„Dein Herz ist längst Mitglied!“: Die Mail vom 1. FC Köln erreichte mich Ende April, sie galt allerdings meiner Tochter Katharina, die noch im Säuglingsalter FC-Mitglied wurde. Selbstverständlich über Papas E-Mail-Adresse, eine symbolische Mitgliedschaft, die ersten sechs Lebensjahre beitragsfrei. Zumindest für uns. Vom FC kam hingegen regelmäßig zu den Heimspielen das „Geißbock-Echo“ ins Haus, der Lesehappen als kleine Zwischenmahlzeit. Bevor die Zeit der kostenlosen Mitgliedschaft endete, kündigte ich.
„Spürbar anders!“: Wenn es am schönsten ist, soll man gehen? Unsinn, wenn es schön ist und immer noch besser wird, dann gilt es: „Werde FC!“
Um die vergangene Spielzeit des 1. FC Köln zu bilanzieren und den Blick auf die neue Saison zu richten, lohnt sich ein Blick auf die Außendarstellung des Vereins. Seitdem das „Dreigestirn“ aus Präsident Werner Spinner und seinen Vizepräsidenten Toni Schumacher und Markus Ritterbach im Jahr 2012 den mit wenig Fortune agierenden Wolfgang Overath ablöste, weht ein neuer Wind am Geißbockheim und durchs RheinEnergieStadion. Die lebenslange Mitgliedschaft für 1.948 Euro – anno 1948 fusionieren die süd-westlichen Stadtteilclubs Kölner BC 01 und SpVgg Sülz 07 zum 1. Fußball-Club Köln 01/07 e. V. –, der seit Jahren meisterliche und vielfach prämierte Auftritt des effzeh im Internet und den sozialen Netzwerken und die Besetzung wichtiger Funktionen mit spürbar anderen Menschen, die von auswärts kamen, lassen auf eine längere Verweildauer in Liga 1 hoffen.
Saisonziel für den 1. FC Köln klar erreicht – auswärts besser als zuhause
Das nicht zu hoch, sondern realistisch gesteckte Ziel für die vergangene Saison wurde erreicht. 40 Punkte plus x in Verbindung mit einem einstelligen Tabellenplatz stehen nach 34 Spieltagen zu Buche. Auswärts waren die Geißböcke mit 23 Punkten stärker als daheim (20 Punkte), die Hinrundentabelle listet die Mannschaft auf Platz 9 mit 24 Punkten, nicht zuletzt dank der Siege gegen die Konkurrenz aus dem Westen. 19 weitere Punkte gab’s in der zweiten Saisonhälfte.
Eine sehr ausgeglichene Saison dank eines ausgeglichenen Kaders. In den vergangenen Jahren aufgebaut, fast schon komponiert vom Geschäftsführer Sport Jörg Schmadtke in enger Absprache mit Sportdirektor Jörg Jakob und natürlich Chefcoach Peter Stöger. Der arbeitet so sachlich wie möglich, hat früh auf die Euphoriebremse getreten, wenn von Europa die Rede war, wusste aber immer auch eine Antwort, wenn es Richtung Relegation ging. Dann war sein Team zur Stelle, und zu keinem Zeitpunkt herrschte in der Mannschaft und dem Umfeld, in der Stadt und auch in den Medien Unruhe. Einmal wurde es laut, als sich Jörg Schmadtke über die Schiedsrichterleistungen aufregte und in diesem Zusammenhang von „Eierköppen“ sprach. Verhandlung, Geldstrafe akzeptiert, weitermachen.
Horn und Hector – Wechselgerüchte beim effzeh, aber nichts Konkretes
Im Tor hat der FC mit Timo Horn einen der besten Keeper der Liga – und damit zugleich ein absolutes Objekt der Begierde. Über seine Facebookseite lässt er allerdings verlauten, „dass ich mich zu keinem Zeitpunkt der Saison mit einem konkreten Angebot beschäftigt habe“. Sein Vertrag läuft 2019 aus, die wohl festgeschriebene Ablösesumme von neun Millionen Euro könnten zahlreiche Vereine stemmen.
