Fälschungs-Skandal “Sammlung Werner Jägers” verunsichert den Kunst-Markt

'Rotes Bild mit Pferden' / copyright: Heinrich Campendonk (angeblich)
‘Rotes Bild mit Pferden’
copyright: Heinrich Campendonk (angeblich)

Weltweit ist die Dunkelziffer an Kunst-Fälschungen hoch. Die Staatsanwaltschaft Köln meldet mit der Festnahme eines als Fälscher verdächtigten Trios einem der größten Kunst-Fälschungs-Skandale ein Ende gesetzt zu haben. Ist Kunst vor diesem Hintergrund noch eine sichere Wertanlage oder ein risiko-belastetes Investment?

Sichere Anlagemöglichkeit oder Hochrisikogeschäft?

Die auf hohem Qualitäts-Niveau gefälschten Bilder aus der wohl nicht existenten “Sammlung Werner Jägers” sollen einen Schaden im zweistelligen Millionenbereich verursacht haben.

“Im Kunstmarkt gibt es systembedingte Fehler, die Fälschungen erleichtern”, erklärt Roland R. Vogel, Präsident des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS). “Hoher Marktdruck und Einlieferungen, die oftmals erst kurz vor der Auktion erfolgen, können unter Umständen eine sorgfältige Provenienzforschung behindern. Jetzt müssen erforderliche Konsequenzen gezogen werden, um die Reputation des Kunsthandels zu sichern.”

So ließen sich beispielsweise durch eine Zusammenarbeit mit öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen und deren schriftlichen Expertisen viele Fehlerquellen ausschließen. Das Risiko, Fälschungen in Auktionen zu nehmen, wäre somit verringert.

Im Fall der “Sammlung Werner Jägers” sollen zwei Enkelinnen Werner Jägers sowie der Ehemann einer der Schwestern die internationale Kunstwelt mit gefälschten Klassikern getäuscht haben. Verschollene Bilder sollen gezielt im Stil des jeweiligen Künstlers nachgeahmt, auf der Rückseite mit imitierten Sammlungs-Etiketten versehen und als Sensations-Funde gefeiert worden sein.

So auch Heinrich Campendonks Werk “Rotes Bild mit Pferden”, das 2006 zu einem Rekordpreis von 2,9 Mio. Euro inkl. Aufschlag versteigert wurde und somit eines der teuersten Werke auf dem deutschen Auktionsmarkt darstellt. Eine anschließende Expertise ergab, dass das Gemälde Spuren des Farbpigments Titandioxyd aufweist, das im vermeintlichen Entstehungsjahr des Bildes 1914 noch nicht bekannt war. Ein weiteres Gemälde aus der “Sammlung Werner Jägers”, Max Pechsteins “Liegender weiblicher Akt mit Katze”, wurde 2003 für knapp 500.000 Euro inklusive Aufschlag versteigert und inzwischen durch ein Gutachten der Autorin des Pechstein-Werkverzeichnisses als Fälschung entlarvt.

Keine Expertise zu Kunstwerk

Analysen haben ergeben, dass mit Hilfe eines Projektors ein bekanntes Pechstein-Aquarell auf die Leinwand übertragen worden sein muss. Zu keinem der beiden Gemälde wurde vor der Auktion eine schriftliche Expertise eingeholt.

“Die Mosaiksteine fügten sich schließlich zusammen, als der Flechtheim-Biograph Ralph Jentsch die ungewöhnlichen Provenienzaufkleber der Galerie Flechtheim auf der Rückseite der Gemälde als Fälschungen identifizierte”, erklärt Dr. Friederike Gräfin von Brühl von der Anwaltssozietät K&L Gates LLP, die zwei Käufer der gefälschten Bilder vertritt.

Nun ergaben die Einzelfälle einen Zusammenhang. Die ganze Sammlung “Werner Jägers” schien eine Erfindung zu sein, da der Großteil der Bilder aus der Sammlung mit den gefälschten Aufklebern versehen war. Aktuell ist die Zahl der betroffenen Werke, die Auktionshäusern und Galerien in Deutschland, London und Paris angeboten wurden, noch ebenso unklar wie der genaue Schadens-Umfang für Käufer, Händler und Museen.

“Der Fall veranschaulicht die Notwendigkeit einer engeren Kooperation zwischen Kunsthandel und Kunstsachverständigen. Zugleich wird hier die Problematik des Meinungsmonopols weniger Experten deutlich”, so Gräfin von Brühl. “Kunstexpertise ist ein Machtfaktor und kann, wenn sie falsch eingesetzt wird, einen gravierenden wirtschaftlichen Schaden verursachen.”

“Als Lehre aus einem solchen Fälschungsskandal sollte man auch über eine Vereinheitlichung der Haftungsklauseln für Auktionshäuser nachdenken”, gibt Vogel zu bedenken. “Einige Häuser haften innerhalb einer Jahresfrist für die Urheberschaft, andere für fünf Jahre und manche gar nicht.”

Das Thema “Kunstfälschung” wurde im Rahmen des 12. Kunstsachverständigentages, der von Dr. Frithjof Hampel, dem Bundesfachbereichsleiter des BVS für Kunst, Antiquitäten und Juwelen geleitet wurde, ausgiebig thematisiert.

Der Kunstsachverständigentag gilt in Fachkreisen als eine der bedeutendsten Zusammenkünfte von Kunstsachverständigen in Deutschland.