Der Lohn reicht nicht zum Leben? Wer dann “aufstocken” kann – Hier alle Fakten und Antworten!

Der Lohn reicht nicht zum Leben? Wer dann "aufstocken" kann - Hier alle Fakten und Antworten - copyright: Bundesagentur für Arbeit
Der Lohn reicht nicht zum Leben? Wer dann “aufstocken” kann – Hier alle Fakten und Antworten
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Was wenn der Lohn nicht zum leben reicht? In Deutschland leben etwa 4,6 Millionen Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen. Längst nicht alle von ihnen sind arbeitslos, doch das Geld, das sie dabei verdienen, reicht nicht zum Leben. Doch wer genau kann aufstocken und wie geht das?

Vor allem Selbständige, Teilzeitangestellte und Mini-Jobber bekommen zusätzlich Hartz IV. Aber auch über 300.000 Vollzeitangestellte verdienen so wenig, dass sie sich und ihre Familie damit nicht ernähren können. Doch wie funktioniert das sogenannte “aufstocken”, was ist zu beachten und wer darf es überhaupt? Bei CityNEWS gibt es die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema “aufstocken”!

Wer darf überhaupt “aufstocken”?

All jene, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft erwirtschaften oder nur durch die Hilfe anderer decken können, gelten als “hilfebedürftig”. Dann soll das Arbeitslosengeld II (auch Hartz IV genannt) erwerbsfähige Menschen in die Lage versetzten, ihre materiellen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Damit soll Hilfebedürftigen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden. Trotz der Bezeichnung als Arbeitslosengeld II können auch Erwerbstätige diese Fürsorgeleistung bekommen – nämlich dann, wenn das Einkommen nicht reicht, um den Bedarf der Familie zu decken und wenn keine anderen Leistungen wie zum Beispiel Wohngeld in Frage kommen. Dann spricht man von den sogenannten Aufstockern.

Wer hat Anspruch auf aufstockendes ALG II und wer nicht?

Wer hat Anspruch auf aufstockendes ALG II und wer nicht? - copyright: pixabay.com
Wer hat Anspruch auf aufstockendes ALG II und wer nicht?
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Im Prinzip jeder, der ein eigenes Einkommen hat, kann ALG II beantragen. Als Einkommen gelten dabei alle Einnahmen wie beispielsweise:

  • Arbeitslosengeld I
  • Lohn und Gehalt
  • Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit
  • Unterhaltszahlungen für sich und/oder Kinder
  • Elterngeld
  • Erwerbsunfähigkeitsrente bei befristeter teilweiser Erwerbsunfähigkeit (EU)
  • Einnahmen aus Minijobs.

Hier besteht im Allgemeinen kein Anspruch:

  • Altersrenten
  • Berufsausbildungsbeihilfe
  • BAfÖG
  • Erwerbsunfähigkeit bei unbefristeter EU-Rente oder bei voller EU-Rente

Wie kann man sein Einkommen konkret aufstocken?

Wenden Sie sich dafür an Ihr Jobcenter vor Ort. Dort wird dann beim Antrag auf Arbeitslosengeld II zunächst der genaue Bedarf der gesamten im Haushalt lebenden Personen ermittelt. Das eigene Einkommen wird dem Arbeitslosengeld II, das errechnet wurde, gegenübergestellt. Von dem Gesamtanspruch wird das Einkommen bis auf unterschiedlich gestaffelte Freibeträge abgezogen.

Durch diese Freibeträge ergibt sich der finanzielle Vorteil: Wer arbeitet, hat mehr Geld als jemand, der ausschließlich von Arbeitslosengeld II lebt – und je mehr jemand verdient, desto höher ist dieser Betrag.

Was sind die Grundlagen der Berechnung?

Prinzipiell wird bei der Einkommensberechnung vom Bruttoeinkommen ausgegangen. Vom Bruttoeinkommen werden nur die Beiträge für die Sozialversicherungen (wie Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) sowie die Steuern auf das Einkommen (wie Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag oder Kirchensteuer) abgezogen.

