Kinder an die Macht!

Erfahren Sie hier alles zu den Themen Sorgerecht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Umgangsrecht und dem Kinderunterhalt nach der Trennung und/ oder Scheidung der Ehepartner auf. / copyright: Thorben Wengert/ pixelio.de
Erfahren Sie hier alles zu den Themen Sorgerecht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Umgangsrecht und dem Kinderunterhalt nach der Trennung und/ oder Scheidung der Ehepartner auf.
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Die Kölner Rechtsanwältin Dr. Gabriele Pietzko klärt über die Themen Sorgerecht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Umgangsrecht und dem Kinderunterhalt nach der Trennung und/ oder Scheidung der Ehepartner auf.

Die Trennung und die Scheidung der Eltern bedeutet für die Kinder des Paares emotional eine große Belastung und Herausforderung. Für diese schwierige Situation sieht das Gesetz verschiedene Vorschriften zur Regelung des Wohls und der schutzwürdigen Belange der Kinder vor. Eine Übersicht über die gesetzlichen Vorschriften sollen die nachfolgenden Erläuterungen ermöglichen:

I. DAS SORGERECHT

Das Sorgerecht, auch die „elterliche Sorge“ genannt, beinhaltet die Personen- und Vermögenssorge für das Kind. Die Personensorge umfasst die Verantwortung für die tatsächliche alltägliche Betreu-ung und Versorgung für das Kind, insbesondere die Ernährung, Bekleidung, Kindergartenbesuch, Schulausbildung sowie sonstige Alltagsangele-genheiten.

Die Vermögenssorge berechtigt und verpflichtet die Eltern, die finanziellen Interes-sen des Kindes zu wahren, sein Vermögen zu erhalten und möglichst zu vermehren.

Ein Bestandteil des Sorgerechts ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Dieses berechtigt die Eltern, den allgemeinen Aufenthaltsort, d.h. den Wohnort des Kindes, zu bestimmen.

Zu der Ausübung der elterlichen Sorge ist die gesetzliche Vertretung des Kindes durch die Eltern notwendig. So bedarf z.B. der Abschluss von Verträgen, welche die Kinder betreffen, der Zustimmung der Eltern.
Sorgerecht

Im Gegensatz zu der häufig festzustellenden Annahme wird das Sorgerecht nach der Trennung und / oder Scheidung nicht mehr “zwangsläufig” allein der Kindesmutter zugesprochen. Vielmehr gilt seit der Kindschaftsreform im Jahr 2002, dass auch bei der Trennung und Scheidung der Ehe grundsätzlich die Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder weiterhin gemeinsam ausüben.

Das Kindschaftsrecht geht somit von einem grundsätzlichen Fortbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge aus. Damit hat der Gesetzgeber die gleichberechtigte Bedeutung von Vater und Mutter für die Entwicklung ihres Kindes richtiger Weise klargestellt. Grundsätzlich haben also Vater und Mutter gemeinsam die Pflicht und das Recht für ihre minderjährigen, aus der Ehe hervorgegangenen Kinder zu sorgen.

Bei einer Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sor-ge benötigt im Falle einer Trennung und / oder Scheidung derjenige Elternteil, bei dem das Kind vorwiegend lebt, für wesentliche Entscheidungen, die das Kind betreffen, regelmäßig die Zustimmung des anderen Elternteils. Der Gesetzgeber unterscheidet hierbei zwischen Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist und den Angelegenheiten, welche das tägliche Leben betreffen.

Während bei Angelegenheiten von wesentlicher Bedeutung das Einverständnis beider Elternteile Voraussetzung ist, darf bei Angelegenheiten des täglichen Lebens der Elternteil, bei dem sich das Kind überwiegend aufhält, allein entscheiden und bedarf insoweit nicht der ausdrücklichen Zustimmung des anderen Elternteils.

Wenn eine Entscheidung unmittelbar unter Zeitdruck getroffen werden muss – beispielsweise bei unaufschiebbaren ärztlichen Behandlungen – ist jeder Elternteil allein entscheidungsberechtigt.

