Neue CarSharing-Studie belegt: Geteilte Autos können Innenstädte deutlich entlasten

Neue CarSharing-Studie belegt: Geteilte Autos können Innenstädte deutlich entlasten copyright: cambio
Neue CarSharing-Studie belegt: Geteilte Autos können Innenstädte deutlich entlasten
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Eine neue Studie des Bundesverbands CarSharing e.V. zeigt: In innenstadtnahen Stadtteilen besitzen fast 80 Prozent der CarSharing-Kunden kein eigenes Auto. Ein CarSharing-Fahrzeug ersetzt bis zu 20 private Pkw. Viel Potenzial, um Städte lebenswerter zu machen.

Laut der aktuellen Studie besitzen in innenstadtnahen Stadteilen 78,2 Prozent aller Kunden stationsbasierter Sharing-Systeme kein eigenes Auto mehr. Das ist deutlich mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt. Innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings beispielsweise leben nur 53 Prozent aller Haushalte autofrei, in allen Großstädten über 100.000 Einwohner sind es im Durchschnitt gerade einmal 18 Prozent. Die in der Studie untersuchten Kunden reduzierten die Zahl ihrer privaten Fahrzeuge um 61,9 Prozent. Zwölf Monate vor der Anmeldung besaßen sie zusammen 2.293 Fahrzeuge, zum Zeitpunkt der Befragung nur noch 873.

Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverbands CarSharing e.V. (bcs) erklärt: “Unsere Studie ist eine Best-Practice-Analyse. Wir haben uns bewusst auf Stadtgebiete mit einem bereits länger existierenden, gut ausgebauten Angebot konzentriert. Wir wollen Bürgern, Städten und Kommunen die Frage beantworten: Was kann CarSharing in meiner Stadt zur Verkehrs- und Umweltentlastung beitragen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen?”.

In der zusammen mit infas durchgeführten Studie werden die Auswirkungen stationsbasierter CarSharing-Systeme in ausgewählten Stadtteilen von 12 deutschen Großstädten untersucht. Befragt wurden insgesamt 3.500 CarSharing-Kunden. Beteiligt waren die Anbieter stadtmobil, cambio, teilAuto, book-n-drive, Stattauto, Grüne Flotte Carsharing und die Vaterstettener Autoteiler.

CarSharing unterstützt einen autofreien Lebensstil

Die bcs-Studie belegt, wie sehr CarSharing einen autoarmen oder sogar autofreien Lebensstil unterstützt: Gäbe es kein solches Angebot, dann bräuchten die Befragten nach eigener Aussage fast dreimal mehr Fahrzeuge als sie heute tatsächlich besitzen: 2.333 statt 873. bcs-Geschäftsführer Willi Loose erläutert, warum die Frage des Autobesitzes von so zentraler Bedeutung ist. “Haushalte, die ein eigenes Fahrzeug durch CarSharing ersetzen, verändern auch ihr Mobilitätsverhalten am meisten. Das haben zahlreiche Studien in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt und das ist auch in unserer Studie eindrucksvoll bestätigt worden.”

Fahrrad, Bus und Bahn profitieren vom CarSharing

15 Prozent der Kunden geben in der bcs-Studie an, dass sie seit der Anmeldung zum CarSharing häufiger Fahrrad fahren. Nur 5 Prozent berichten von einem gegenteiligen Effekt. Busse und Bahnen nutzen 19 Prozent der Kunden öfter. 14 Prozent fahren allerdings auch weniger häufig.

Loose kommentiert: “Angesichts der allgemein hohen Affinität von CarSharing-Kunden zum ÖPNV ist es nicht verwunderlich, dass CarSharing auch einzelne Fahrten ersetzt. Unserem Verband und den darin organisierten Anbietern ist aber wichtig, dass der Umweltverbund in Summe vom CarSharing profitiert. Und das ist eindeutig der Fall.”

Besonders deutlich ist dies Ergebnis bei denjenigen Haushalten, die dank CarSharing ganz auf ein eigenes Auto verzichten. Hier fahren laut bcs-Studie 40 Prozent häufiger mit dem ÖPNV. Lediglich 6 Prozent haben ihre ÖPNV-Nutzung nach der Anmeldung verringert.

