Erwachsene sind beim Impfschutz nachlässig

Schutzimpfung ist Kindersache - Erwachsene und Jugendliche sind beim Impfschutz wesentlich gedankenloser. / copyright: PeJo - Fotolia.com
Schutzimpfung ist Kindersache – Erwachsene und Jugendliche sind beim Impfschutz wesentlich gedankenloser.
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Schutzimpfung ist Kindersache – Erwachsene und Jugendliche sind beim Impfschutz wesentlich gedankenloser. “Unser Problem sind nicht die kleinen Kinder”, sagte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), Jan Leidel, im Interview. Sie würden verhältnismäßig gut geimpft.

Leidel äußerte den Wunsch an
Hausärzte, bei ihren Patienten regelmäßig den Impfpass auf Lücken zu
überprüfen. Von einer generellen Impfmüdigkeit in Deutschland könne man
nicht sprechen, betonte er, wohl aber von Nachlässigkeit und einer
zunehmenden Impfskepsis.

“Mir fällt immer auf, dass fast alle
Tierhalter den gelben Ausweis ihres Hundes oder ihrer Katze zur Hand
haben, aber ihren eigenen schon seit Jahren nicht mehr gesehen haben”,
sagte der Virologe. Bei Kinderimpfungen gebe es demgegenüber
mittlerweile eine gute Beteiligung. “Sie ist noch immer unzureichend bei
Meningokokken, sie reicht noch nicht ganz, was die zweite Masernimpfung
angeht, und sie ist bei der Hepatitis B verbesserungsfähig. Aber im
Großen und Ganzen ist sie schon ganz gut.”

Eine hohe Impfquote sei
vor allem wichtig bei ansteckenden Krankheiten. “Wenn sich genügend
Menschen gegen bestimmte Krankheiten impfen lassen, dann sterben diese
Krankheiten aus”, erklärte Leidel, und verwies auf das Beispiel Pocken.
Je ansteckender ein Erreger sei, desto höher müsse die Impfquote sein.
Eine an Masern erkrankte Person könne relativ viele andere Menschen
anstecken, deshalb sei eine hohe Durchimpfungsrate – etwa 96 Prozent –
nötig, um Ausbrüche zu verhindern. “Bei der Kinderlähmung würden schon
80 Prozent reichen, das ist von Krankheit zu Krankheit unterschiedlich.”

Pflichtimpfungen
einzuführen, ist Leidels Ansicht nach dennoch nicht sinnvoll. “Ich
setze auf hartnäckige Beratung und Information, die so angelegt sein
muss, dass sie auch auf die Sorgen der Eltern eingeht”, betonte er. “Ich
glaube, dass man mit einer Verpflichtung Vertrauen verliert in diese
Maßnahme und die Antihaltung verstärkt.”

Zunehmende Skepsis gegen gesamte Schulmedizin

Für
verpflichtende Impfungen haben sich Teile der Ärzteschaft
ausgesprochen. So forderte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder-
und Jugendärzte
(BVKJ), Wolfram Hartmann, einen umfassender Impfschutz
zur Bedingung für den Besuch einer Kindertagesstätte zu machen. Dazu
sagte Leidel, die Bedeutung des Kindergartenbesuchs für die Entwicklung
der Kleinen sei erwiesenermaßen groß. “Sie davon fernzuhalten, bloß weil
die Eltern eine falsche Einstellung zur Masernimpfung zu haben, ist
auch nicht die richtige Lösung.”

Nach seiner Einschätzung haben in
den vergangenen Jahren Vorbehalte gegen Impfungen zugenommen. Die
gesamte Schulmedizin werde mehr als früher mit Skepsis betrachtet, und
im Zusammenhang mit der Suche nach sanften Alternativen gebe es auch
eine kritische Einstellung zu Schutzimpfungen, sagte Leidel. Als
besonders bedauerlich bezeichnete er die relativ niedrige Quote bei der
Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV). Diese schütze effektiv nicht
nur vor Gebärmutterhalskrebs, sondern auch vor anderen durch
Papilloviren verursachte Krebsarten und Genitalwarzen. Empfohlen wird
die HPV-Impfung von der STIKO für Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren.
Die Impfquote liegt bei 30 bis 40 Prozent. “Wenn ich mir vorstelle, was
da an Leid vermeidbar wäre, dann macht mich das schon traurig”, erklärte
Leidel.

Die STIKO ist beim Robert Koch-Institut in Berlin
angesiedelt und hat die Aufgabe, Risiken und Nutzen bestimmter Impfungen
zu prüfen und abzuwägen. Dem entsprechend werden dann bestimmte
Empfehlungen gegeben.

Autor: dapd / BMELV/ MKULNV Redaktion