Slow Media: Manchmal ist weniger einfach mehr

Immer mehr Informationen und das immer schneller. Das Internet hat unsere Kommunikation und unsere Mediennutzung verändert. / copyright: Yahoo! Deutschland
Immer mehr Informationen und das immer schneller. Das Internet hat unsere Kommunikation und unsere Mediennutzung verändert.
copyright: Yahoo! Deutschland

Immer mehr Informationen und das immer schneller. Das Internet hat unsere Kommunikation und unsere Mediennutzung verändert. Werden wir in Zukunft alle zu Multitasking-Genies, die täglich viele verschiedene Medien parallel nutzen und gleichzeitig bloggen, twittern und chatten?

Terry von Bibra, Geschäftsführer Yahoo! Deutschland & Vice President Advertising Marketplaces Yahoo! Europe, schildert die Entstehung einer Gegenkultur, bei der es mehr um Klasse als um Masse geht – ohne dabei den Anschluss zu den Themen und Menschen zu verlieren, die uns wichtig sind. “Do less, slowly!” – Mit einer gehörigen Portion britischem Humor gepaart mit einem Schuss Selbstironie hat der britische Journalist Christopher Richards bereits vor vier Jahren eine Institution der Entschleunigung gegründet: The International Institute of Not Doing Much (IINDM). Für Richards ist Multitasking eine moralische Schwäche.

Eine seiner wichtigsten Devisen: Minimal Effort.

Die soeben abgelaufenen “Nullerjahre” waren geprägt vom “immer mehr  und immer schneller”. Nachrichten, und sei es aus den letzten Ecken der Welt, verbreiten sich innerhalb kürzester Zeit über den gesamten Erdball. Real-time ist die Maxime unserer modernen Informationsgesellschaft. Mediennutzer kämpfen heute mit einem Informations-Overkill. Via Internet prasseln kontinuierlich die ‘latest news’ auf uns ein, in Blogs werden sie analysiert und kommentiert, via Twitter und Flickr melden sich Augenzeugen live aus Krisengebieten, in den Social Communities geben eifrige Mitglieder regelmäßig ihre Statusmeldungen wie “fahre heute zur CeBIT” durch – einen Schritt weiter geht momentan noch Forusquares, ein Geo-Tagging-Service, mit dem Nutzer ihrer Community stets ihren genauen Aufenthaltsort melden können.

Die Königsdisziplin ‘Multitasking’

Unvorstellbare Datenmengen jagen permanent durch das World Wide
Web. Viele Mediennutzer fühlen sich inzwischen aber eher überfordert als gut informiert. In diesem “immer mehr und immer schneller” gehen zunehmend Orientierung und Überblick verloren. Das Angebot an Information und Unterhaltung steigt, gleichzeitig steht den Nutzern aber keine zusätzliche Zeit zur Verfügung, um dieses Überangebot zu filtern und sinnvoll zu verarbeiten. Als Konsequenz wurde Multitasking zur Königsdisziplin, werden mehrere Medien immer häufiger parallel und gleichzeitig genutzt.

Selbst das vielfach beschworene Leitmedium Fernsehen bleibt von dieser Entwicklung nicht verschont. Im Rahmen der zunehmenden Konvergenz der Medien wird auch die alte Flimmerkiste immer mehr zu einem Parallelmedium. Die Krise, die vor zehn Jahren noch maßgeblich dem Radio nachgesagt wurde, hat damit auch die beliebteste Freizeitbeschäftigung der Deutschen erreicht. Jeder zweite Fernsehzuschauer ab 14 Jahre wendet sich gleichzeitig anderen Medien zu. Dabei gilt: Je jünger die Zielgruppe, desto intensiver die Parallelnutzung. Zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen wenden sich beim Fernsehen noch anderen Medien zu, während es bei den 30- bis 49 Jährigen nur die Hälfte und bei den Zuschauern ab 50 Jahre nur noch 41 Prozent sind.

Abschalten statt Overkill?

