Stellen Sie sich vor, es wäre Ihnen möglich den Alltag auszublenden. Für diesen einen Augenblick gibt es keine Termine, keine Emails, kein Mobiltelefon, keinen Stress. Mit dem Druck, immer erreichbar und immer möglichst zeitnah reagieren zu müssen, entschwindet zeitgleich jegliche Hektik und der Alltagsstress scheint kaum noch real.
Schön wär’s – zu schön, um wahr zu sein. Trotzdem sind dies in etwa unsere heutigen Ansprüche an die “kurze Auszeit”, die wir für unseren Ausgleich brauchen: Die Entspannung sollte schnell, effektiv und unkompliziert sein, der erholsame Faktor danach dafür möglichst lang anhaltend.
So haben sich in den letzten Jahren unzählig neue Methoden zur Stressbeseitigung entwickelt, um die wachsende Nachfrage auf den unterschiedlichsten Wegen mit den verschiedensten Mitteln zu stillen. Eine neue Fitnessbewegung schwört auf den positiven Einfluss von Bewegung auf den Geist und demnach auf unser Wohlbefinden. Auch das Angebot im Wellness-Faktor ist stark angestiegen – kaum eine andere Branche kann solch einen Zuwachs verzeichnen, wie eben die Wellness-Branche. Spa heißt hier das neue Zauberwort, das sich als Oberbegriff für Gesundheits- und Wellnesseinrichtungen entwickelt hat, welche die wohltuende Kraft des Wassers nutzen (Spa steht für “sanus per aquam” und bedeutet “gesund durch Wasser”). Kein Hotel und keine Sportstätte, welche nicht versuchen ihre Gäste und Kunden mit Zusatzleistungen, wie Massagen oder der Möglichkeit des Saunierens, rundum zu versorgen. Dank des Booms lassen sich auch im Kölner Raum viele vergleichbar gute Ruhe-Oasen finden.
Übung macht den Meister: Das Entspannen muss gelernt sein
Wahrscheinlich hat sich unser Bedarf an Erholung unserem immer hektisch werdenden Umfeld angepasst oder aber wir haben es, immer eine Sekunde der Zeit hinterher laufend, schlichtweg verlernt, das Innehalten. So paradox es auch klingt, das Entspannen muss erstmal neu erlernt werden. Es bedarf ein Maß an Routine und vor allem die richtige Einstellung sowie Intensität, die wiederum individuellen Bedürfnissen angepasst sein sollte und daher bei jedem Entspannungssuchenden anders aussieht. Manch einer mag es schlicht bis spartanisch und es reicht ein langer Spaziergang an der frischen Luft, um allein mit der Natur neue Kräfte zu tanken, oder wahlweise ein ausgiebiges Bad mit Aromaölen im heimischen Bad; ein Anderer findet Ausgleich und Erfüllung in körperlicher Ertüchtigung von Meditation- über Kraft- bis zu Ausdauertraining. Und ein Dritter braucht das Ambiente luxuriöser Wellnesstempel sowie die verlockende Fürsorglichkeit, mit der man dort verwöhnt wird.
Alle drei Wege führen zum Erfolg, solange sie zum Typ Mensch passen, gerne ausgeführt werden und Freude bringen. Der Weg zur Entspannung darf nicht gezwungen sein, sonst kommt man trotz Mühe niemals ans Ziel. Workaholics, die sich nur während ihrer vier Stunden Schlaf ein Minimum an Erholung gönnen, sollten sich demnach langsam an die persönliche Auszeit herantasten, um von dem plötzlichen Nichtstun nicht in einen Ruhe-Schock zu verfallen. Exzessive Betätigungen führen nur zu neuem Leistungsdruck statt zum Ausgleich.
Immerhin bedeutet der Begriff Wellness eigentlich Wohlbefinden, gemeint ist die Kombination aus Gesundheit (Well-being) und Leistungsfähigkeit (Fitness). Wellness beschreibt den vollkommenen Zustand eines gesunden Körpers und einer ausgeglichene Psyche, vereint mit einem entspannten Geist. Auf den Alltag übertragen kann Wellness auch ganz egoistisch mit der persönlichen Zeit für sich übersetzt werden.
Denksport: Fitness und Wellness beginnen im Kopf
Aber obwohl der Begriff schnell von der Industrie dazu benutzt wurde, einzelne Behandlungen anzupreisen, ist es mit Massagen beispielsweise alleine nicht getan. Vielmehr ist mit Wellness eine ausgewogene Lebenseinstellung gemeint, die ausreichende Bewegungselemente, eine gesunde Ernährung und entspannende Elemente miteinander koppelt. Heißt: Natürlich ist Fitness gesund und wichtig. Bewegung bringt unseren Kreislauf und den Stoffwechsel auf Touren, macht unseren Kopf frei, verbessert unsere Konzentration und Motivation. Weiter ist es wissenschaftlich bewiesen, dass Sport glücklich macht, da der Körper durch die Bewegung vermehrt Serotonin und Endorphin produziert. Intensiviert wird dieser Effekt durch Aktivitäten im Freien, da Sonnenlicht als natürliches Antidepressiva gilt. Zusätzlich lässt uns Bewegung besser schlafen – nicht weil wir erschöpft in die Laken fallen, sondern weil Sport die Qualität des Schlafs, die Tiefschlaf-Phase, verbessert. Für viele ist Fitness wie eine Flucht aus dem Alltag, der aus einer Aneinanderreihung von Terminen besteht. Das Auspowern hilft, den Stress abzubauen, diesen zu verarbeiten und in einer Weise auch abzuschließen. Meditative Tätigkeiten, wie beispielsweise Yoga, hingegen helfen uns, durch vollkommene Ruhe und Besinnung auf den eigenen Körper, die Kraftreserven wieder zu füllen. Welcher Weg zur Erholung für wen der Beste ist, hängt von individuellen Vorlieben und sonstigen Arbeitsbelastung ab.
Zusätzlich helfen Wellness-Angebote enorm bei der Regeneration. Alleine der Ortswechsel wirkt psychologisch gesehen Wunder. Wellness- und Spatempel präsentieren sich als magischer und vor allem neutraler Ort; alleine schon durch das Betreten fällt ein Stück des hektischen Beruflebens mit samt der privaten Anforderungen von einem ab. Dort zählt nur das Ich. Die im Spa angebotenen Anwendungen, die sich von Massagen über Saunagänge mit speziellen Aufgüssen bis hin zu Beauty-Arrangements erstrecken, sind ganz auf die aktuellen Bedürfnisse abgestimmt. Hier kann man sich in Ruhe treiben lassen, seinen Akku auffüllen und Kraft tanken für den nächsten Arbeitstag. “Entschleunigung” nennt sich übrigens das Phänomen. Durch den kurzweiligen Standby-Modus sind wir anschließend aufnahmefähiger; angeblich soll auch das analytische Denken gefördert werden.
Also, was soll uns das sagen? Nehmen Sie sich mal eine Auszeit. Gehen Sie an die frische Luft, legen Sie sich in die Sonne, gönnen Sie sich ein Glas Wein, dazu vielleicht entspannende Musik oder ein gutes Buch… Tun Sie, was immer für Sie zum Wohlfühlen dazu gehört – und wagen Sie das bisher unmögliche: Schalten Sie Ihr Handy aus! Und plötzlich erscheint die Anfangs beschriebene Situation mit einem Male gar nicht mehr so unwirklich.
Autor: Redaktion/ Katharina Olbrisch