Kölner Fußgänger fühlen sich unsicher auf Gehwegen

Fußgänger in der Rheinmetropole Köln zu sein, ist offenbar eine gefährliche Sache. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des ADAC,
Fußgänger in der Rheinmetropole Köln zu sein, ist offenbar eine gefährliche Sache. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des ADAC,
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Wem kommt das bekannt vor? Man sieht einmal kurz nach rechts und links, bevor man aus der Haustür tritt. Das kennen sicher viele Kölner. Aber warum macht man das eigentlich? Das liegt wohl daran, dass viele Bürger schon häufig Radfahrern ausweichen mussten. Und zwar denen, die über den Bürgersteig brettern und einen fast anfahren, wenn man nicht schnell wieder einen Schritt zurück macht.

Wenn man den Ergebnissen einer Umfrage des ADAC glaubt, dann geht es zwei von drei Kölnern so. Denn Fußgänger in der Rheinmetropole zu sein, ist offenbar eine gefährliche Sache. Die im Oktober 2021 veröffentlichte Umfrage ergab: Von den 16 untersuchten Großstädten war Köln die Stadt, in der sich Fußgänger am unsichersten fühlten. Besonders häufig geben sie an, dass Radfahrer unerlaubt auf den Gehwegen fahren. 66 Prozent monierten dies. Verwunderung darüber kommt aber nur selten auf. Denn Radfahren in der Rheinmetropole ist an vielen Stellen nicht ganz ohne.

Viele, auch große Hauptverkehrsstraßen verfügen kaum über eine nötige Infrastruktur für Biker, die sich die Straße mit Pkw und Lkw teilen müssen. Vorgeschriebene Abstände beim Vorbeifahren sind schon aufgrund der baulichen Voraussetzungen teils kaum bis gar nicht einzuhalten. Biker, Autos und Lkw kommen sich daher viel zu oft viel zu nah. Kein Wunder, dass viele Zweiräder deshalb auf die Bürgersteige ausweichen, wo es ihnen deutlich sicherer erscheint.

Auch E-Scooter sind für Fußgänger ein Problem

E-Scooter, die kreuz und quer auf Gehwegen abgestellt werden, sind ein Ärgernis.
E-Scooter, die kreuz und quer auf Gehwegen abgestellt werden, sind ein Ärgernis. (Symbolbild)
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Doch es gibt noch weitere Probleme, beispielsweise mitten auf den Gehwegen abgestellte E-Scooter und Fahrräder, an denen man sich vorbeimogeln muss. 62 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich darüber ärgern. 60 Prozent sagen, dass viele Biker mit einem zu geringen Abstand überholen. 46 Prozent geben eine schlechte Sicht an Kreuzungen durch parkende Autos als Problem an. Oder anders ausgedrückt: Nur etwa 37 Prozent der Befragten fühlen sich sicher, wenn sie per pedes unterwegs sind. Roman Suthold vom ADAC Nordrhein führt dies darauf zurück: “Die Verwaltung hat die Bedürfnisse von Fußgängern bei der Verkehrsplanung jahrelang vernachlässigt. Gehwege und Überwege sind teilweise total veraltet. Da ist zu wenig passiert. Deswegen ist die Frustration heute auch so groß.”

Das Problem, mit dem viele Großstädte umgehen müssen, ist, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere für Autos wieder aufgebaut wurden. Hauptsache war hier, dass der Pkw-Verkehr nach Möglichkeit reibungslos fließen konnte. Die Bedürfnisse von der beiden anderen Gruppen waren da nicht so wichtig. Doch zunehmend hat ein Umdenken eingesetzt.

Dies bestätigt auch der ADAC in seiner Studie, wie Suthold erklärt: “Inzwischen unternimmt die Verwaltung mehr Anstrengungen, aber die aufgestauten Probleme lassen sich nicht von heute auf morgen beheben. Den Investitionsstau in Sachen Straßeninfrastruktur spüren nicht nur Räder und Autos, sondern auch Fußgänger.”

Radfahren als Lösung?