In der Abwehr können die Kölner weiterhin aus dem Vollen schöpfen. Da entwickelt sich kurzum Frederik Sörensen vom Innen- zum Rechtsverteidiger, somit konnte Marcel Risse, die Aushilfe hinten rechts, wieder ins Mittelfeld rücken. Dominque Heintz hat sich bis 2021 an den Club gebunden, und Dominic Maroh zeigt seine Verbundenheit zu den Geißböcken durch einen bis 2018 laufenden Vertrag und konstant gute Leistungen. Auch der Kontrakt mit Jonas Hector hat eine Laufzeit bis 2018, allerdings dürfte der A-Nationalspieler, sollte er eine gute EM spielen, bei vorzeitiger Vertragsauflösung viel Geld in die Vereinskasse spülen. Je nach Gegner und taktischer Ausrichtung spielt Hector im Mittelfeld, Mergim Mavraj und Filip Mladenovic können die Defensive variabel ergänzen.
Im Mittelfeld stößt Marco Höger von Schalke 04 zum FC. Da sich abzeichnet, dass U-21-Nationalspieler Yannick Gerhardt den FC Richtung Wolfsburg verlässt, kommt der Wechsel des gebürtigen Kölners an den Rhein nicht ungelegen. Wie Gerhardt spielte auch Leonardo Bittencourt eine starke Rückrunde, das Mittelfeld mit Kapitän Matthias Lehmnann, Marcel Risse, Milos Jojic, Dusan Svento und Kevin Voigt ist ausgeglichen besetzt, der Kampf für die Startelf könnte zusätzliche Kräfte freisetzen. Lehmann, Bittencourt und Risse sind dabei die Platzhirsche.
Modeste sollte sich neue Ziele stecken
Im Angriff konnte Anthony Modeste am letzten Spieltag in Dortmund sein selbst gestecktes Ziel von 15 Saisontreffern gerade so erreichen. Soll er sich ruhig 20 Buden für 2016/17 vornehmen. Simon Zoller, immer wieder mal verletzt, hat seinen Vertrag bis 2020 verlängert, während Philipp Hosiner mit Union Berlin in Verbindung gebracht wird. Stöger hält viel von Yuya Osako, dem allerdings die Konstanz fehlt. Klar ist, dass ein Stürmer mit Durchschlagskraft dem Kölner Spiel gut tun würde – der FC benötigt zu viele Chancen, um ein Tor zu erzielen. Da ist auch das Mittelfeld gefragt, am ehesten Risse und Bittencourt, öfter nach vorne zu stoßen und den (erfolgreichen) Abschluss zu suchen.
Im Gespräch für mögliche Transfers sind auch Mariusz Stepinski vom 1.FC Nürnberg sowie Manuel Schmiedebach von Hannover 96. Geschäftsführer Alexander Wehrle bastelt derzeit an einer maßvollen Erweiterung des Trainingsgeländes am Geißbockheim. Auf einem bestehenden Kunstrasenplatz soll ein Leistungszentrum gebaut werden, das Nachwuchs und Profis unter einem Dach vereint. Und auf einer momentan nicht genutzten Wiese neben der Militärringstraße sollen drei Kunstrasenplätze für die 8- bis 16-Jährigen entstehen. Einerseits wettbewerbsfähig bleiben und auf der anderen Seite den einzigartig familiären Flair erhalten – ein Spagat, der machbar ist.
Die Art und Weise, wie der 1.FC Köln momentan agiert, lässt für die neue Saison hoffen. Wäre die Zielvorgabe erneut, erreichte Punkte der Vorrunde plus x, wäre das internationale Geschäft in greifbarer Nähe. Zumal die Spieler in der abgelaufenen Saison einige Punkte liegen gelassen haben. Fester Bestandteil von Liga 1 ist der FC noch lange nicht. Ein Abstiegskandidat momentan aber auch nicht. Denn da ist ja immer noch Trainer Peter Stöger, der die Leistungen eines jeden Spieltags richtig einzuschätzen weiß und die richtigen Schlüsse zieht.