Dynamische Spielzüge, schnelles Umschalten, harte Zweikämpfe und voller Körpereinsatz – das wollen wir von der deutschen Elf in Brasilien sehen. Ob es für den ersten Platz reichen wird, hängt von verschiedenen Dingen ab.
Unter medizinischen Aspekten jedoch vor allem vom Kniegelenk, denn bei Fußballern ist das Knie das am meisten beanspruchte Gelenk. Es ist extremen Belastungen ausgesetzt.
Dr. Peter Feldmann, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie am Katholischen Klinikum Essen, betreut seit einigen Jahren Fußballer aus dem Raum Essen, die sich beim spielen verletzt haben. Das Kath. Klinikum Essen betreut über unterschiedliche Kooperationen
Amateurfußballer in Essen, die sich bei jeglichen Sportverletzungen an Dr.
Feldmann wenden. Im Rahmen dieser Kooperationen hat Dr. Feldmann festgestellt,
dass bei Amateuren die Zahl der Verletzungen kurz vor und während einer
Fußball-WM steigt – die Motivation der Profis spornt eben alle an. Er hat mit uns über die wichtigsten Fußballverletzungen gesprochen.
CityNEWS: Dr. Feldmann, Sie betreuen viele regionale Fußballer in Essen und haben einen guten Einblick in deren Verletzungen bekommen. Was ist die häufigste Knieverletzung bei Fußballern?
Dr. Feldmann: Zu den häufigsten schweren Knieverletzungen bei Fußballern gehört definitiv eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Das vordere Kreuzband trägt einen wesentlichen Anteil zur Stabilität des Gelenks bei und ist deshalb das wichtigste Band des Kniegelenks. Ein Kreuzbandriss entsteht oft dann, wenn sich das Knie verdreht oder nach innen wegknickt. Bei Fußballern passiert das oft bei einer Landung nach einem Kopfball oder beim Abbremsen nach einem Sprint. Aus vergangenen Fällen weiß man, dass diese Ruptur langwierige Ausfallzeiten nach sich ziehen kann.
CityNEWS: Sie sprechen von langen Ausfallzeiten. Wie lange dauert die Heilung nach einer Kreuzbandverletzung in der Regel?
Dr. Feldmann: Bei einem Kreuzbandriss wird bei Profi-Fußballern häufig ein operativer Ersatz durchgeführt; dabei wird meistens eigenes Sehnengewebe verwendet, das an anderer Stelle entnommen wird. Bis dieses vollständig eingeheilt ist, dauert es etwa drei Monate. Danach folgt das Muskelaufbau- und Koordinationstraining, das ebenfalls zwei bis drei Monate Zeit beansprucht. Bei einem optimalen Heilungsverlauf können Profi-Spieler also nach ungefähr sechs Monaten wieder ins Mannschaftstraining zurückkehren. Die schnelle Genesung liegt zu einem großen Teil auch am individuellen und intensiven Training, das ihnen, im Vergleich zu ihren Amateurkollegen, zuteil wird.
CityNEWS: Bei Mario Gomez und Sami Khedira war das Innenband verletzt. Wie entsteht ein Innenbandriss und wie aufwendig ist die Therapie?
Dr. Feldmann: Das Innenband verläuft an der Innenseite des Knies und verbindet dort den Ober- mit dem Unterschenkel. Beim Abknicken, Rotieren oder bei Krafteinwirkung auf die Außenseite des Knies, bei gleichzeitig fixiertem Fuß, kann es reißen. Die Therapie richtet sich nach der Komplexität der Ruptur. Bei Innenbandrissen, die mit einer hohen Instabilität des Knies einhergehen, ist eine OP oft unumgänglich. In weniger dramatischen Fällen werden die Spieler mit Physiotherapie, Kräftigungsübungen und Ausdauertraining wieder an ihr vorheriges Leistungsniveau herangeführt. Aus meiner Erfahrung dauert die Rückkehr ins Fußballtraining zwischen sechs und acht Wochen – wenn keine Operation erforderlich ist.
CityNEWS: Welche weiteren Knieverletzungen treten bei Fußballern auf und wann?
Dr. Feldmann: In starkem Maße verletzungsanfällige Strukturen am Knie sind der Innen- und Außenmeniskus. Diese sichelförmigen Knorpel befinden sich zwischen dem Unter- und dem Oberschenkelknochen. Dort federn sie starke Kräfte ab und verteilen den Druck, der durch sportliche Belastung im Knie entsteht. Bei Bewegungen, bei denen Druck und Drehung im Knie gleichzeitig auftreten, können die Fasern des Meniskus reißen. Auch Stop-and-Go-Bewegungen sowie abrupte Richtungswechsel können Meniskusverletzungen verursachen. Wie bei allen Verletzungen hängt auch die Heilungsprognose bei Meniskusrissen von der Art und Schwere der Verletzung ab, ist in der Regel jedoch gut. Es ist erfahrungsgemäß mit Ausfallzeiten von vier bis acht Wochen zu rechnen. Die Therapie ist sehr häufig operativ. Im Rahmen einer Arthroskopie wird dabei das gerissene Meniskusgewebe entweder genäht oder aber entfernt.
CityNEWS: Werden unsere Nationalspieler trotz ihrer Knieverletzungen beim diesjährigen Fußballereignis einsatzfähig sein?
Dr. Feldmann: Alle knieverletzten deutschen Nationalspieler werden individuell und auf höchstem medizinischem Niveau versorgt. Durch ihre starke Beinmuskulatur, ausgeprägte Koordination und Ausdauer sowie ihre hohe Motivation haben sie die besten Voraussetzungen für eine schnelle und vollständige Heilung.
CityNEWS: Das heißt wir haben trotz Verletzungen Chancen auf den Titel?
Dr. Feldmann: Ich hoffe sehr, dass möglichst viele unserer Stammspieler ihre Verletzungen bis zum Cup auskuriert haben werden. Endgültig werden wir aber erst zum Turnierbeginn wissen, wer spielt und wer nicht. Abgesehen davon, hängt ein Sieg ja nicht nur von gesunden Spielern, sondern von weitaus mehr ab. Ich drücke jedenfalls fest die Daumen, so wie wahrscheinlich jeder, und freue mich auf ein tolles Event!
Dr. Feldmann ist
selbst passionierter Fußballer. Er tritt beispielsweise mit der Mannschaft des
Kath. Klinikums Essen beim Maredo Cup am 24.06. in Essen an. Dort wird er in
den Spielpausen und nach dem Turnier außerdem am Beratungsstand des Klinikums
zum Thema Sportverletzungen informieren.