… ist das Motto des Theaterstücks, welches die Jugendlichen des Jugendzentrums anyway im Rahmen des diesjährigen Sommerblutfestivals inszenieren werden. Unter der Leitung der Theaterpädagogen Charlott Dahmen und Stephan Isermann proben zwanzig junge Menschen im Alter zwischen 16 und 27 Jahren bereits seit Herbst an einer eigens entworfene Reise, auf die wir uns im Mai entführen lassen dürfen.
Seit 1998 dient das „anyway“ in der Kamekestraße als eine Anlaufstelle für lesbische und schwule Jugendliche zwischen 12 und 25 Jahren – und war damit das erste Jugendzentrum seiner Art in Europa überhaupt. Die jungen Menschen finden hier einen Ort, an dem sie sich nicht rechtfertigen müssen, dazugehören und im Gegensatz zu dem sonst oft gewohnten Minderheitenstatus zur Mehrheit zählen. Pädagogische Beratung gibt es hier nicht nur für die Jugendlichen, sondern ebenso für deren Eltern und Lehrern. Dazu bietet das Jugendzentrum regelmäßig Projekte und Workshops an, in denen die Jugendlichen sich unter anderem mit ihrer Identität auseinanderzusetzen lernen.
Ein Projekt der ganz besonderen Art startete bereits im Herbst letzten Jahres, als Rolf Emmerich, Leiter des Sommerblutfestivals und die Theaterpädagogen Charlott Dahmen und Stephan Isermann die Idee hatten, in Zusammenarbeit mit dem Jugendzentrum ein Theaterstück zu inszenieren. „Die Idee des Sommerblutfestivals, welches 2011 schon sein 10-jähriges Jubiläum feiern darf, ist es eben, ein genreübergreifendes Programm zu bieten, bei dem Themen, die man sonst eher am Rande der Gesellschaft findet, in deren Mitte zu rücken“, so Emmerich. „Die Auseinandersetzung mit dem Blick der Gesellschaft auf verschiedene sexuelle Ausrichtungen gehört natürlich dazu. Der Zuschauer darf insgesamt einige ungewöhnliche Perspektiven erwarten.“
Nach und nach fand sich für dieses Projekt ein buntes Ensemble zusammen. Nicht alle Schauspieler sind homosexuell, nicht alle kommen aus der Domstadt – Aufrufe in diversen Internetforen weckten das Interesse bei Jugendlichen aus ganz NRW.
In „Out Trips“ verwirklichen die Darsteller für eine kurze Weile die Utopie einer multisexuellen Gesellschaft, in der Herkunft, Behinderung oder sexuelle Orientierung keine Rolle mehr spielen. Während des Stückes begibt sich der Zuschauer gemeinsam mit einer Gruppe junger Menschen auf eine Reise in Zukunft und Vergangenheit und stellt dort fest, dass nicht immer so unbefangen mit bestimmten Themen umgegangen wurde – und wie sich der Umgang mit verschiedenen Dingen weiterhin entwickeln könnte. Thematisiert werden sowohl die Zeit des Nationalsozialismus, als auch Asyl, Transidentität, Homosexualität, der Paragraph 175, sowie Konfliktsituationen in Schule oder Familie. Besonders ungewöhnlich für ein Theaterstück scheint der Handlungsort, oder besser: die Handlungsorte. Die Reise beginnt an der alten Feuerwache und geht dann samt Publikum mit dem Bus (welcher von der KVB gestellt wird) – und auch mal zu Fuß – quer durch Köln. Hierbei sollen zum Teil historische Orte bereist werden, an denen sich mit verschiedenen Themen der Vergangenheit auseinandergesetzt wird.
Für die Jugendlichen selbst stellte sich die Arbeit am Stück als viel umfangreicher heraus, als Anfangs angenommen. „Die Erwartungen, die ich in das Projekt hatte, wurden weit übertroffen“, erzählt die 22-jährige Jay. „Genau wie auch das Stück ist die Arbeit daran wie eine Achterbahnfahrt. Man weiß nie, hinter welcher Kurve der nächste Kick wartet. Außerdem lernt man auf eine ganz neue Art, sich selbst zu reflektieren.“ Auch die anderen Jugendlichen ziehen für sich persönlich – neben der Lust am Schauspiel – noch viele weitere positive Aspekte aus der Arbeit. So freut sich Martin, der als kreativer Mensch selbst Kurzgeschichten schreibt, über die neue Erfahrung. Der 22-jährige, der sich normalerweise eher vor der Bühne sieht, gewinnt dem Seitenwechsel auf die Bühne besonders die neuen Erfahrungen ab. „Das ist für mich eine völlig neue Sichtweise“, erklärt er. „Man arbeitet ja nicht nur in der großen Gemeinschaft am Stück, sondern immer auch an sich selbst. Da ist das Lampenfieber, welches überwunden werden will. Außerdem gibt es einem jeden von uns die Möglichkeit, dem Publikum Fragen und neue Denkansätze mit nach Hause zu geben.“ Auf das Publikum freut sich auch Heiko (18) ganz besonders. „’Out Trips’ fordert sowohl von uns als Autoren und Schauspielern, als auch von den Zuschauern hohe soziale Kompetenz. Wenn man ins Theater geht um sich dort ‘Romeo und Julia’ anzusehen, dann weiß man vorher ganz genau was einen erwartet. Bei unserem Stück, da lässt man sich auf etwas ganz Neues ein.“
Die Reise beginnt jeweils um 19:30 Uhr an der alten Feuerwache, dauert etwa 2 1/2 Stunden und kann hier zu folgenden Terminen gebucht werden:
13.05.11, 14.05.11, 15.05.11, 17.05.11, 28.05.11, 29.05.11
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Sommerblutfestivals.
Autor: CityNEWS Ina Laudenberg