Ginkgo biloba – ein Blatt gegen neurologische Erkrankungen?

Ginkgo biloba – ein Blatt gegen neurologische Erkrankungen? - copyright: bixpicture - Fotolia
Ginkgo biloba – ein Blatt gegen neurologische Erkrankungen?
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Ginkgo biloba wurde schon früh von Goethe erwähnt und es gehört heute zu den meistgenutzten phytopharmazeutischen Präparaten in Deutschland. Die standardisierten Ginkgo Extrakte sind einerseits das EGb 761 auch bekannt als Tebonin und LI 1370 (Kaveri).

Die Einsatzfelder für das Ginkgo sind hauptsächlich die begleitende Therapie bei Demenzerscheinungen und Alzheimer, sowie als regenerative Unterstützung nach einem Schlaganfall und bei Symptomen von Schizophrenie. Ferner wird Ginkgo bei Tinnitus eingesetzt, mit eher mäßigem Erfolg.

Wirkungsweise der Inhaltsstoffe

Die Ginkgo Blätter enthalten eine Vielzahl an aktiven Wirkstoffen, so dass eine pharmazeutische Wirkung keineswegs verwunderlich ist. Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind die Ginkgolide A, B, C, Bilobalid und das Flavonoid Isorhamnetin.

Die Ginkgolide A-C entfalten den Hauptanteil ihrer Wirksamkeit über die Unterdrückung des sogenannten PAF-Botenstoffs. Der plättchenaktivierende Faktor (PAF) ist ein entzündungsfördernder Botenstoff, dessen übermäßige Ausschüttung zu vermehrten Schäden an Gehirnzellen nach einem Schlaganfall führen kann. Ginkgolide wirken einem übermäßigen Zellsterben entgegen indem sie die Entzündungsreaktion minimieren und die Menge des freigesetzten PAF verringern. Zudem binden sie an den PAF-Rezeptor und hemmen des Aktivierung. Aus diesem Grund sind die Ginkgo Inhaltsstoffe interessant um entzündliche Reaktionen bei Alzheimer zu unterbinden [1].

Der Wirkstoff Isorhamnetin fügt dem Ginkgo Wirkungsspektrum die durchblutungsfördernde Eigenschaft hinzu indem es die vermehrte Produktion des Enzyms HO1 anregt und dem oxidativem Stress entgegenwirkt [2].

Ginkgo biloba im Kampf gegen die Demenz und Alzheimer

Der Mechanismus hinter der Ginkgo Wirkung bei Alzheimer und Demenz hängt wahrscheinlich hauptsächlich mit dessen positivem Einfluss auf die Energiezellen der Zellen, den Mitochondrien, zusammen. Das Alzheimer Amyloid-β Protein reichert sich in den Mitochondrien an und beeinträchtigt mit der Zeit deren Funktion, was zur erhöhten Produktion von freien Radikalen und einem Abfall der ATP-Herstellung führt. Das ATP ist die Energiewährung der Zellen. Schäden an den Mitochondrien setzen zudem das Protein Cytochrom C frei, welches die betroffenen Zellen in den Zelltod führt.

Studien im Tiermodell zeigen, dass die Ginkgo Wirkstoffe die Funktionsweise der Mitochondrien stabilisieren, den oxidativen Stress senken und die Energieproduktion wieder anheben.

Ginkgo wirkt bei vorhandener Demenz, beugt aber nicht vor

Ginkgo wirkt bei vorhandener Demenz, beugt aber nicht vor - copyright: pixabay.com
Ginkgo wirkt bei vorhandener Demenz, beugt aber nicht vor
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Eine Meta-Analyse in der die Ergebnisse von sieben qualitativen klinischen, placebokontrollierten Doppelblindstudien zusammengefasst wurden, sieht eine überwiegend erwiesene Wirksamkeit von Ginkgo Extrakten bei Demenzpatienten.

Die dabei eingesetzte tägliche Dosis von 240 mg verbesserte in 70 % der Studien die Aufmerksamkeitsspanne, Gedächtnisleistung. Die Wirkung war ausgeprägter bei Patienten mit neuropsychiatrischen Symptomen wie Schlafproblemen, Unruhe und depressiven Erscheinungen. Die Nebenwirkungen gingen nicht über das der Kontrollgruppen, die nur das Placebo erhielten, hinaus.

