Plüschtier in Blutlache – Kölner «Tatort» widmet sich Scheidungskrieg und seinen Opfern

Die Kölner 'Tatort'-Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, l) und Freddy Schenk (Dietmar Bär). / copyright: WDR/Jens van Zoest
Die Kölner ‘Tatort’-Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, l) und Freddy Schenk (Dietmar Bär).
copyright: WDR/Jens van Zoest

Eine junge Frau liegt tot im Innenhof einer Kölner Wohnanlage, neben ihrem Kopf ein weißes Plüschspielzeug in einer großen Blutlache. Reichlich plakativ gerät der Auftakt zum Kölner “Tatort – Schmale Schultern” am Sonntag (12. September, 20.15 Uhr) im Ersten.

Die Krankenschwester Regina Scheffler war schon vor dem Sturz von ihrem Balkon tot, erschlagen mit einem Reisesouvenir aus Paris. Unbekannte haben ihre Wohnung mit einem großflächigen Graffiti beschmiert.

Jens Otten (Pierre Besson), der Verlobte des Opfers, ist fassungslos. Die Einladungen zur Hochzeit des Paares sind schon gedruckt, berichtet er den Kommissaren Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär). Die Beziehung war für den Bauzeichner die Chance für einen Neuanfang. Seit Jahren führt Otten einen Kleinkrieg mit seiner psychisch labilen Ex-Frau Claudia (Nina Petri) wegen der Unterhaltszahlungen für sie und die beiden gemeinsamen Kinder. Die Heirat mit Regina Scheffler hätte ihn dank des neuen Scheidungsrechts von einigen finanziellen Verpflichtungen entbunden.

Jugendliche Graffiti-Sprayer unter Mordverdacht

Ottens 15-jährige Tochter Laura (Michelle Barthel) hat kaum noch Kontakt zu ihrem Vater und war auf seine Freundin nicht gut zu sprechen, auch das Verhältnis zu seinem siebenjährigen Sohn Benjamin (Mateo Wansing Lorrio) ist völlig zerrüttet. Als Schenk herausfindet, dass das Graffiti in der Wohnung des Opfers von Lauras Freund Patrick Cosca (Ben Unterkofler) gesprüht wurde, werden die beiden Jugendlichen zu Hauptverdächtigen.

Doch auch Patricks Vater, Ralf Cosca (Thomas Sarbacher), kannte die Ermordete besser, als er zunächst zugeben will. Das Opfer war zum Zeitpunkt seines Todes im dritten Monat schwanger. Als sich herausstellt, dass das Kind nicht von ihrem Verlobten stammt, haben die Kommissare mehr Verdächtige, als ihnen lieb ist.

Schenk hat auch Stress in der eigenen Familie. Bei seiner alleinerziehenden Tochter Melanie (Karoline Schuch) ist ein arbeitsloser Surflehrer eingezogen. Weil der misstrauische Kommissar den neuen Freund überprüft, gibt es Ärger zwischen Vater und Tochter, bis Melanie kurz entschlossen die Heirat mit dem Urlaubsflirt androht.

Für seine erste Regie in der “Tatort”-Reihe hat sich Christoph Schnee ziemlich schwere Kost ausgesucht. Dabei kann er sich vor allem auf ein glänzendes Schauspieler-Ensemble verlassen. Besonders Nina Petri und Pierre Besson liefern als Ex-Eheleute, die am Scheitern ihrer Beziehung zerbrochen sind, eine furiose Leistung ab. Allerdings findet Schnee nicht immer eine zeitgemäße Bildsprache für das schwierige Innenleben seiner Figuren, sodass manche Szenen von “Schmale Schultern” doch sehr an ein gesellschaftskritisches Fernsehspiel der 1970er Jahre erinnern.

Melodramatisches Ende

Dazu lässt der erfahrene Köln-“Tatort”-Autor Jürgen Werner seine Protagonisten schon mal arg ausgiebig über die Tücken des neuen Scheidungsrechts dozieren. Latent lauert der Sozialkitsch, wenn man die Verstörtheit eines siebenjährigen Scheidungskindes an dessen wiederkehrender Blasenschwäche und dem hartnäckigen Einsatz eines für ARD-Verhältnisse ziemlich derben Schimpfworts festmacht. Das melodramatische Finale und die arg bemüht wirkende Aufklärung des Falls befremden ebenfalls.

Die wenigen heiteren Momente gehören diesmal Max Ballauf, dessen Faible für exklusiven Spitzenkaffee einen unappetitlichen Dämpfer erhält. Behrendt freute sich bei diesem “Tatort” besonders über das Wiedersehen mit Nina Petri, mit der er 1989 gemeinsam für die Bergarbeitersaga “Rote Erde 2” vor der Kamera gestanden hatte.

Weitere Infos unter: www.daserste.de/tatort

Autor: ddp