Karneval in Köln: Schwere Zeiten für kleine Vereine und große Gesellschaften

Seit 1956 nehmen die Spillmannsgasser Junge e.V. bis auf wenige Ausnahmen an den Schull- un Veedelszöch teil.
Seit 1956 nehmen die Spillmannsgasser Junge e.V. bis auf wenige Ausnahmen an den Schull- un Veedelszöch teil.
copyright: Alex Weis

Die Spillmannsgasser Junge vun 1955 – so bunt wie der Karneval, so kölsch wie das Vringsveedel (Severinsviertel): Das beschreibt den Kölner Veedelsverein wohl am besten. Ziel des Traditionsvereins, damals wie heute, ist die Pflege kölnischen Brauchtums, Kölner Kultur sowie der Kölner Mundart. Das wird ihm derzeit aber nicht leicht gemacht. Die Corona-Pandemie hat der kleinen Gesellschaft bereits schwer zugesetzt. Der Ukraine-Konflikt und die damit einhergehende Energiekrise sowie die massiven Preissteigerungen tun nun ihr Übriges.

Brauchtum und Karneval gehen Hand in Hand

Zum Brauchtum hat der gemeinnützige Verein selbst ein Stück beigetragen. Denn als im September 1955 erstmals der Kaffeeklatsch für die “Ahle us dem Veedel” veranstaltet wurde, konnte niemand ahnen, dass dieses gemütliche Beisammensein bis heute ohne Unterbrechung, von zwei Jahren durch Corona mal abgesehen, durchgeführt werden konnte – und sich unter dem Namen “Seniorenkaffee” immer noch größter Beliebtheit erfreut.

Im Karneval hat der Brauchtumsverein aus dem Severinsviertel seit 1956 bis auf wenige Ausnahmen auch die Kölner Schull- und Veedelszöch bereichert. Die eigenen Motto-Ideen werden mit kreativ-bunten Kostümen sowie einem prunkvollen Festwagen umgesetzt. In den Jahren 1972 und 2017 gelang das dann besonders gut und so belegten sie jeweils den ersten Platz und durften 2017 sogar am Rosenmontag in die Verlängerung.

Erstmalig eine Frau an der Spitze der Spillmannsgasser Junge e. V.

Im Jahr 2018 gingen Vorstand und Mitglieder mit einem besonderen Motto durch die Session und in die Schull- un Veedelszöch. Dieses hieß “Spillmannsgasser Mädche driehe jetz am Rädche” – und das aus gutem Grund. Denn erstmalig in der Geschichte hatte eine Frau die Geschicke in der Hand. Dr. Marli Stolzenwald wurde im April 2018 zur 1. Vorsitzenden gewählt. Nach wie vor im Kölner Fasteleer keine Selbstverständlichkeit. Und da es noch eine weitere Frau im geschäftsführenden Vorstand gab, und nun damit die Damen in der Überzahl waren, ergab sich das Motto fast von selbst.

Nicht nur Karnevalsveranstaltungen im Terminkalender

Im Jahreskalender des heute ca. 60 Mitglieder zählenden Vereins findet man nicht nur Veranstaltungen rund um den Kölner Fastelovend. Auch Events wie die stets ausverkaufte Schiffstour auf dem Rhein, die Teilnahme am “Längste Desch” mit Glücksrad etc. sowie der Seniorenkaffee und mehr finden sich dort. Aber auch der “Karnevalistische Nachmittag” im November zur Eröffnung der Session sowie der “Kostümball op und met Kölsch” sind natürlich feste Bestandteile im Festkalender. Nicht zu vergessen die Nikolausfeier für die Kleinen sowie die Allerheiligenfeier. Und auch der jährliche Besuch der Scala-Stücke sowie diverse andere gemeinsame Aktivitäten stehen auf dem Programm.

Corona und Preissteigerungen: Schwere Zeiten für die Vereinskasse

Wie vielen anderen auch, hat bereits die Corona-Pandemie dem Verein schwer zugesetzt. Abgesagte Veranstaltungen, dadurch keine Einnahmen wobei die Kosten für Mieten, Versicherungen usw. weiterhin anfallen. Vom Staat war trotz der vielen Beteuerungen der Politiker keine Hilfe zu erwarten. Daher war und ist die Kasse nach wie vor klamm. Überleben konnte man bislang nur dank des großen Einsatzes der Mitglieder und dank des Entgegenkommens von Vermietern, Künstlern, Versicherungen etc.

Und nun schlagen auch noch der Ukraine-Konflikt und die Energiekrise sowie die damit einhergehenden Preissteigerungen zu. Dies betrifft natürlich sämtliche Gesellschaften. Etliche beklagen bereits einen schleppenden Vorverkauf der Karten für ihre Events. Auch wurden bereits Veranstaltungen abgesagt bzw. Eintrittspreise massiv gesenkt. Das Geld der Bürger sitzt aufgrund der unsicheren Situation nicht mehr so locker und häufig sind die Geldbeutel schlicht leer.

Preissteigerungen machen Gesellschaften Sorgen

Die Kosten der Gesellschaften laufen jedoch weiter und erhöhen sich ebenfalls weiterhin. Das bereitet natürlich große Sorgen im Hinblick auf die Zukunft. Kein Wunder also, dass das Thema Preiserhöhungen auch intern bei den Spillmannsgasser Junge e.V. auf den Versammlungstisch kam. Der aktuelle erste Vorsitzende Hans Josef Zweigart-Stolzenwald dazu: “Nach vielen Diskussionen haben wir einhellig beschlossen, dass Risiko einzugehen und unsere Preispolitik so lange wie machbar beizubehalten. Wir wollen, wie die vielen Jahre zuvor, auch für das kleine Portemonnaie etwas bieten. Denn ein wenig Ablenkung und Spaß sollte auch jetzt noch halbwegs erschwinglich sein und ist besonders in der aktuellen Situation dringend nötig.”

Mit moderaten Preisen ein wenig Spaß und Freud‘ in den Alltag bringen

Und so wurde der bisherige Eintrittspreis für Veranstaltungen wie den Karnevalistischen Nachmittag, der am 19. November 2022 stattfindet, von 19,00 Euro um lediglich einen Euro auf 20,00 Euro angehoben. Auch der Bonpreis für Getränke und Speisen wurde lediglich um 10 Cent erhöht. Und dies trotz eines Programms, dass sich u.a. mit Auftritten der Domstadtbande, der Heinzelmänncher zo Kölle sowie HaPe Jonen durchaus sehen lassen kann. So wollen Vorstand und Mitglieder gerade in diesen schweren Zeiten ein wenig Spaß und Freud´ in den Alltag bringen und so den Menschen nicht nur im Vringsveedel ein Lächeln ins Gesicht zaubern.