Weihnachtszeit ist die schönste Zeit im Jahr, doch der Einkauf der Geschenke gestaltet sich nicht immer wirklich angenehm. Stress, Gedränge und Hetze. Dann lieber online shoppen. Sekundenschnell landet der Bestseller, der Rock oder das neue Kinderspielzeug im virtuellen Einkaufskorb und ist kurz darauf bestellt.
Shoppen per Computer ist so schön bequem und praktisch: Der Versand von Büchern bei Amazon oder Bekleidung bei Zalando ist kostenfrei, ebenso die Rücksendung.
Doch was für uns Konsumenten so attraktiv ist, hat seine Konsequenzen. Immer mehr gelbe, braune oder weiße Laster quälen sich im Schneckentempo durch die überfüllten Straßen der Stadt. Die sperrigen Kastenwagen von DHL, Hermes, UPS oder DPD behindern das Vorankommen auf den Straßen, blockieren Geh- und Radwege oder parken oft auch einfach mal mitten auf der Straße. Die anderen Verkehrsteilnehmer können ja warten. Ist ja nur für die Dauer einer mehr oder weniger schnellen Paket-Zustellung…
Der Onlineversandhandel boomt und mit ihm der Lieferverkehr. Vor allem in den Städten. Laut einer Studie des Bundesverbandes Internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK) wurden im Jahr 2013 knapp 2,7 Milliarden Sendungen verschickt. Das sind 57% mehr als im Jahr 2000. Für 2014 ist mit einem Zuwachs von 3,5% zu rechnen, das sind knapp 100 Mio. Sendungen zusätzlich. Die Paketdienste erwarten bis zum Jahr 2017 sogar einen Anstieg der Aussendungen auf über 3,1 Milliarden pro Jahr. Top für den Handel, mies für die Verkehrsteilnehmer. Denn: Nicht vergrößert haben sich zeitgleich die Breite der Straßen oder die Anzahl an Parkplätzen und Haltebuchten. Das Chaos ist perfekt, der Ärger groß.
Was tun? Das fragen sich auch die Entscheidungsträger in den Städten Deutschlands
Wir haben mit ihnen gesprochen:
- Oliver Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in Berlin, kennt die Probleme seiner Stadt, die durch vermehrten Internetversandhandel entstanden sind, nur zu gut: Das Chaos wegen Parkens in zweiter Reihe oder auf Radfahrstreifen, das zu gefährlichen Ausweichmanövern, abruptem Abbremsen oder Verkehrsunsicherheit führt. “Ich denke, man muss hier in zwei Stufen klar durchgreifen. Zuerst sollte man eine Aufklärungskampagne starten und an ausgewählten Versorgungspunkten Lieferzonen schaffen. Wenn das nichts bringt, muss die Ordnungsbehörde einschreiten.”
- Michael Kuffer, verkehrspolitischer Sprecher der CSU-Stadtratsfraktion München, sieht das ganz pragmatisch: “Der Onlinehandel ist ein zunehmender und wesentlicher Teil des modernen Handelsverkehrs, den wir auch als Kommune ermöglichen müssen. Unsere Aufgabe ist es daher, den mit dem Online-Handel zusätzlich verbundenen Lieferverkehr durch intelligente Lösungen in einen vernünftigen Ausgleich mit dem fließenden Verkehr und auch den Interessen der Anwohner zu bringen.” Sein Kollege von der SPD Dr. Ingo Mittermaier ist der Meinung, dass erhebliche Verkehrsbehinderungen durch den Lieferverkehr entsprechend der Straßenverkehrsverordnung geahndet werden müssen.
- Münchens zweiter Bürgermeister Josef Schmid, CSU, bringt zudem die Elektromobilität ins Spiel: “Die Städte sind aufgefordert, im Rahmen ihrer verkehrlichen Fortentwicklung und auch aus Gründen des Umweltschutzes darauf Rücksicht zu nehmen. Ich halte auch in diesem Bereich die E-Mobilität für eine hilfreiche Technologie. E-Lieferflotten würden die Umwelt entlasten.”
- Auch in der Stadt Köln behilft man sich mit speziellen LKW-Ladezonen, “die mit dem Zusatz ,LKW zum Be- und Entladen frei’ diese Flächen zu bestimmten Zeiten für den Lieferverkehr mit größeren Fahrzeugen vorbehalten”, so Ralph Kürschner vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik zu Mobil in Deutschland.
