Renate Janßen versteht die ganze Aufregung um nicht deklariertes Pferdefleisch in Tiefkühl-Lasagne nicht so recht. Ihrer Pferdemetzgerei in Mönchengladbach schade das nicht – ganz im Gegenteil! “Das Geschäft läuft besser als vergangene Woche.”
Seit mehr als 30 Jahren betreibt sie mit ihrem Mann
die einzige Pferdefleischerei in Mönchengladach. Offenbar interessieren sich
seit dem Skandal mehr Menschen für Pferdefleisch.
Aus
ernährungswissenschaftlicher Sicht sei Pferdefleisch nur zu empfehlen,
sagt Janßen. Es hat weniger Kalorien, weniger Fett und viele tierische
Eiweiße. Das hat Renate Janßen sogar schriftlich. An den weißen Kacheln
der Pferdemetzgerei klebt eine Tabelle, auf der zu lesen ist, dass 100
Gramm Pferdefleisch nur halb so viel Kalorien haben wie die gleiche
Menge Fleisch von einem mageren Schwein.
“Zu uns kommen auch junge
Mütter, die wissen, dass Pferdefleisch viel Eisen enthält, und sich
bewusst dafür entscheiden”, sagt die 63-jährige Mönchengladbacherin. Und
betont: “Gesundheitsgefährdend ist hier überhaupt nichts.”
Als
sie und ihr Mann die Pferdemetzgerei eröffneten, waren sie allein auf
weiter Flur. “Das war damals eine Marktlücke”, erinnert sich Janßen. Und
obwohl zum Beispiel der rheinische Sauerbraten vom Pferd eine echte
regionale Spezialität ist, gibt es in Nordrhein-Westfalen nicht viele
Metzger, die sich auf Pferde spezialisiert haben.
“Viele wollen
das nicht essen, weil sie sagen, das seien so tolle Tiere. Aber wenn ich
eine Kuh sehe mit ihren großen runden Augen, dann finde ich die auch
süß”, sagt Janßen und zuckt mit den Schultern.
Sauerbraten vom Pferd ist eine rheinische Spezialität
Hinter
ihr hängen dunkle Würste an Eisenhaken, in der Auslage stapeln sich
Fleischwürste und Salamistangen, daneben liegen ein Rumpsteak und ein
langes Filetstück. Johanne-Liese Kozeolek kommt einmal die Woche in den
Laden. “Mir schmeckt das einfach”, sagt die 69-jährige Kundin. Sie sei
als Kind damit aufgewachsen, Pferd zu essen. “So ein Sauerbraten oder
eine Roulade schmecken viel herzhafter, wenn sie aus Pferdefleisch
sind”, sagt sie und packt eine Pferdewurst in ihre Einkaufstüte.
Dieter
Thomas hat einen größeren Bedarf: Er kauft etwa zehn Kilogramm
Pferdefleisch im Monat. Der 71-Jährige betreibt mit seiner Frau eine
Gaststätte in Solingen. Auf der Speisekarte stehen unter dem Stichwort
“Unsere Pferdefleisch-Spezialitäten” Gulasch mit Salzkartoffeln und
Salat, Roulade sowie Sauerbraten mit Klößen und Rotkohl.
“Früher
hatten wir nur das Gulasch, aber als der BSE-Skandal anfing, haben wir
die Speisekarte ausgeweitet. Und das läuft immer noch gut”, sagt Thomas.
Im Gegensatz zu Straußen-Steak: Das haben sie nach dem BSE-Skandal
wieder von der Karte genommen.
Die Pferde, die Janßens in einem
privaten Schlachthof schlachten lassen, kommen aus der Umgebung. Es
seien Reitpferde oder auch mal ein Fohlen, das schief auf den Beinen
steht. Rennpferde seien nur sehr selten dabei. Die hätten dann wie jedes
andere Pferd auch einen Pass mit veterinärmedizinischen Daten. In dem
steht auch, ob das Tier zur Schlachtung bestimmt ist oder nicht. “Es
gibt da ganz strenge Kriterien”, versichert die Pferdemetzgerin.
Autor: Redaktion / dapd