Bei anhaltenden Schwierigkeiten über das Sorgerecht kann jeder Elternteil den Antrag auf die alleinige Sorge beim zuständigen Familiengericht stellen. Die Entscheidung des Gerichts hängt dann insbesondere davon ab, ob zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf nur einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten ent-spricht. Wenn das über 14 Jahre alte Kind der Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil widerspricht, ist dabei auf dessen Wünsche einzugehen.

II. Das Umgangsrecht

Neben dem Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht ist das Umgangsrecht von wesentlicher Bedeutung. Das Umgangsrecht beinhaltet das Recht desjenigen Elternteils, bei dem das Kind nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, auf regelmäßigen Kontakt mit dem Kind. Das Umgangsrecht ist damit gleichzeitig ein Recht des Kindes auf regelmäßigen Umgang mit dem Elternteil, bei dem es nicht vorwiegend lebt.

Das Umgangsrecht dient dazu, den Kontakt des Kindes zu den Menschen, die ihm besonders nahe stehen, aufzubauen, aufrecht zu erhalten und zu fördern. Vor allem nach einer Trennung und / oder Scheidung der Eltern sollen den Kindern die familiären Beziehungen möglichst erhalten bleiben. Auch Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

Lassen sich verheiratete Eltern scheiden, so entscheidet das Gericht grundsätzlich nicht über das Umgangsrecht. Es wird dabei an die Einigungsbereitschaft der Eltern zum Wohle des Kindes appelliert.

Nach einer verfahrensrechtlichen Reform des Familienrechts im September 2009 ist sogar bereits im Scheidungsantrag anzugeben, ob sich die Scheidungsparteien hinsichtlich der Ausgestaltung des Umgangsrechts geeinigt haben.

Nur dann, wenn einer der Eltern eine gerichtliche Entscheidung über das Umgangsrecht ausdrücklich beantragt, entscheidet das Familiengericht. Es kann dabei das Umgangsrecht eines Elternteils einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist.

Die Kosten des Umgangsrechts (beispielsweise Fahrtkosten, Kosten der Verpflegung und der Unterbringung des Kindes) trägt der umgangsberechtigte Elternteil. Der andere Elternteil braucht sich hieran nicht zu beteiligen. Er soll das Kind zum verabredeten Zeitpunkt dem anderen Elternteil übergeben. Eine Ausnahme gilt jedoch bei überdurchschnittlich hohen Fahrtkosten, die dadurch entstehen, dass der Elternteil mit dem Kind weiter weggezogen sind. Dann können diese Kosten bei der Berechnung der Höhe des Kindesunterhaltes bei dem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt werden.

III. Der Kindesunterhalt

Solange die Eltern zusammenleben, wird der Kindesunterhalt in aller Regel nicht gesondert ausgerechnet. Trennen sich jedoch die Elternteile bzw. lassen sie sich scheiden, ist derjenige Elternteil, bei dem die Kinder nicht wohnen, verpflichtet, sogenannten “Barunterhalt” für die Kinder zu leisten, d.h. er hat eine geldmäßige monatliche Zahlung für die Kinder zu erbringen. Derjenige Elternteil, bei dem die Kinder wohnen, leistet demgegenüber den sogenannten “Betreuungsunterhalt“, d.h. er leistet den Unterhalt durch die Betreuung und Versorgung der Kinder.

Der Kindesunterhalt ist immer ein Anspruch des Kindes, nicht des Elternteils. Deshalb kann man den Kindesunterhalt nicht aus Gründen verweigern, die den anderen Elternteil betreffen.

Minderjährige Kinder sind immer unterhaltsberechtigt. Der Kindesunterhalt ist in der Regel an den betreuenden Elternteil zu zahlen, nicht etwa an das minderjährige Kind selbst. Hat ein Kind eigene Einkünfte, wie z.B. ein Auszubildender, so mindern diese Einkünfte den Unterhaltsanspruch. Das heißt das Einkommen des Kindes wird bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt.