- Etwas ratlos gibt sich Klaus-Peter Hesse, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in Hamburg, was das steigende LKW-Aufkommen in der schönen Hansestadt aufgrund des Online-Booms angeht: “Hamburg hat in den letzten Jahren Parkraum vernichtet und somit den umweltschädlichen Parksuchverkehr erhöht. In der Folge hat zunehmend auch das Parken in zweiter Reihe zugenommen. Schlecht koordinierte Baustellen führen zudem zu immer mehr Staus, unter dem auch der Wirtschaftsverkehr leidet.”
Sind die Überlegungen der Städte praxisorientiert? Welche Lösungsansätze benötigen die Transportunternehmen selbst?
Mobil in Deutschland hörte sich bei DPD, Hermes und DHL um:
Peter Rey von DPD schildert die Probleme seines Unternehmens so: “In vielen Innenstädten haben wir Zufahrtsbeschränkungen und können zu bestimmten Zeiten nicht mit bestimmten Fahrzeugen einfahren. Und ja, es kann durchaus vorkommen, dass unsere Zusteller bei hohem Verkehrsaufkommen bzw. schlechter Parksituation kurz auf der Straße halten müssen.” Seine Lösungsansätze: “Ich wünsche mir Park- oder Halteflächen, die privilegiert Lieferfirmen oder Paketdiensten zur Verfügung stehen. Im Gegenzug könnten wir anbieten, nur bestimmte Fahrzeugklassen oder -antriebe einzusetzen, um z.B. die Umwelt zu schonen.” Was Rey sehr begrüßt, ist der Ansatz in Köln: “Toll ist es, wenn Städte günstige Umschlagplätze wie Tiefgaragen zur Verfügung stellen, von denen aus man mit kleineren Fahrzeugen oder Lastenfahrrädern Pakete nachtankt’ und nicht immer wieder zum Depot außerhalb der Stadt zurückfahren muss.”
Auch Claudia Schanz von Hermes sieht die Notwendigkeit, dass “eine moderne City-Logistik die Interessen des Handels und der Anwohner koordiniert.” Ganz konkret stehe Hermes etwa “vor der zentralen Herausforderung, immer weniger Kunden, die berufstätig oder allein stehend sind, tagsüber zu Hause anzutreffen.” Hermes reagiere darauf, indem sie alternative Zustellservices anbieten wie die Lieferung an einen Paketshop. Ergänzend arbeitet Hermes daran, einen noch größeren Teil seiner Kunden direkt beim ersten Zustellversuch zu erreichen, indem ab sofort dem Empfänger die Ankunft seines Pakets bis auf eine Stunde genau angekündigt wird. Von der Politik wünscht sich Hermes, “dass die Kurierdienste mehr politisches Gewicht erhalten und etwa Busspuren des öffentlichen Nahverkehrs auch für den elektrisch mobilen Paketversand frei gegeben werden.”
Kein Wunder, dass bei solch engagierten Transportunternehmen deren Auftraggeber wie Zalando zufrieden sind: “Wir arbeiten in unseren 15 europäischen Märkten mit 11 etablierten internationalen Transportdienstleistern zusammen und können auf eine gute und zuverlässige Zusammenarbeit schauen. Probleme gibt es bei uns nicht.” Und auch bei Amazon heißt es: “Zum Stichwort ‘Drohne’ können wir nur sagen, dass es wohl noch dauern wird, bis sich das realisieren lässt.”
“Es wird also noch dauern, bis Hightech Drohnen durch unsere Städte flitzen. Dennoch stellt die “Generation Amazon” den städtischen Verkehr vor eine ganz neue Herausforderung. Mehr und mehr. Im Gespräch mit den Beteiligten und der Politik fanden wir zwar heraus, dass es durchaus Bewusstsein für die Problematik gibt. Ob dieses Thema wirklich effizient angegangen wird, bleibt abzuwarten”, so Dr. Michael Haberland, Präsident von Mobil in Deutschland e.V. Nur eines ist sicher: “Das nächste Weihnachtsfest kommt bestimmt und mit ihm viele Online-Bestellungen. Damit ist für eine schöne Bescherung gesorgt.”
Alle weiteren Informationen finden Sie online unter www.mobil.org
Autor: Redaktion / Mobil in Deutschland e.V.