Schanghai – Expo-Gastgeberin zwischen altem Charme und futuristischer Skyline

Die Skyline von Shanghai / copyright: Olaf Jahn/ ddp
Die Skyline von Shanghai
copyright: Olaf Jahn/ ddp

Die Gastgeberstadt der Expo 2010 (bis 31. Oktober) verkörpert den Aufstieg und die Modernisierung Chinas. Das Expo-Motto wirkt da auf den ersten Blick wie für Schanghai maßgeschneidert: Better City, Better Life.

Der Huangpu fließt gemächlich in Richtung Jangtse-Delta. Wie an einer Perlenschnur aufgezogen, ziehen auf ihm Schiffe am Bund, der kolonialen Prachtstraße Schanghais, vorbei. Lastkähne schippern Kohle in Richtung Meer oder bringen Kiesel in das Landesinnere. Dazwischen Ausflugsdampfer, manchmal auch größere Passagierschiffe, einige Sportboote. Von der Dachterrasse des am Bund gelegenen Restaurants «New Heights» aus gesehen, präsentiert sich diese uralte Lebensader Chinas vor einer atemberaubenden Kulisse: Dem 420 Meter hohen Jin Mao-Tower, dem daneben liegenden World Financial Center (492 Meter) sowie einer unübersehbaren Menge von Büro- und Wohntürmen.

Am Bund zeigt sich in einzigartiger Weise das Nebeneinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Kolonialbauten stammen teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert, als Staaten China militärisch zur Öffnung etlicher Häfen, darunter Schanghai, für den Handel zwangen. Damals war das Land dem Westen praktisch hilflos ausgeliefert. Heute wehen über allen Gebäuden stolz rote chinesische Nationalflaggen, während die atemberaubende Skyline am anderen Flussufer den Aufstieg der Volksrepublik zu einer Weltmacht symbolisiert.

Der Spaziergang an dieser Flusspromenade ist der ideale Beginn für einen Besuch in Schanghai. Er führt automatisch vorbei am soeben renovierten Peace Hotel, in dem die legendäre, aus inzwischen über 70jährigen Musikern bestehende Old Jazz Band, schon vor den US-Präsidenten Jimmy Carter und Ronald Reagan gespielt hat. Das Gebäude steht direkt am Beginn der Nanjing Donglu, der glänzenden Einkaufsmeile Schanghais. Wer darauf keine Lust hat, kann etwa gegenüber dem Hotel den sogenannten Sightseeing Tunnel (Waitan Guanguang Suidao) auf die andere Flusseite benutzen. Die Bahnfahrt ist mit einer schrillen Lichtschau verbunden, die je nach Geschmack als faszinierend oder kitschig ankommt.

Der Weg nach Pudong lohnt sich schon wegen des World Financial Centers, von dem aus sich ein fantastischer Überblick über die Stadt bietet. Die Preise variieren, je nach angestrebtem Stockwerk, zwischen umgerechnet etwa 10 und 15 Euro. Besonders beliebt bei Reisenden ist die 94. Etage. Dort gibt es unter anderem hochmoderne Toilettenbereiche, von denen Besucher nebenbei durch Fensterwände auf Schanghai hinabsehen können.

Ein Kontrastprogramm dazu bietet die Umgebung des Museums der jüdischen Flüchtlinge (Jewisch Refugees Museum) an der Changyang Straße im Stadtbezirk Hongkou. An mehreren Stellen ist – vor dem Hintergrund moderner Bürogebäude – der umfangreiche Abriss alter Wohnhäuser zu betrachten. An der Hausnummer 138 finden Besucher den Eingang zu einem Gebäudekomplex, in dem von 1939 an Flüchtlinge untergebracht wurden. In dem großen Innenhof spielt sich heute chinesischer Familienalltag ab, mit spielenden Kindern, über sie wachenden Großeltern, quer über die Wege gespannten Wäscheleinen und langen Reihen geparkter Mopeds. Das nur wenige Schritte weiter gelegene Museum beleuchtet mit einem kurzen Film und der Darstellung von Einzelschicksalen das Leben der vor dem Nationalsozialismus geflüchteten Menschen.