Durch Fahrradfahrer, die verbotenerweise den Gehweg benutzen, kommt es oft zu Konflikten mit Fußgängern.
Durch Fahrradfahrer, die verbotenerweise den Gehweg benutzen, kommt es oft zu Konflikten mit Fußgängern. (Symbolbild)
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Doch die Stadt möchte sich verbessern und deutlich aktiver auf die Belange von Bürgern eingehen, die per pedes unterwegs sind. Daher gibt es seit März 2022 auch einen Fußverkehrsbeauftragten. Nico Rathmann wurde mit der neu geschaffenen Aufgabe betraut.

“Aus meiner Sicht steckt in der Förderung des Fußverkehrs viel Detailarbeit. Besonders für mobilitätseingeschränkte Personen kann eine Kleinstmaßnahme einen Quantensprung bedeuten, da diese Personen oft nur ein gewisses Mobilitätsbudget zur Verfügung haben, teilweise nur 1.000 Meter pro Tag. Deshalb können viele kleine Verbesserungen für diejenigen, die zu Fuß gehen, einen wirklich signifikanten Unterschied im Mobilitätsverhalten erzielen”, so Rathmann bei seiner Vorstellung im März 2022.

Nicht nur die Lage für Personen, die laufen statt fahren soll sich künftig verbessern. Die Verwaltung arbeitet seit Jahren daran, dass sich auch die Bedingungen für Zweiräder verbessern. Immer wieder werden neue Projekte und Radwege realisiert. Während einige Projekte, beispielsweise mit Markierungen im unmittelbaren Umfeld großer Kreuzungen, ein bisschen wie ein “Alibi-Radweg” wirken, gibt es zahlreiche weitere Projekte, die tatsächlich einen Mehrwert schaffen und die Situation für Biker deutlich verbessern.

So wurde in den letzten Jahren besonders in der City, beispielsweise rund um den Hohenzollernring viel unternommen, um die Möglichkeiten für beide Parteien zu verbessern. Die Rheinmetropole sichert sich zudem regelmäßig Fördergelder für den weiteren Ausbau. Dazu zählt als aktuelles Projekt die Förderung eines Ersatzbaus für die in die Jahre gekommene Brücke über den Escher See. Das Land NRW überreichte der Domstadt hierfür einen Förderbescheid von über 550.000 Euro.

Köln fördert Lastenräder

Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, beispielsweise auf ein Lastenradverleihsystem zuzugreifen, das in den VRS-Tarif integriert ist.
Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, beispielsweise auf ein Lastenradverleihsystem zuzugreifen, das in den VRS-Tarif integriert ist. (Symbolbild)
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Zudem möchte die Rheinmetropole sich als Lastenradhauptstadt etablieren. Bis 2024 werden Lastenräder jährlich mit 500.000 Euro gefördert. “Ich freue mich über die ungebrochen hohe Nachfrage nach der Lastenradförderung, die die Verwaltung anbietet. Die rund 1.350 Lastenräder mit einem Fördervolumen von 2,9 Millionen Euro sind ein Indiz für den hohen Bedarf an dem Verkehrsmittel. Jedoch haben nicht alle Bürger die Möglichkeit, sich ein eigenes Gefährt anzuschaffen. Wir sind davon überzeugt, dass eine Ergänzung des KVB-Verleihangebotes für Räder um Lastenräder sinnvoll ist und das Angebot an nachhaltigen Mobilitätsalternativen attraktiver machen wird”, sagt Ascan Egerer, Beigeordneter für Mobilität der Stadt Köln.

Im Sommer 2022 soll das Förderprogramm starten. Geplant sind in einem Pilotversuch ab Herbst 2022 zunächst zehn Stationen mit 15 Lastenrädern in Nippes und Deutz. Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, beispielsweise auf ein Lastenradverleihsystem zuzugreifen, das in den VRS-Tarif integriert ist. ÖPNV-Abo Kunden bekommen dann mindestens 90 Freiminuten pro Woche. So sollen sie beispielsweise künftig häufiger Wocheneinkäufe bequem mit dem Lastenrad erledigen. Im ersten Halbjahr 2023 soll der Stadtrat dann über eine Beschlussvorlage entscheiden, wo über einen stufenweisen Aufbau eines dauerhaften, stadtweiten KVB-Verleihsystems abgestimmt werden soll. Von der bisherigen Förderung, die es seit 2019 gibt, haben bisher die Bezirke Innenstadt, Rodenkirchen, Lindenthal, Nippes und Ehrenfeld besonders profitieren können. Dort wurden bisher besonders viele Anträge für eine Förderung bewilligt.