Nach den Neonazi-Enthüllungen zeigen sich Spitzenpolitiker auf der Kölner Keupstraße

Der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel (r.), spricht am Donnerstag (17.11.11) in Köeln bei seinem Besuch in der Keupstrasse vor dem Salon des türkischen Friseurs Oezcan Yildirim mit der Presse. Sieben Jahre nach dem offensichtlich durch Rechtsextremisten verübten Anschlag in der Kölner Keupstrasse besuchte Gabriel den Ort des Geschehens. Bei dem Nagelbombenanschlag waren 2004 22 Menschen teils lebensgefährlich verletzt worden. Die Tat wird inzwischen der Neonazi-Gruppe 'Nationalsozialistischer Untergrund' (NSU) zugeschrieben. / copyright: Roberto Pfeil / dapd
Der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel (r.), spricht am Donnerstag (17.11.11) in Köeln bei seinem Besuch in der Keupstrasse vor dem Salon des türkischen Friseurs Oezcan Yildirim mit der Presse. Sieben Jahre nach dem offensichtlich durch Rechtsextremisten verübten Anschlag in der Kölner Keupstrasse besuchte Gabriel den Ort des Geschehens. Bei dem Nagelbombenanschlag waren 2004 22 Menschen teils lebensgefährlich verletzt worden. Die Tat wird inzwischen der Neonazi-Gruppe ‘Nationalsozialistischer Untergrund’ (NSU) zugeschrieben.
copyright: Roberto Pfeil / dapd

Seit den Enthüllungen über die Zwickauer Terrorzelle taucht nun ein Politiker nach dem anderen in der türkisch geprägten Straße im Stadtteil Mülheim auf. Bei einem Anschlag waren 2004 22 Menschen verletzt worden. Die inhaftierte Beate Zschäpe sitzt in der JVA Ossendorf ein.

Stippvisiten am Kölner Anschlagsort

Gabriel ist an diesem grauen Morgen bereits der dritte Spitzenpolitiker innerhalb von zwei Tagen, der sich am Ort des Bombenanschlags vor sieben Jahren sehen lässt. Er habe ohnehin einen Termin in Köln gehabt, sagt Gabriel, als er Yildirims Geschäft verlässt. Es sei angemessen, dann auch vorbeizusehen. Nach weiteren Statements zum NPD-Verbot und zur Aufklärung im Verfassungsschutz schiebt er sich weiter auf dem schmalen Bürgersteig. Seine Bodyguards machen ihm den Weg frei. Gabriel fragt den benachbarten Juwelier, ob er vor sieben Jahren auch schon hier gewesen sei und visiert nach dessen “Nein” und wenigen Sätzen ein Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite an. Die Gespräche verlaufen hinter geschlossenen Türen. Der Eingang wird versperrt. Die Journalistentraube aus Reportern, Fotografen und Kamerateams kann nur durch die Glasscheibe linsen.

Gabriel gibt sich bestürzt

Nach dem Anschlag vor einem Friseursalon schwebten einige Opfer in Lebensgefahr. Die Tat soll auf das Konto der Neonazi-Gruppe “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) gehen. Gabriel räumt ein, dass die Gräueltat damals fälschlicherweise auf das dortige Milieu, die Kurdenorganisation PKK oder die Mafia geschoben gewesen sei. Dies sei beleidigend. Man sollte sich schämen, “wie wir damit umgegangen sind”, sagt Gabriel. Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte bereits einen Tag nach der Tat gesagt, nichts deute auf einen terroristischen Hintergrund hin. Eher handele es sich um eine Tat im kriminellen Milieu.

Am Vortag waren Linke-Chefin Gesine Lötzsch und der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) bereits in der Straße. Yildirim sagt: “Damals wurden uns persönlich Vorwürfe gemacht. Das hat uns sehr verletzt.” Auch wenn die Politiker spät kämen, freue ihn das. Nach dem Anschlag hatte es ein Benefizkonzert gegeben, doch die Einkaufsstraße wurde fortan gemieden. Friseurmeister Yildirim blieb komplett auf den Kosten des Schadens sitzen. Eine Versicherung hatte er nicht.

Siler Öztek beobachtet das Treiben, als sie vor ihrem Geschäft eine Zigarette raucht. “Der Anschlag war 2004. Jetzt ist er auf einmal da”, sagt die 45 Jahre alte Türkin verbittert. “Für die Bevölkerung ist das kein Plus, nach all den Jahren.” Denn Öztek fürchtet sich noch immer: “Es kann jeden Tag noch mal passieren.”

Beate Zschäpe sitzt in JVA Köln ein

Die wegen der rechtsextremen Mordserie an Ausländern
inhaftierte Beate Zschäpe sitzt in der Justizvollzugsanstalt (JVA)
Köln-Ossendorf ein. Dies sagte ein Sprecher des NRW-Justizministeriums
am Donnerstag in Düsseldorf auf dapd-Anfrage und bestätigte damit einen
Medienbericht. Die 36-jährige Zschäpe, die sich in Zwickau gestellt
hatte, sei nach Köln verlegt worden, weil sie von dort aus zu den
Vernehmungen des Bundeskriminalamtes in Meckenheim gebracht werden
könne, hieß es.

Zschäpe gilt als Mitglied der Terrorgruppe
“Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU), die für die bundesweite
Mordserie an acht Türken und einem Griechen und dem Mord an einer
Heilbronner Polizistin verantwortlich sein soll. Zudem gibt es Hinweise
dafür, dass dem NSU auch der Anschlag mit einer Nagelbombe in Köln
zuzurechnen ist.

Autor: Redaktion / dapd / http://bvap.de