Ein Kommentar von Boris Raimicher zum Friedensnobelpreis für die EU

Wirtschaftsstudent Boris Raimicher äußert sich zur Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union.  / copyright: Baumeister Ing. Engelbert Hosner, EUR ING, www.bauwissen.at / pixelio.de
Wirtschaftsstudent Boris Raimicher äußert sich zur Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union.
copyright: Baumeister Ing. Engelbert Hosner, EUR ING, www.bauwissen.at / pixelio.de

Wirtschaftsstudent Boris Raimicher äußert sich zur Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union. Raimicher bezieht regelmäßig Stellung zu aktuellen und brisanten Themen, er ist also auch außerhalb der Universitätsräume aktiv und äußert seine Meinung gerne auf Online-Portalen.

Boris Raimicher:
Heute wurde die Europäische Union mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Politiker wie der Präsident des EU-Parlaments Schulz jubeln, sprechen von einer
großen Ehre und sind stolz auf die verdiente Errungenschaft der europäischen
Institution. Angela Merkel beschrieb die Vergabe als eine “wunderbare
Entscheidung”. Kommissionschef Barroso twitterte fast unmittelbar nach der
Bekanntgabe, es sei eine Ehre für alle 500 Millionen EU-Bürger.

Interessant ist jedoch, dass sich mindestens die Hälfte
aller Leserkommentare auf den Internetauftritten der verschiedenen Tageszeiten
kritisch gegenüber der Preisverleihung zeigen. Die Kommentare reichen von “lächerlich” bis hin zu “Pfeif ich drauf”. Die Verleihung des Preises an die EU
schafft Kontroverse, allerdings nicht auf öffentlich politischer, EU-gesinnter
Ebene. Dort scheint die Entscheidung unanfechtbar, hat die Europäische Union doch
bis jetzt für einen anhaltenden Frieden in Europa seit ihrer Gründung gesorgt.
Man kann sich also zu Recht fragen: Warum stößt diese Verleihung auf Individualebene,
bei den einzelnen Bürgern Europas, auf solch starke Kritik?

Boris Raimicher macht
sich an die Beantwortung der Frage

Die Antwort liegt wohl in der gegenwärtigen Krise. Zwar hat
die EU in den vergangenen Jahrzehnten ein Zusammenwachsen Europas ermöglicht
und erfolgreich vorangetrieben. Doch das Vertrauen der Bürger in die Kompetenz
der Union ist in den vergangenen Monaten geschrumpft. Zu viele Horrormeldungen
aus den Finanzmärkten, zu viel Debatte um einen möglichen Austritt Griechenlands,
zu viele Anklagen, die EU würde den wirtschaftlich schwachen Ländern unmenschliche
Spar-Maßnahmen aufdiktieren. Es mag sein, dass der Nobelpreis den bisherigen Errungenschaften
und Anstrengungen der EU entspricht. Aber dem aktuellen Gefühl eines starken
Europas bei dem Einzelnen entspricht er nicht.

Vielleicht hilft es daher, den Nobelpreis eher als
Zukunftsweisung aus Stockholm zu sehen: Als Vertrauensvorschuss dafür, dass der
europäische Zusammenhalt stärker als diese Krise sein muss.

Autor: Boris Raimicher