heiligen Geistes
gedeutet. Weiß ist einerseits natürlich die Farbe des Winters, religiös
gedeutet ist sie die Farbe der Unschuld und der Reinheit.

Sehr schnell und einfach
lässt sich folgende Laterne basteln: Eine weiße, kleine  Papiertüte möglichst ohne Aufdruck,  aber mit Henkeln besorgen. Ein einfaches
Motiv aufmalen, etwa eine Kerze oder ein Blatt oder ein Gesicht. Dieses Motiv
ausschneiden, aber möglichst von innen her ausschneiden und nicht von außen.
Dann von innen die freigeschnitten Flächen mit buntem, durchscheinenden Papier
bekleben. Jetzt entweder einen Kerzenhalter für Laternen (erhältlich
beispielsweise im Bastelgeschäft), oder eine sehr kleine Taschenlampe am Boden
befestigen. Schließlich die Laterne an einen Draht befestigen, der wiederum an
einen Stab befestigt ist. Fertig. Es gibt auch die Möglichkeit, Laternenstäbe
mit Batterie betriebenen Lämpchen zu kaufen.

Anregungen und Hilfestellungen
gibt es beispielsweise unter www.heiliger-martin.de, www.kikisweb.de,
www.medienwerkstatt-online.de oder www.kinderpilot.de.

Gebäck, Lieder und Singspiel
– Bräuche rund um St. Martin

Martin von Tours, besser bekannt als Sankt
Martin, lebte im 4. Jahrhundert nach Christus und war zu Lebzeiten schon
außerordentlich beliebt. Ihm werden zahlreiche Wundertaten und Legenden
nachgesagt, aus denen sich Bräuche entwickelt haben, die bis heute lebendig
sind.

Der bekannteste Brauch, nicht
nur in Deutschland, ist wohl der Martinsumzug. Jedes Jahr am 11. November
ziehen meist Kinder mit Laternen durch die Straßen und erinnern mit einem
Singspiel an den heiligen Mann. Die Laternenumzüge sind wohl eine Erinnerung an
die Grablegung des Bischofs. Der starb am 8. November während einer Reise durch
sein französisches Bistum. Die Überführung des Leichnams nach Tour wurde von einer
feierlichen Lichterprozession begleitet. Deshalb gibt es heute noch die
Martinszüge.

Eng damit verbunden ist die
Aufführung der Legende, die wohl die meisten kennen:  An einem bitterkalten Wintertag begegnete
Martin am Stadttor von Amiens einem armen, unbekleideten Mann. Außer seinem
Militärmantel und seinen Waffen trug Martin nichts bei sich, wollte aber dem
Mann helfen. Er teilte mit dem Schwert seinen Mantel und gab eine Hälfte dem
Bettler. Dass er in dieser Geschichte auf einem Pferd saß, ist in der ältesten
Quelle nicht erwähnt. Das stolze weiße Ross, mit dem der Heilige Martin heute
viele Umzüge anführt, ist ihm wohl im Laufe der Jahrhunderte angedichtet
worden. “St. Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross, das trug ihn
fort geschwind” – ein Martinszug mit Liedern, das gehört heute dazu. Die
so genannten Martinslieder gibt es etwa seit dem 14. Jahrhundert und haben das
Leben des Heiligen zum Thema.

Ein weiterer Brauch ist die
Martinsgans, die in diesen Tagen in vielen Variationen zu haben ist: als
Mürbteig-Knabberei oder knusprig gebraten. Dieser Brauch geht auf eine
Überlieferung zurück, wonach die Bewohner der Stadt Tours im Jahr 371 Martin
zum Bischof ernennen wollten. Martin soll sich daraufhin in einem Gänsestall
versteckt haben, weil er sich für dieses Amt nicht als würdig erachtete. Doch
die Gänse schnatterten so aufgeregt, dass man ihn dann fand und er dieses Amt
dann doch annahm.

Die Martinsbrezel  oder das Martinsschiffchen sind nur zwei
Beispiele für den Brauch, ein besonderes Gebäck in Erinnerung an den Heiligen
Martin herzustellen und dann an Freunde und Verwandte zu verschenken.

Tipps für den nächtlichen
Ausflug

Es sind oft
Kindergärten, die in diesen Tagen einen Martinzug organisieren. Das bedeutet,
dass hauptsächlich Familien mit größeren und kleineren Geschwistern unterwegs
sind. Es ist meist dunkel, kalt und es laufen viele andere Kinder und Eltern
mit. Deshalb sollten Eltern auf diesen Ausflug gut vorbereitet sein.

Verabreden sie mit ihren
Kindern, was sie tun sollen, wenn sie sich in der Menge verlieren sollten.
Schreiben sie eventuell ihre Handynummer auf den Handrücken des Kindes, so kann
die Nummer nicht verloren gehen. Sie können auch Leuchtstreifen oder andere im
Dunkeln leuchtende oder reflektierende 
Dinge an Anorak, Hose oder Stiefel anbringen, damit ihr Kind im Dunkeln
besser gesehen wird und sie es in einer größeren Menschenmenge schneller
finden. Vor allem die Kinder sollten der Witterung entsprechend angezogen sein.
Mütze, Schal, Handschuhe und Thermohose sind sicher nicht verkehrt, auch wenn
die Temperaturen tagsüber noch angenehm warm sind. Ein Schneeanzug oder eine
Skihose kann hier schon jetzt zum Einsatz kommen. Für die Eltern könnten auch
eine Taschenlampe sowie Ersatzkerzen für die Laterne und ein Feuerzeug sehr
nützlich sein.

Laternenausstattung: Kerze oder Leuchtstab?

Viele Laternen sind
mit Kerzen ausgestattet, die natürlich gerade in kleinen Kinderhänden nicht
ganz unproblematisch sein können. Die Laternen sind deshalb vorsichtig zu
tragen, damit sie nicht in Flammen aufgehen. Außerdem sollten die Eltern
Ersatzkerzen mitnehmen, für den Fall, dass die Kerze noch vor Ende des Umzugs
runter gebrannt ist. Kerzen können natürlich auch oft ausgehen, sei es vom Wind
oder durch den Gebrauch der Laterne durch die Kinder. Ein Feuerzeug
mitzunehmen, kann daher sinnvoll sein.

Ungefährlicher gerade für
kleinere Kinder ist es natürlich, die Laterne mit einem  Batterie betriebenen Laternenstab zu
versehen, an dessen Ende eine kleine Lampe leuchtet. Die Kleinen können die
Laternen schwenken wie sie wollen, das Licht geht nicht aus. Es sei denn, sie
knipsen es selbst an und aus. Die Leuchtkraft dieser Laternen ist allerdings
nicht ganz so stark wie die von Laternen mit Kerzen.

Noch mehr zu St. Martin

Da ja gerade die
Kinder vom Martinstag fasziniert sind, gibt es zahlreiche Kinderbücher über das
Leben des Heiligen Martins. Bastelanleitungen für Laternen, Rezepte für
Martinsgebäck und Martinsgans, Liedtexte mit Noten (auch zum Anhören) oder weiter
führende Informationen gibt es auch im Internet, meist kostenlos.

Hier einige
Adressen: www.martinschlu.de; www.liederkiste.com; www.hausfrauenseite.de;
www.martin-von.tours.de; www.liederportal.de. Dort findet man auch weniger
bekannte Martinslieder oder Rezepte sowie einfache Bastelanleitungen für
Laternen.

Autor: Redaktion/ djd / HDI Versicherung AG