Verwahrlost unser Wohnumfeld in Köln?

Verwahrlost unser Wohnumfeld in Köln? / copyright:  Dirk Tucholski/ pixelio.de
Verwahrlost unser Wohnumfeld in Köln?
copyright: Dirk Tucholski/ pixelio.de

Ein Kommentar von Hans-Werner Bartsch (Bürgermeister der Stadt Köln): In der bevorstehenden Urlaubszeit bereisen viele Kölner die Metropolen im In- und Ausland. Viele von ihnen kommen mit dem Eindruck zurück, dass es dort zumeist sauberer und aufgeräumter ist als in unserer Heimatstadt. Sie haben Recht!

Mit Sorge sehe auch ich die Entwicklung der zunehmenden Vermüllung in unseren Veedeln durch die unsachgemäße Entsorgung privaten Unrats. Nach Wikipedia ist Verwahrlosung ein Zustand, in dem die Mindesterwartungen, die unsere Gesellschaft an eine Person, ein Tier oder eine Sache stellt, nicht erfüllt werden. Und leider erleben wir diesen Zustand zunehmend an vielen Stellen in unserer Stadt.

Wir wissen zwar, dass der Dreck nun mal nicht vom Himmel fällt, dennoch scheint es so, dass Teile unserer Gesellschaft uns dies Glauben machen möchten. Sie entsorgen ihren Müll, ihre nicht mehr brauchbaren Möbel und ihre Verpackungen anonym und ungesehen in den öffentlichen Raum.

Die Verantwortung für ihr Hab und Gut geben sie damit an die Allgemeinheit ab. ‘Sollen die doch sehen, wie sie damit klarkommen‘, scheinen sie zu denken. ‘Schließlich zahlen wir Steuern!‘ Ein Irrglaube und eine fatale Haltung für unsere Gesellschaft, denn durch diese Verhaltensweise rutschen Wohnviertel und ganze Stadtteile immer weiter in eine Verwahrlosung ab.

Der erste Schritt ist immer ein ganz kleiner und scheinbar harmloser, wie auf dem Foto zu erkennen ist. Man sieht ein Sofa, das nicht mehr gebraucht und einfach vor die Tür gestellt wird. ‘Das wird schon noch abgeholt‘, hört man auf Nachfragen. Da sich aber zunächst keiner darum kümmert, steht es dort Tag für Tag und manchmal wochenlang.

Das Umfeld gewöhnt sich an den Anblick. Ein gepflegtes Umfeld, in dem wir uns alle wohlfühlen, sieht allerdings anders aus! Es ist geprägt von Rücksichtnahme auf den Nächsten. Denn jeder weiß: Dreck zieht nun mal Dreck an. Und damit bleibt es eben nicht nur beim Sofa, sondern dazu kommt schnell noch ein Tisch, ein Fahrrad, eine Stehlampe, Matratzen und, und, und.

Der Müllberg wächst und damit auch der Unmut derer, die noch an Sauberkeit und Ordnung glauben. Und irgendwann macht sich Resignation breit. Die Menschen verzweifeln, denn sie sind müde geworden, die Werte von „früher“ weiter einzufordern.
Was bleibt?

Die, die es sich leisten können, verlassen diese Wohnviertel und suchen sich welche, in denen die Tugenden Ordnung und Sauberkeit sowie ein vernünftiges und verantwortliches Umgehen miteinander noch Bestand haben und auch gepflegt werden. Damit aber kippen ganze Stadtteile und werden letztlich zu Ghettos mit schlechtem Ruf.
Dabei wäre es doch wirklich so einfach: Anders als in anderen Städten gibt es im Kölner Stadtgebiet verteilt diverse Entsorgungsstationen, die Müll und Unrat kostenlos annehmen. Darüber hinaus gibt es den Sperrmüll, der ebenfalls kostenlos die nicht mehr gebrauchten Möbel und Kleinteile sogar vor der eigenen Haustür abholt. Also, einfacher geht es doch nicht!
Die Bläck Fööss beschreiben es sehr eindrucksvoll in ihrem Song „Dat Wasser vun Kölle es jood“. Darin heißt es: 

„. . . Dat es jetz üch – et jelobte Land
He künnt ihr klüngele, bütze, singe un fiere
Ävver halt’ mer all die Sache öm Joddeswelle en Ihre
Un maat och nit nur ei Deil dovun kapott
Denn ihr weißt, ich sin alles
Un dann nemm ich et üch widder fott!“

Ich bin der Meinung: Lassen wir es nicht soweit kommen! Nutzen wir die Möglichkeiten, die uns seitens der Stadt und der Abfallwirtschaftsbetriebe für eine saubere Stadt angeboten werden und richten uns damit auch wieder etwas mehr nach den Werten unserer Eltern und Großeltern. Denn diese sind doch die Grundlage dafür, dass unser Land zu dem geworden ist, was es heute ist: Ein lebenswerter Raum für eine Gesellschaft, die keinen im Regen stehen lässt. Auch nicht den, der noch an Werte glaubt!

Es grüßt herzlich,

Hans-Werner Bartsch
Bürgermeister der Stadt Köln

Autor: Hans-Werner Bartsch Bürgermeister der Stadt Köln