Volljährige Kinder haben einen eigenen Unterhaltsanspruch solange sie sich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befinden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Unterhaltspflicht sich zeitlich verlängern kann, z.B. wenn Schüler die Schulklasse wiederh
olen müssen.

Studenten können Unterhalt beanspruchen, solange sie die durchschnittliche Studiendauer nicht wesentlich überschreiten. Bis zum 2. / 3. Semester können sie auch die Fachrichtung wechseln, wenn sich herausstellt, dass die erste Studienwahl falsch gewählt war.

Körperlich oder geistig behinderte Kinder haben unabhängig von ihrem Alter einen Unterhaltsanspruch, soweit sie wegen ihrer Behinderung ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Erwerbstätigkeit und auch nicht aus eigenem Vermögen bestreiten können.
Im Normalfall richtet sich die Höhe des Unterhalts allein nach dem unterhaltsrelevanten Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Wenn dieses Einkommen feststeht, kann man den Kindesunterhalt einfach aus der sogenannten Düsseldorfer Tabelle berechnen.

Die Düsseldorfer Tabelle

Die Düsseldorfer Tabelle beinhaltet Richtlinien mehrerer Familiensenate des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Beteiligung aller Oberlandesgerichtsbezirke über die Bedürftigkeit der Kinder in verschiedenen Altersgruppen im Verhältnis zu der Höhe des Einkommens des Unterhaltszahlenden. Die Tabelle wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert, zuletzt am 01.01.2010.

Die Düsseldorfer Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt nur eine Richtlinie dar. Sie weist den monatlichen Unterhaltsbedarf bezogen auf den häufig vorkommenden Fall der Unterhaltsverpflichtung gegenüber drei Unterhaltsberechtigten (z.B. 2 Kinder, 1 Ehefrau) aus. Der Bedarf ist dabei aber nicht in jedem Fall identisch. Vielmehr ergibt sich der Zahlbetrag aus verschiedenen Umständen und ist immer vom Einzelfall abhängig.

In der Regel wird außerdem bei der Berechnung des Kindesunterhaltes berücksichtigt, dass der betreuende Elternteil das staatliche Kindergeld bezieht. Daher wird von den in der Tabelle aufgezeigten Beträgen jeweils der hälftige Kindergeldbetrag zugunsten des Unterhaltspflichtigen angerechnet. Nach der Erhöhung des Kindergeldes zum 01.01.2010 beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind jeweils monatlich 184,00 Euro, für das dritte Kind monatlich 190,00 Euro und für das vierte Kind monatlich 215,00 Euro.

Zur Verdeutlichung der Berechnung des Kindesunterhalts dient folgendes Beispiel unter Bezugnahme auf einen Auszug der Düsseldorfer Tabelle (siehe Grafik):

Der Ehemann verdient monatlich netto € 2.900,00. Er hat mit seiner früheren Gattin zwei Kinder, die 9 und 12 Jahre alt sind. Das Kindergeld beträgt für beide Kinder jeweils monatlich € 184,00 pro Kind.

Nach der Düsseldorfer Tabelle ist der Ehemann in die 3. Einkommensgruppe (€ 2.701-3.100) einzustufen. Das 9-jährige Kind ist in die 2. Alterstufe 6-11 Jahre einzustufen, d.h. es steht ihm ein Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 437,00 Euro zu. Das 12-jährige Kind ist in die 3. Alterstufe 12-17 Jahre einzugruppieren, d.h. es steht ihm ein Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 512,00 Euro zu. Unter Anrechung des hälftigen Kindergeldes in Höhe von derzeit monatlich  92,00 Euro für jedes Kind ist der Ehemann somit verpflichtet monatlich 420,00 Euro und 345,00 Euro, insgesamt also monatlich 765,00 Euro zu zahlen.

Autor: Rechtsanwältin Dr. G Pietzko