Jede Jeck is anders – Ein Streifzug durch den deutschen Karneval

Köln lebt sein Motto 'Jede Jeck is anders' wahrlich aus. / copyright: Henning Kaiser/ ddp
Köln lebt sein Motto ‘Jede Jeck is anders’ wahrlich aus.
copyright: Henning Kaiser/ ddp

Millionen von Menschen stürzen sich an Karneval bunt verkleidet in das wilde Treiben. Doch vielen sind die historischen Wurzeln des Spektakels nicht mehr bewusst. Oder wissen Sie wo das “Kölle Alaaf” seinen Ursprung hat? Bei CityNEWS haben wir Wissenswertes, Interessantes und vieles mehr rund um die fünfte Jahreszeit!

So leitet sich der “Rosenmontag” nicht etwa von den gleichnamigen Blumen ab, sondern von “rasen”: Direkt vor Beginn der Fastenzeit (“Fastnacht”) wollten die Menschen seit alters her das Leben noch einmal auskosten – manchmal bis zur Raserei. Auch der Begriff Karneval könnte einen kirchlichen Bezug haben: Das lateinische “carne vale” heißt nämlich übersetzt “Fleisch, lebe wohl”. Möglicherweise weist das Wort Karneval auch weit zurück in die Antike: Schon die Römer zogen zu Festlichkeiten einen Schiffskarren (“carrus navalis”) durch die Straßen.

In Deutschland mischten sich germanische, römische und kirchliche Einflüsse – mit recht unterschiedlicher Gewichtung: In der süddeutschen Fasnet sind heidnische Winteraustreibungs- und Fruchtbarkeitsriten noch deutlich spürbar. Dagegen dominieren beim Münchner Fasching vor allem rauschende Ballnächte. Entlang des Rheins tobt der Sitzungs- und Straßenkarneval. Dieser hat sich in seiner heutigen Form in den letzten 190 Jahren entwickelt. So gab es 1823 in Köln weder ein Dreigestirn, noch einen Prinzen, sondern einen “Helden Carneval”. Und in Mainz riefen die Narren noch 1934 “Hoch!” oder “Hurra!”. Erst 1935 wurde dann “Helau!” gerufen. Das Wort ist möglicherweise eine Verballhornung des kirchlichen Halleluja. Demgegenüber leitet sich “Kölle Alaaf!” von “Coellen all aff!” (“Köln über alles!”) ab.

Hintergründiges zum Karneval

“Herr P-P-Präsident de Woosch!” So klingt es dieser Tage im Kölner “Hänneschen-Theater”, wenn statt eines Karnevalsordens stolz ein Kringel Blutwurst präsentiert wird. Das Puppenspiel am Eisenmarkt im Zentrum der Domstadt führt jedes Jahr seine eigene Karnevalssitzungen auf – wochenlang. Und wie immer sind alle Vorstellungen innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Auch für entsprechende Veranstaltungen in der Oper und selbst in der bis zu 20.000 Besucher fassenden “Kölnarena” reichen mehr als ein Dutzend Termine häufig nicht aus, um die Nachfrage zu befriedigen.

Köln lebt sein Motto “Jede Jeck is anders” wahrlich aus: Da gibt es natürlich international bekannte Attraktionen wie den Rosenmontagszug, einen Lindwurm von über sechs Kilometern Länge mit Tausenden von Teilnehmern und Hunderttausenden von Zuschauern. Und selbstverständlich werden die Schwerpunkte des Straßenkarnevals am “Wieverfastelovend”, dem Karnevalsdonnerstag, wieder völlig überfüllt sein. Da tobt es in der Altstadt genauso wie im Studentenviertel rund um die Zülpicher Straße, im südlichen “Vringsveedel”, am Friesenplatz oder in Ehrenfeld. Manchem ist es in den letzten Jahren etwas zu heftig und alkohollastig geworden – weshalb dem Nicht-Kölner empfohlen sei, sich einem ortskundigen Bekannten oder Freund anzuschließen.

Daneben gibt es eine Reihe von ganz unterschiedlichen Möglichkeiten, am Kölner Karneval teilzunehmen: Der professionelle Männergesangverein “Cäcilia Wolkenburg” hat beispielsweise über Wochen die Oper fest im Griff und führt ein karnevalistisches Singspiel in kölscher Sprache auf. In der “Kölnarena” finden sich allabendlich Zigtausende zusammen, um den musikalischen Stars des Karnevals einen Abend lang zuzuhören. Wobei “zuhören” eigentlich das falsche Wort ist, weil sie die Texte ohnehin alle kennen, mitsingen, die Lieder zelebrieren – ein wogendes Meer schunkelnder Menschen. Natürlich gibt es seit den 80ern den alternativen Karneval mit seinen “Stunksitzungen”.

Kölner im Exil

Weil ihnen all diese Veranstaltungen fehlen, haben in München vor elf Jahren einige Exil-Kölner den “Köln Münchner Karnevalsverein” (KMKV) gegründet. Im Jahr ihres närrischen Jubiläums feiern sie mit wahrscheinlich 1.200 Besuchern die “größte original kölsche Karnevalsparty außerhalb des Rheinlands”. Ein weiterer Botschafter des Rheinlandes in München ist der “Kölner Abend” im “Max & Moritz” am Maximiliansplatz 5. Dort tobt am 7. und 21. Februar der Bär.

