Nach einer ausverkauften Reunion-Tour und dem brandneuen Album “Brilliant” wollen es Ultravox noch mal wissen und stürmen im Herbst die Bühnen der Republik. Im E-Werk werden wir uns am 07.11.2012 von den Wave- und Elektroklängen der legendären Band berauschen lassen. CityNEWS sprach vorab mit Frontmann Midge Ure.
CityNEWS: Mr. Ure, vor der Reunion-Tour 2008 sagten Sie, dass es keine neuen Songs von Ultravox geben wird, weil die niemand hören will. Im Mai dieses Jahres habt ihr dann aber doch ein neues Album rausgebracht. Woher der Sinneswandel?
Midge Ure: Wir konnten uns anfangs gar nicht vorstellen, dass wir nach 27 oder 28 Jahren ein neues Album aufnehmen könnten. Aber die Frage, ob wir nicht vielleicht doch in der Lage sind ein paar neue Songs zu schreiben, spukte lange in unseren Köpfen – also haben wir rumprobiert und festgestellt: Es geht noch!
CityNEWS: Ihr seid im Herbst auf Tour und macht achtmal Station in Deutschland. Was wird euch da für Publikum erwarten? Sind da nur die Fans aus den 80er-Jahren oder auch jüngere Leute?
Midge Ure: Ich denke beides. Es gibt viele Leute, die Ultravox schon in den 80ern mochten. Da ist aber auch ein neues Publikum, das unsere Musik erst sehr viel später kennenlernte. Mithilfe des Internets ist es ja mittlerweile ganz leicht, in der Musikgeschichte zurückzureisen. Ich finde so ein gemischtes Publikum toll!
CityNEWS: Sie haben viele tolle Songs geschrieben – und das nicht nur für Ultravox. Gibt es einen, der Ihnen ganz besonders am Herzen liegt?
Midge Ure: Da sind einige Songs, auf die ich stolz bin – und viele, auf die ich nicht besonders stolz bin. Ich glaube ein ganz besondere Song ist “Fade to grey” von Visage, der taucht immer und immer wieder irgendwo auf.
CityNEWS: Und auf welche Songs sind Sie nicht so stolz?
Midge Ure: Ich blicke nicht immer gerne zurück und höre mir alte Songs an, denn manchmal kann man sich nicht wirklich erinnern, was man damals gedacht und wie man gefühlt hat. Deswegen scheinen manche Dinge heute keinen Sinn zu machen. Ich habe oft versucht, mich da zurückzuversetzen, aber ich bin eben über die Jahre nicht die selbe Person geblieben.
CityNEWS: Sie sind auch für Ihre musikalisch-politischen Aktivitäten bekannt. In den letzten Monaten konnten wir in allen Medien immer wieder über die Protestaktion von Pussy Riot lesen. Wie denken Sie über die Lage in Russland?
Midge Ure: Es ist schlimm, wenn es jemandem verboten ist, seine Meinungen in einem Musikstück auszudrücken. Es ist toll, dass wir die Möglichkeit haben, uns mit dieser Form von Entertainment auszudrücken. Da finde ich es befremdlich zu sehen, dass Politiker sich nicht darum scheren, was die Leute zu sagen haben und sie dann noch für zwei Jahre ins Gefängnis stecken. Das ist sehr, sehr traurig!
CityNEWS: Seit den 80ern gab es viele technische Neuerungen. Erleichtert das Ihre Arbeit oder ist das für Sie eher hinderlich?
Midge Ure: Wir haben ja immer schon viel mit Technik gespielt. Wenn wir jetzt auf der Bühne stehen, dann nutzen wir viele Synthesizer-Sounds, die auf dem Laptop kreiert wurden und nicht mit einer Menge Keyboards. Technologie war schon immer wichtig, viel darüber haben wir bei Conny Plank gelernt! Und ebenso wichtig ist es, darüber zu texten. In einem der neuen Songs geht es genau darum, wie wir Smsen schreiben und E-Mails und uns bei der Konversation immer weniger Auge in Auge sehen.
CityNEWS: Auch die Musikindustrie hat sich enorm verändert, es werden immer weniger Alben gekauft, immer mehr werden illegal heruntergeladen. Denken Sie, dass da eine Lösung in Sicht ist, mit der sowohl die Künstler noch Geld verdienen, und mit der sich auch die Fans anfreunden können?
Midge Ure: Nein, ich glaube, das hat sich für immer geändert. Es ist eine ganz andere Generation, die jetzt aufwächst, die haben noch nie Musik gekauft. Das hat natürlich große Auswirkungen auf die Industrie. Es sind nicht viele Plattenfirmen für junge Künstler geblieben – für neue Künstler ist es sehr schwierig groß rauszukommen und das Publikum zu erweitern, weil es nicht mehr so viele Orte zum Spielen gibt. Wenn du häufig spielst, dann kannst du dir ein Publikum aufbauen, CDs, T-Shirts und Mearchandise-Artikel verkaufen. Es ist eine schwierige Situation für alle! Vielleicht sollte Musik frei für jeden zugänglich sein, daraus folgt dann aber, dass es irgendwann nur noch alte Musik gibt, weil niemand mehr in neue investiert. Das ist bizarr…
CityNEWS: Als Kölner Stadtmagazin möchten wir natürlich wissen, was Sie mit Köln verbinden …
Midge Ure: Wir haben sehr viel Zeit in Köln und der Region verbracht, weil Conny Plank dort sein Studio hatte. Außerdem kommen aus Köln und Düsseldorf viele Bands wie Kraan, Neu!, Kraftwerk und andere, die richtungsweisend für die Musik waren, die heute gehört wird.
CityNEWS: Gibt es einen ganz speziellen Platz in Köln den Du besonders magst?
Midge Ure: Darauf habe ich nur eine unspektakuläre Musiker-Antwort: Da ist dieser große Musikladen mit einer großen Fender-Gitarre draußen. Immer, wenn wir in Köln sind, finden wir uns dort wieder und tun, was Musiker eben tun. Alles Gerede darüber, wie glamourös unser Leben ist, ist Nonsens. Wir sind Freaks, die gerne Gitarren in die Hand nehmen und neue Verstärker ausprobieren.
Autor: Redaktion / Ina Laudenberg