Beispiel: Bei einem Verdienst von 900 Euro hat ein Aufstocker 250 Euro mehr als bei reinem Arbeitslosengeld II – Bezug. Rechnung: 100 Euro frei plus 20 Prozent von 700 Euro = 140 Euro sowie 10 Prozent von 100 Euro = 10 Euro.

Wie wird das Aufstocken bei Freiberuflern geregelt?

Grundlage des anzurechnenden Einkommens ist der Gewinn. Vereinfacht kann man zu dessen Ermittlung von der Faustformel Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben gleich Gewinn ausgehen. Während die Betriebseinnahmen relativ leicht nachzuweisen sind, wird es bei den Betriebsausgaben komplizierter. Denn hierfür legen die Jobcenter andere Maßstäbe an als das Finanzamt. Die Jobcenter erkennen nur Ausgaben an, die unvermeidbar zur Ausübung des Gewerbes notwendig sind. Anders gesagt: Als Betriebsausgaben werden keine Kosten anerkannt, die vermeidbar sind oder ganz offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges von ALG II entsprechen.

Beispiel: Eine Altenpflegerin betreut Patienten in der ganzen Stadt/dem ganzen Landkreis. Das ist sinnvoller Weise nicht ohne Pkw möglich. Doch für das Schreiben ihrer Rechnungen reicht ein einfacher PC, einen Hochleistungscomputer mit Farblaserdrucker wird das Jobcenter nicht anerkennen.

Was gilt für einen 400-Euro-Mini-Jobber?

Hier gilt für die Berechnung Brutto gleich Netto. Von seinem Einkommen von 400 Euro kann der Hartz-IV-Bezieher derzeit 160 Euro zusätzlich zu seinem Arbeitslosengeld II behalten. Also 100 Euro plus 20 Prozent von 300 Euro = 100 + 60 = 160 Euro.

Wie sind die derzeitigen Zuverdienstregeln für Hartz IV-Empfänger?

Derzeit kann man 100 Euro ohne jeden Abzug zum Arbeitslosengeld II hinzuverdienen. Darüber bleiben bis zu einem Einkommen von 800 Euro pro selbst verdienten Euro 20 Cent in der eigenen Tasche, bei über 800 Euro Verdienst immerhin noch 10 Cent pro Euro.

Was ist, wenn zum Haushalt Kinder gehören?

Allein könnte der/die Betroffene zwar vom Einkommen leben, doch weil Kinder zum Haushalt gehören, reicht das Geld nicht? Dann gibt es für Eltern neben dem ergänzenden Bezug von Arbeitslosengeld II eine weitere Leistung, die bezogen werden kann – nämlich der Kinderzuschlag. Wer einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt, aber noch keinen Anspruch auf diese Leistung hat, bei dem prüft das Jobcenter direkt mit der zuständigen Stelle, ob der Kinderzuschlag in Frage kommt. Es muss dafür kein neuer eigener Antrag gestellt werden. Die Berechnung von Arbeitslosengeld II ist kompliziert. Eine zuverlässige Aussage, ob Sie einen Anspruch haben, kann Ihnen nur Ihr Jobcenter geben. Deshalb vereinbaren Sie am besten ein persönliches Beratungsgespräch, um alle Fragen zu klären.

Welche Ansprüche gibt es?

Hartz 4 für Aufstocker – ein gesellschaftliches Problem, das wächst - copyright: pixabay.com
Hartz 4 für Aufstocker – ein gesellschaftliches Problem, das wächst
copyright: pixabay.com

Der Anspruch von Erwerbstätigen auf Grundsicherung ergibt sich im Grunde aus § 11 und § 11b SGB 2. Zu unterscheiden ist es allerdings zwischen dem sogenannten Regelbedarf, eventueller Mehrbedarfe, Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und weiteren einmaligen Leistungen (beispielsweise Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt, Anschaffungen, die für den Bezug einer neuen Wohnung oder bei Beginn einer Ausbildung etc. fällig werden, Unterstützung beim Führerschein) sowie Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche (zum Beispiel für Schul- und Kindergartenausflüge, Musik- und Sportunterricht, Schulbedarf generell). Der Regelbedarf hat feste Untergrenzen und beträgt 374 Euro für alleinstehende Personen sowie 674 Euro (337 Euro pro Person) für Paare.