Ansonsten bietet die bayerische Hauptstadt natürlich auch ihren eigenen Fasching, der sich häufig in feinerem Rahmen in Ballsälen abspielt. Bekannte Bälle gibt es unter anderem im “Bayerischen Hof” oder im “Deutschen Theater”. Auch der Bayerische Rundfunk veranstaltet eine ganze Reihe von Partys und Bällen. Eine lange Tradition haben in München die “Weißen Feste” in der Max Emanuel Brauerei, von denen es in diesem Jahr zwölf gibt. Ebenso traditionell ist der “Tanz der Marktweiber” auf dem Viktualienmarkt. Dieser Höhepunkt des Straßenfaschings findet am Karnevalsdienstag um 11.00 Uhr statt. Hinzu kommt in diesem Jahr ein etwas selteneres Highlight, weil es in der Regel nur alle sieben Jahre zu sehen ist: Noch bis zum 21. Februar tanzen die “Schäffler” wieder durch München. Dieser Brauch der Fassmacher hat seinen Ursprung im Jahr 1517 und sollte damals die Münchner von den Schrecken einer gerade überstandenen Pest-Epidemie ablenken.

Nachdem München 35 Jahre ohne Faschingsumzug auskommen musste, wurde diese Tradition 2006 von den “Damischen Rittern” wiederbelebt. So ziehen in diesem Jahr am 5. Februar ab 13.00 Uhr zum siebten Mal bunte Gruppen durch die Innenstadt. Von Faschingssonntag bis -dienstag sind an den zentralen Plätzen Stachus und Marienplatz Bühnen aufgebaut, auf denen Radiosender und zahlreiche Faschingsgesellschaften für Stimmung sorgen.

Im Südwesten feiert man Fasnet

Eine ganz andere Stimmung herrscht derweil im Südwesten Deutschlands in der Alemannischen Fasnet. Diese startet im Gegensatz zum Rheinischen Karneval häufig erst am 6. Januar. Die heiße Phase beginnt dann am “Schmotzigen Dunschtig” (Schmutziger Donnerstag, in diesem Jahr am 16. Februar) beziehungsweise am Abend davor.

In Basel dürfen die Narren sogar noch einige Tage länger feiern als anderswo: Die “drey scheenschte Dääg” (drei schönsten Tage) sind für viele Basler der unbestrittene Höhepunkt des Jahres. Am Montag nach Aschermittwoch erwacht die Stadt bereits um vier Uhr morgens mit dem traditionellen “Morgenstraich” zum Leben. Ein überwältigendes Erlebnis, wenn plötzlich die Lichter in der Stadt erlöschen und die fantasievollen, bunten Riesenlaternen die Straßen in ein geheimnisvolles Licht tauchen. Akustisch untermalt wird die Veranstaltung durch die vielen Cliquen, Guggenmusiker, aber auch einzelnen Paare mit Flöten oder Trommeln, die in der Altstadt umherziehen.

Dass in Mainz ebenfalls heftig Karneval gefeiert wird, ist allgemein bekannt. Auch dort gehen die Angebote weit über die im Fernsehen ausgestrahlten Sitzungen um Umzüge hinaus. Das diesjährige Motto lautet: “Dem Zeitgeist närrisch auf der Spur – mit Mainzer Fassenachtskultur”. Die Altweiberfastnacht wird traditionell am Mainzer Fastnachtsbrunnen eröffnet. Wer schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf den Rosenmontagszug genießen möchte, sollte am Sonntag zuvor die Parade der närrischen Garden durch die Innenstadt (ab 11.11 Uhr) und die Ausstellung der Motivwagen nicht versäumen.

Hoppeditz-Erwachen in Düsseldorf

Wie in Mainz startete die Session in Düsseldorf mit dem Erwachen des “Hoppeditz”, der traditionellen Figur der NRW-Hauptstadt, am 11. November um 11.11 Uhr. Am Altweiberfastnacht stürmen dann die “Möhnen”, die alten Frauen, das Rathaus. Anschließend wird in den umliegenden Kneipen der Altstadt bis in den frühen Morgen hinein gefeiert. Eine Düsseldorfer Besonderheit ist der Tuntenlauf am 18. Februar: Als Frauen verkleidete Männer rennen um die Wette und müssen dabei so manches Hindernis nehmen – je leichter bekleidet, desto besser und das bei Wind und Wetter. Am Karnevalssonntag treffen sich dann alle auf der Königsallee zum Schunkeln und Flanieren. Der “Zoch” am Rosenmontag setzt sich in diesem Jahr bereits um 12:30 Uhr in Bewegung, da sich der Zugweg geändert hat.

Auch in Berlin ist der Karnevalsumzug wieder eingeführt worden, nachdem mit der Bundesregierung auch viele Rheinländer in die Hauptstadt kamen. Mittlerweile säumen Hunderttausende die Strecke. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass es im Gürtel um Berlin schon vorher eine lange Karnevals-Tradition gab. Ganz zu schweigen von Cottbus mit dem größten ostdeutschen Karnevalsumzug vor dem Neustart in Berlin. Wie sehr der Karneval auch in der Metropole mittlerweile wieder etabliert ist, kann man an den Veranstaltungen der Kultkneipe “Ständige Vertretung” (StäV) sehen: Während vor einigen Jahren noch im Hause selbst gefeiert werden konnte, füllen mittlerweile bis zu 1.500 Besucher den 2BE-Club in Berlin-Mitte. Dort gibt es an Weiberfastnacht und Rosenmontag große Veranstaltungen.

Ein Geheimtipp sei hier noch am Ende erwähnt: Wer einmal am Karneval in Rio teilnehmen möchte, kann dies auch am Wochenende nach dem Aschermittwoch noch tun. Denn dann findet am 25. Februar in der Stadt am Zuckerhut noch einmal eine Parade der siegreichen Gruppen des diesjährigen Samba-Wettbewerbes statt. Diese Veranstaltung ist deshalb interessant, weil es einfacher und billiger ist, dafür Karten zu bekommen. Außerdem ist es nicht ganz so voll.