Le Mans und 300 SL – 1952: Die Geburt einer Legende

24-Stundenrennen von Le Mans am 14. Juni 1952 kurz nach dem Startzeichen: Die Fahrer laufen von markierten Plätzen zu ihren gegenüberliegenden Wagen. Im Vordergrund die späteren Doppelsieger im 300 SL, Theo Helfrich/Helmut Niedermayr (Zweiter Platz, Startnummer 20) und Hermann Lang/Fritz Rieß (Erster Platz, Startnummer 21). / copyright: djd/Mercedes/iPr
24-Stundenrennen von Le Mans am 14. Juni 1952 kurz nach dem Startzeichen: Die Fahrer laufen von markierten Plätzen zu ihren gegenüberliegenden Wagen. Im Vordergrund die späteren Doppelsieger im 300 SL, Theo Helfrich/Helmut Niedermayr (Zweiter Platz, Startnummer 20) und Hermann Lang/Fritz Rieß (Erster Platz, Startnummer 21).
copyright: djd/Mercedes/iPr

Ort und Datum der Geburt einer Legende liegen zumeist verschleiert im Nebel der Vergangenheit. Für den SL lassen sich, was die Geburt angeht, zwei Orte ausmachen: Stuttgart-Untertürkheim und Le Mans im Jahr 1952. Wir erzählen hier, wie alles begann.

Eine sensationelle Geschichte, die bis März eine Ausstellung in Hamburg mit einem tiefen Blick in die Geschichte des weltweit ältesten Langstreckenrennens ergänzt.

Die 24 Stunden von Le Mans zählen seit 1923 zu einem der Höhepunkte der Motorsportsaison. Le Mans ist auch der Grundstein für eine Legende: den SL. 1952 meldet die Daimler-Benz AG drei der neu entwickelten, futuristisch anmutenden Mercedes-Benz 300 SL Rennsportcoupés zu diesem geschichtsträchtigen Ausdauerrennen. Die Wettbewerberwaren erstaunt, aber nicht weiter beunruhigt, denn erstens hat Mercedes in Le Mans noch nie eine besondere Rolle gespielt, und außerdem sind die Wagen aus Untertürkheim denen der Franzosen, Bri.ten und Italiener leistungsmäßig unterlegen. 

Der werksintern W 194 bezeichnete stromlinienförmige Sportwagen mit phänomenalen cw-Wert von nur 0,25 und merkwürdigem Einstieg durch eine Klappe (die von der Unterkante der Seitenscheibe bis zur Dachmitte reichte) trat erstmals am 4. Mai 1952 bei der Mille Miglia an. In diesem bedeutenden Langstreckenrennen holte er auf Anhieb den zweiten Platz. Mit einem Dreifachsieg beim Preis von Bern kam der 300 SL erneut in die Schlagzeilen.

Ein legendärer Tag

Nun also Le Mans. Am Samstag, 14. Juni 1952 standen um 16 Uhr insgesamt 58 hochkarätige Rennwagen am Start. Bei Halbzeit waren es noch 31. Auch das SL-Team Kling/Klenk fiel aus (Lichtmaschinenschaden). Die beiden anderen SL liefen dagegen wie Uhrwerke. Vier Stunden vor Rennende drehten noch 19 Wagen ihre Runden, nach 23 Stunden noch 17, vorne führten die 300 SL uneinholbar. Die Sieger heißen Hermann Lang und Fritz Rieß mit einem Gesamtdurchschnitt von 155,575 km/h, ein neuer Rekord in der Le-Mans-Historie. Zweite waren Theo Helfrich und Helmut Niedermayr. Mit dem Doppelsieg hatte niemand gerechnet, auch nicht der Veranstalter, bei der Siegerehrung fehlte die deutsche Nationalhymne.

Den ersten und letzten Rennauftritt in Deutschland hatten die 300 SL im Rahmenrennen des Großen Preises von Deutschland am 3. August 1952 auf dem Nürburgring. Lang, Kling, Rieß und Helfrich landeten einen Vierfachsieg. Alle vier fuhren übrigens offen mit abgeschnittenen Dächern – wegen des besseren Überblicks in den unübersichtlichen Nordschleifen-Kurven.

Carrera Panamericana

Die härteste Probe wartete auf die 300 SL in Mexiko vom 19. bis 23. November1952: die 3.500 km lange Carrera Panamericana, eine Tortur für Fahrer und Autos. Die Fahrer waren Karl Kling/Hans Klenk (Startnummer 4), Hermann Lang/Erwin Grupp (3) sowie John Fitch/Eugen Geiger (6) im Spyder und “auto motor sport” Sportredakteur Günther Molter, der den Ersatzwagen (einen Spyder) betreute. Nach knapp 19 Stunden erreichten Kling/Klenk das Ziel vor Lang/Grupp als Sieger, drei Stunden schneller als der alte Rekord. Ein denkwürdiges Erlebnis hatten Kling/Klenk im Rennen: Bei voller Fahrt prallte ein Geier in ihre Windschutzscheibe, verletzte Beifahrer Klenk am Kopf. Abends wurden schnell Gitterstäbe vor die Scheibe montiert – der Wagen ist heute so im Daimler-Benz-Museum in Stuttgart zu sehen. Mit diesem Doppelsieg endete die Rennkarriere des W 194.

Mit der Sonderausstellung 24|77 präsentiert das Automuseum Prototyp in der Hamburger HafenCity/Shanghaiallee 7 (www.prototyp-hamburg.de) noch bis März 2010 von Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr den Mythos Le Mans mit historischen Fahrzeugen. Darunter auch die Le Mans-Legende 300 SL. Die Ausstellung rückt mit historischen Aufnahmen auch Fahrer, Konstrukteure und Mechaniker ins Licht.

Autor: Quelle: djd/ Achim Stahn