Der Anspruch für Kinder wird nach Jahren gestaffelt. Bis zum sechsten Lebensjahr beträgt der Regelbedarf 219 Euro, 251 Euro vom siebten bis zum 14. Lebensjahr sowie 287 Euro vom 15. Bis zum 18. Lebensjahr. Darüber hinaus wird für erwachsene Jugendliche bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres 299 Euro vom Amt anerkannt, wenn sie im Haushalt der Eltern leben.

Ein Mehrbedarf gilt für Schwangere, Alleinstehende und Behinderte. Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung werden vom Jobcenter in der Regel komplett übernommen, sofern diese angemessen sind. Bezüglich der Mietpreise hat sich ein Anspruch auf eine Quadratmetergröße pro Person durchgesetzt, da die Mietpreise innerhalb Deutschlands von Region zu Region stark schwanken und entsprechend keine Bedarfsgrenzen festgesetzt werden können. Im Bundesdurchschnitt gilt ein Anspruch von 45 bis 50 Quadratmetern pro Person für angemessen.

Für zwei Personen setzt das Amt 60 Quadratmeter an, jeder weiteren Person werden zehn Quadratmeter zugesprochen. Durchschnittlich erhalten Alleinstehende 283 Euro, Paare 358 Euro, Paare mit einem Kind 378 Euro. Beiträge zu der Kranken- und Pflegeversicherung werden vom Jobcenter zusätzlich übernommen. Rentenversicherungsbeiträge werden hingegen nicht gezahlt.

Hartz 4 für Aufstocker – ein gesellschaftliches Problem, das wächst

Einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, von der man nicht leben kann… das scheint vom Grundsatz her nobel, aber sinnlos. Betroffenen wird daher vom Gesetzgeber nicht nur Sozialhilfe zugesprochen; auch Arbeitsförderleistungen werden angeboten. Trotz aller Maßnahmen wächst die Anzahl derer, die trotz Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht alleine bestreiten können zu.

Laut dem Statistischen Bundesamt bezogen 2013 rund 3,1 Millionen Erwerbstätige ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle (Als Armutsschwelle, beziehungsweise Armutsgrenze wird laut wikipedia das Einkommen bezeichnet, “unterhalb dessen der Erwerb aller lebensnotwendigen Ressourcen nicht mehr möglich ist”). Eine erschreckend hohe Zahl, die wächst. Noch 2008 lag die Zahl mit rund 2,5 Millionen Menschen um 25 Prozent niedriger.

Laut der Haushaltsbefragung des Statistischen Bundesamtes ist es den betroffenen Personen meist nicht möglich, ihre Miete pünktlich zu zahlen. Viele Menschen sparen beim Heizen und/oder beim Essen und nehmen nur jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich. 600.000 der Betroffenen gaben an, sich kein eigenes Auto leisten zu können und jeder zweite der Befragten verzichte auf einen Urlaub – selbst eine einwöchige Reise überschreite das Budget.

Laut dem Arbeitslosenreport NRW sind alleine in Nordrhein-Westfalen rund 302.000 Menschen trotz Arbeit auf Hartz IV Leistungen angewiesen. 41 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsempfänger gehen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, 15 Prozent davon sind sogar in Vollzeit beschäftigt. So berichtete die Webseite www.hartziv.org mit Bezug auf den Arbeitslosenreport NRW.

Laut der Definition gelten diejenigen Menschen als armutsgefährdet, die einschließlich aller staatlichen Transfers wie zum Beispiel Wohn- oder Kindergeld weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens erzielen. Diese Schwelle lag 2013 in Deutschland bei 979 Euro netto im Monat. Insgesamt sind über 16 Millionen Menschen in Deutschland (20,3 Prozent der Bevölkerung) von Armut betroffen.


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