Auf jeden Hype folgt erfahrungsgemäß eine Gegenbewegung. Frank Schirrmacher, Buchautor und Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), beklagt in seinem aktuellen Buch “Payback” die Orientierungslosigkeit in der digitalen Welt. Alles nur ein Methusalem-Problem? Mitnichten. Die Debatte über Informationsflut und journalistische Qualität hat gerade erst begonnen und findet unter breiter, internationaler Beteiligung statt. Allen voran werden wachsende Aufmerksamkeitsdefizite und Konzentrationsschwächen beklagt. Das Gehirn – ein nervöser Flipperautomat? Der US-Autor Nicolas Carr hat jedenfalls ein chronisch wachsendes Aufmerksamkeitsdefizit diagnostiziert, in dessen Endstadium die Unfähigkeit stünde, ein Buch zu lesen. Das Gegenmittel heißt konsequenterweise Abschalten – oder alternativ Slow Media.Wir kennen diesen Trend bereits aus der Ernährung. Wie Essen bewusster genossen werden soll, sollen nun auch Medien  nachhaltiger konsumiert, die Zutaten sorgfältig ausgewählt und zubereitet werden.

Für die Verfasser eines Manifests zu Slow Media – Benedikt Köhler, Sabria David und Jörg Blumtritt – steht unsere moderne Informationsgesellschaft demnach vor einer großen Herausforderung: “Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, den so genannten Nuller-Jahren, haben sich die technologischen Grundlagen der Medienlandschaft tiefgreifend verändert: die wichtigsten Schlagworte lauten Vernetzung, Internet und soziale Medien. Im zweiten Jahrzehnt wird es weniger darum gehen, neue Technologien zu finden, die das Produzieren von Inhalten noch leichter, schneller und kostengünstiger gestalten. Stattdessen wird es darum gehen, angemessene Reaktionen auf diese Medienrevolution zu entwickeln – sie politisch, kulturell und gesellschaftlich zu integrieren und konstruktiv zu nutzen.”

Online-Portale müssen mehr Orientierung bieten

Natürlich ist jeder Mediennutzer zu einem gewissen Maß an Selbstbestimmung und Selbstverantwortung aufgerufen. Aber auch die Medien, und Betreiber von Online-Portalen wie Yahoo!, können – statt immer nur noch neuen Content auszustoßen – für mehr Orientierung und Nutzerfreundlichkeit sorgen. So setzte Yahoo! mit der Ende 2009 eingeführten neuen Startseite neue Standards in punkto Offenheit, Personalisierung und Relevanz. Die neue Homepage ist kein hübsches Design-Freshup, sondern ein Ausblick darauf, wie wir uns das Internet der Zukunft vorstellen: Jeder Nutzer kann sich jetzt seine persönlich bevorzugten Webseiten, Dienste und Tools per Klick sekundenschnell und einfach direkt in seine individuelle Starseite integrieren. Ob das Produkte und Dienste von Yahoo! oder von Drittanbietern wie Google Mail, eBay, MySpace oder Facebook sind, spielt dabei keine Rolle.

Das Gleiche gilt auch für die Medien, die ein User gerne regelmäßig lesen möchte: Vorab sind auf der Yahoo! Frontpage bereits die Informationsangebote von verschiedensten Medienpartnern wie brigitte.de, kicker online, sueddeutsche.de, oder ftd.de eingebunden, aber jeder Nutzer kann sich seinen persönlich bevorzugten Nachrichtenpool per Eingabe der URL bequem selbst einrichten. Auf diese Weise kreieren sich die Nutzer ihren ganz persönlichen Mittelpunkt in der Online-Welt mit allen ihren Lieblingsseiten an einem zentralen Ort: So bleiben sie via Computer oder Mobiltelefon jederzeit mit ihrer Welt und der Welt in Verbindung – und dies mit deutlich mehr Überblick und Orientierung und enormer Zeitersparnis.

Die technologischen Entwicklungen folgen den Nutzerbedürfnissen

Häufig ist die technologische Entwicklung den Nutzern voraus. In diesem Fall aber könnten die Bedürfnisse der Medienkonsumenten den Takt vorgeben. So wird die jüngste Apple-Errungenschaft, das iPad, bereits als Gegenrevolution zum hyperaktiven Multitasking gehypt, weil es wieder “klassische” Lesegewohnheiten auf den Plan ruft. Das digitale Lesebrett könnte sich weniger an die breit vernetzten und non-stop kommunizierenden Digital Natives wenden, sondern viel mehr die digitalen Schmökerer und Bibliotheksbesucher früherer Jahrzehnte ansprechen. Und damit eine weitere technische Problemlösung für überforderte Mediennutzer mit Aufmerksamkeitsdefizit liefern.

Autor: Quelle: Yahoo! Deutschland GmbH