Ein CarSharing-Fahrzeug ersetzt bis zu 20 private Pkw

Jedes CarSharing-Fahrzeug, das neu auf die Straße kommt, führt zur Abschaffung privater Pkw, die nicht mehr gebraucht werden. Die bcs-Studie rechnet vor, was sich dadurch tatsächlich verändert. Ein CarSharing-Fahrzeug ersetzt in den untersuchten Stadtquartieren zwischen 8 und 20 private Pkw. Rechnet man das in frei werdenden Parkraum um, ergibt sich pro CarSharing-Fahrzeug ein freigeräumter Straßenabschnitt zwischen 36 und 99 Metern Länge.

“Machen Sie den Test” rät Loose, „gehen Sie in ihrer Straße die parkenden Autos ab und stellen Sie sich vor, nur noch jedes achte Fahrzeug würde wirklich dastehen. Dann sieht man, wie viel Platz CarSharing schaffen kann.”

Städte und Kommunen ruft Loose dazu auf, die durch CarSharing frei werdende Fläche nicht einfach anderen, nachrückenden Autobesitzern als Parkplatz zu überlassen: “Sharing-Kunden machen den Städten und Kommunen ein großes Geschenk. Es wäre schön, wenn das durch mehr Fahrradwege und Fahrradabstellmöglichkeiten im Straßenraum, breitere Fußwege, mehr Sitzgelegenheiten, mehr Grün und mehr Platz zum Spielen auch sichtbar werden würde.”

Auch in der 22.000 Einwohner zählenden Gemeinde Vaterstetten am Rande Münchens wurden Privatautos im Verhältnis eins zu sieben ersetzt. Hier wurden allerdings in der Mehrzahl die Zweitwagen durch die CarSharing-Teilnahme überflüssig.

Die Varianten wirken unterschiedlich und sind unterschiedlich verbreitet

Ein parallel zur neuen Studie vom Bundesverband vorgelegter Vergleich verschiedener CarSharing-Systeme zeigt: Kunden stationsbasierter Anbieter schaffen prozentual besonders viele Fahrzeuge ab und leben häufiger autofrei als Kunden der reinen free-floating Systeme.

Verbandsgeschäftsführer Loose erklärt: “Das unterschiedliche Ergebnis hat mit dem Angebotszuschnitt zu tun und mit unterschiedlichen Zielgruppen, die dadurch erreicht werden.” Er warnt aber vor voreiligen Schlüssen: “Um den Gesamteffekt eines CarSharing-Angebots in der Stadt beurteilen zu können, muss man immer mit betrachten, wie viele Kunden es insgesamt erreicht.”

Und in diesem Punkt, das zeigen die Branchendaten des Verbands, hat das Free-floating die Nase vorn. Der Bundesverband hat sich in seiner Studie noch aus einem anderen Grund auf stationsbasierte Systeme konzentriert. Reine free-floating Systeme, wie sie car2go und DriveNow anbieten, unterliegen Beschränkungen, was die Stadtgröße betrifft. Unter 500.000 Einwohnern funktionieren sie nach Aussage der Anbieter nicht. Zudem sind die Investitionskosten für die Etablierung enorm. Deswegen gibt es diese Systeme nur in sieben Großstädten in Deutschland.

“Wir zeigen mit unserer Studie auf, was CarSharing auch dann leisten kann, wenn die Kernstadt nicht riesengroß ist und nicht mehrere Millionen Euro Anschubinvestition zur Verfügung stehen”, sagt Loose.

Hintergrund zur bcs-Studie

Die Studie “Mehr Platz zum Leben, wie CarSharing Städte entlastet” wurde im Herbst 2015 vom Bundesverband CarSharing e.V. zusammen mit dem Bonner Markt- und Sozialforschungsinstitut infas durchgeführt. Befragt wurden 3.500 Kunden in 22 innenstadtnahen Postleitzahlbezirken. Es wurden gezielt solche Gebiete mit einer gut ausgebauten, bereits länger existierenden Sharing-Versorgung ausgewählt.

Teilgenommen haben Kunden der Anbieter cambio Aachen, cambio Bremen, cambio Köln, cambio Oldenburg, stadtmobil Karlsruhe, stadtmobil Stuttgart, stadtmobil Rhein-Main, book-n-drive (Frankfurt), teilAuto (Dresden, Leipzig), Stattauto eG (Lübeck, Kiel) Stadtmobil Südbaden und Grüne Flotte CarSharing (Freiburg) sowie der CarSharing-Verein Vaterstettener Autoteiler e. V.