Leider schneidet Ginkgo nicht so gut ab, wenn es darum geht einer Demenz vorzubeugen. Die zu dieser Thematik vorliegenden klinischen Studien sind zudem größtenteils von schlechter wissenschaftlicher Qualität. Letztendlich stellte eine umfangreiche Studienauswertung fest, dass nur zwei der Studien von hochwertiger Methodik waren. Insgesamt wurden die Ergebnisse von knapp 6.000 Teilnehmern ausgewertet, die täglich 240 mg des EGb 761® konsumierten und das annähernd sechs Jahre lang. Dennoch gab es keinen Unterschied zwischen den behandelten Teilnehmern und jenen, die nur ein Scheinpräparat einnahmen. In beiden Gruppen kamen Demenzerscheinungen genauso häufig vor [3].

Regeneration nach einem Schlaganfall

Ginkgo Wirkstoffe greifen grundsätzlich an drei Ankerpunkten an, die bei einem Schlaganfall von fundamentaler Bedeutung sind. Bei einem Schlaganfall wird in der Regel:

  1. Die Durchblutung eines Gehirnareals durch eine Blutgefäßverstopfung gestoppt,
  2. woraufhin die betroffenen Gehirnzellen aufgrund von Sauerstoffmangel und Stress absterben und die
  3. Regeneration an der geschädigten Stelle erschwert verläuft.

Ginkgo biloba verbessert die Durchblutung durch die Aktivierung des Enzyms HO1 und durch die Freisetzung des durchblutungsfördernden Botenstoffs Stickstoffoxid [4]. Wirkstoffe aus dem Ginkgo Blatt stabilisieren selbst unter Sauerstoffentzug die Funktion der Zellen und fahren protektive Zellprogramme hoch, die das Absterben von Gehirnzellen eindämmen.

Experimente mit neuronalen Stammzellen und Ginkgo Wirkstoffen sprechen für eine stimulierte Bildung von Gehirnzellen und die gegenseitige Vernetzung der selbigen. Ginkgo fördert demnach die sogenannte Neuroplastizität [5]. 

Leider sind die vorliegenden Studien mit Ginkgo bei Patienten mit einem Schlaganfall ziemlich widersprüchlich. Obwohl 90 % der klinischen Versuche eine Besserung der neurologischen Schäden und der kognitiven Fähigkeiten beobachtet haben, sind gerade diese von schlechter wissenschaftlicher Methodik. Die einzige qualitative Studie konnte wiederum keinen Unterschied zwischen Ginkgo und dem Placebo feststellen [6].

Fazit

Ginkgo scheint bei Demenzerscheinungen hilfreich zu sein, zur Vorbeugung von Demenzerkrankungen taugt es jedoch nicht und für die Regeneration nach einem Schlaganfall ist es eventuell von Nutzen, muss jedoch noch besser erforscht werden.


  1. Ude, C., M. Schubert-Zsilavecz, and M. Wurglics, Ginkgo biloba extracts: a review of the pharmacokinetics of the active ingredients. Clin Pharmacokinet, 2013. 52(9): p. 727-49.
  2. Shah, Z.A., S.E. Nada, and S. Dore, Heme oxygenase 1, beneficial role in permanent ischemic stroke and in Gingko biloba (EGb 761) neuroprotection. Neuroscience, 2011. 180: p. 248-55.
  3. Charemboon, T. and K. Jaisin, Ginkgo biloba for prevention of dementia: a systematic review and meta-analysis. J Med Assoc Thai, 2015. 98(5): p. 508-13.
  4. Nishida, S. and H. Satoh, Mechanisms for the vasodilations induced by Ginkgo biloba extract and its main constituent, bilobalide, in rat aorta. Life Sci, 2003. 72(23): p. 2659-67.
  5. Muller, W.E., J. Heiser, and K. Leuner, Effects of the standardized Ginkgo biloba extract EGb 761(R) on neuroplasticity. Int Psychogeriatr, 2012. 24 Suppl 1: p. S21-4.
  6. Zeng, X., et al., Ginkgo biloba for acute ischaemic stroke. Cochrane Database Syst Rev, 2005(4): p. CD003691.