Wer anschließend noch die Kraft hat, durch die ehemalige französische Konzession mit ihren alten Villen zu spazieren, sollte sich einen Besuch im Lost Heaven gönnen. Dieses vor allem von etwas besser verdienenden Chinesen und in Schanghai lebenden Ausländern besuchte Restaurant (Gao You Straße 38) besteht aus drei Etagen. Im Erdgeschoss können Gäste in einer in Rot gehaltenen Lounge bei einem Cocktail auf einen freiwerdenden Tisch warten. Im darüber liegenden Restaurant werden Spezialitäten aus dem Süden Chinas serviert.

Die Auswahl an Sehenswürdigkeiten in Schanghai ist groß. Sie reichen vom wunderschönen Longhua-Tempel im Südwesten, über den Yu-Garten mit seinen Pavillons, Teichen und Hallen aus der Zeit der Ming- und Qing-Dynastien bis zum Schanghai-Museum (Klassische chinesische Kunst) am People’s Square.

Besonders lohnenswert ist auch der Besuch einer der Wasserstädte außerhalb der Stadt. Im Gegensatz zu anderen Orten ist Jinxi, an der Grenze zwischen Schanghai und der Provinz Jiangsu, noch weniger von Touristen überlaufen. Hier können sich Besucher über Kanäle schippern lassen oder in den Gassen des Ortes einen Hauch des alten Chinas erahnen.

Viele der schönen Kanalbrücken stammen noch aus der Zeit der Ming-Dynastie (1368 – 1644). Gäste können von Teehäusern aus den Blick auf das Wasser genießen oder in dem kleinen Erotikmuseum die früheren Wunschträume vor allem chinesischer Männer betrachten. Die Abfahrtszeiten- und Orte der Busse nach Jinxi lassen sich in der Regel über die Hotels herausfinden. Die Fahrten geben nebenbei einen Eindruck von der Ausdehnung Schanghais. Und sie zeigen, wie sich die Stadt mit Beleuchtungen von Hochhäusern, neuen Verkehrssystemen und Tausenden spezieller Expo-Taxis (mit grünen und gelben Lackierungen aufgepeppte VW-Tourans) auf die Weltausstellung vorbereitet hat.

Um einen guten Eindruck von Schanghai zu erhalten, sollten mindestens drei Tage eingeplant werden. Wer Fahrten in die Umgebung oder Expo-Besuche plant, sollte sich eher vier bis fünf Tage Zeit nehmen.

Weitere Infos:

Nach dem ersten Opiumkrieg (1839 – 1842) und der von westlichen Mächten erzwungenen Öffnung mehrerer Häfen für den Handel begann für China eine als Schmach empfundene Ära der Fremdbestimmung. Die Kolonialbauten am Bund in Schanghai sind Überreste dieser Zeit. In die Zukunft dagegen weist die beeindruckende Skyline aus Büro- und Wohntürmen, die sich längst mit der Konkurrenz in Hongkong und New York messen kann.

Anreise: Flüge von Frankfurt nach Schanghai bieten beispielsweise Lufthansa, Air China und Cathay Pacific, je nach Termin, ab etwa 1000 Euro an.

Visa: Chinareisende brauchen ein Visum. Erhältlich ist es bei der chinesischen Botschaft in Berlin sowie bei den Konsulaten in München, Frankfurt und Hamburg. Visa für eine einmalige Einreise kosten 30 Euro, für zweimalige Einreisen 45 Euro. Wer sein Visum bis 11.00 Uhr beantragt und am selben Tag wieder abholen möchte, muss 30 Euro extra bezahlen.

Als beste Reisezeiten gelten Frühling (vor allem der Mai) und Herbst (besonders September), da die Temperaturen dann angenehm sind und es wenig Niederschlag gibt.

Besondere Veranstaltung: Bis zum 31. Oktober ist Schanghai Gastgeber der Weltausstellung Expo, während der es zahlreiche kulturelle Angebote gibt. Expo-Infos: expo2010-deutschland.de

Internetseite der Botschaft: china-botschaft.de/det/ 

Autor: ddp-Korrespondent Olaf Jahn