In Köln sind sie festes Bestandteil des Stadtbilds und geben dem Ausspruch “ein Hätz für Kölle” eine neue Bedeutung: Liebesschlösser verzieren zu tausendfach die Hohenzollernbrücke und werden von Touristen als Sehenswürdigkeit und von Liebenden als Pilgerstädte aufgesucht. Doch woher kommt der Brauch der stählernen Liebesbeweise überhaupt?
“…Komm sei die Königin in meinem Königreich, ich schenke dir heut´ein Schloss am Rhein. Mein Reich ist eine Brücke, die führt ins Glück hinein. Das Schloss ist nicht so groß, symbolisch eben nur – eiserner Liebestreueschwur, der unsere beiden Namen trägt…”
Nicht nur seitdem die Kölner Band Höhner den Brauch der Liebesschlösser in ihrem Song „Schenk mir Dein Herz“ thematisierte, pilgern jährlich tausende Verliebte in die Domstadt, um mit gravierten Vorhängeschlössern ihrer Liebe Ausdruck zu verleihen.
Das erste Liebesschloss tauchte im Spätsommer 2008 auf – vermutlich ausgelöst durch den Bestsellerroman „Drei Meter über dem Himmel“ von Federico Moccia -, wo sie seitdem tausendfach an der Hohenzollernbrücke angebracht werden und Anreisenden, die mit der Bahn, zu Fuß oder mit dem Fahrrad über den Rhein kommen sofort ins Auge springen. Nach Schätzungen eines Kölner Unternehmens, das sich der Gestaltung von hochwertigen Liebesschlössern widmet, sind dort bereits 100.000 Schlösser in allen Formen und Farben befestigt. Und der Trend hält an.
Anlässe, ein Liebesschloss kaufen, selbst zu gestalten und zu verschenken, gibt es haufenweise und sind nicht nur zur Verlobung passend. Tatsächlich ist die Symbolkraft eines solchen Vorhängeschlosses, das individuell gestaltet den Liebenden die Möglichkeit gibt, ihre Beziehung auf ewig zu besiegeln, unübertroffen und eignet sich sowohl zum Jahres- und Hochzeitstag als auch zum Valentinstag. So wie niemand das Band des Pärchens trennen kann, so soll auch das Liebesschloss für immer befestigt bleiben – wieder entfernt würde es Unglück für die Liebe bedeuten. Daher wird auch der passende Schlüssel gemeinsam in den Rhein geworfen.
Ein Liebesschloss geht um die Welt: Von Italien aus hat der Brauch die ganze Welt erobert
Woher der Brauch der Liebesschlösser kommt, ist nicht mit Sicherheit belegt. In Asien wird die Verbundenheit der Familie schon seit Generationen mit beschrifteten Vorhängeschlössern symbolisch dargestellt. Der Sage nach aber sollen Absolventen der Sanitätsakademie San Giorgio in Florenz, Italien, die Urheber dieses Brauchs sein. Mit dem Ende ihrer Ausbildungszeit befestigten die Absolventen die Vorhängeschlösser ihrer Spinde an einem Gitter des Ponte Vecchio als Symbol dafür, dass die Lehrzeit für immer vorbei ist. Dies wurde wohl von den Verliebten Roms an der Milvischen Brücke als Brauch übernommen. Der Tradition nach erfolgt das anschließende Versenken des Schlüssels in das fließende Gewässer mit dem besiegelten Ausspruch “per sempre” – “für immer”.
Der Trend hat sich seitdem in viele Länder der Welt verbreitet. Liebesschlösser sind von Asien über Europa bis nach Amerika als stählerne Liebesbeweise überall zu finden. Wie zum Beispiel die Liebesbrücke in Vrnjacka Banja in Serbien, wo der Brauch angeblich bereits seit dem ersten Weltkrieg gepflegt wird. Damals schenkten Soldaten ihren Liebsten ein solches Schloss als Treueschwur. Auch im ungarischen Pécs hängen Verliebte Schlösser an einen schmiedeeisernen Zaun in der Stadt. Seit dem 1980er Jahren ist dieser als Liebeszaun nicht nur bei den Einheimischen bekannt und mittlerweile so überfüllt, dass die Stadtverwaltung ein neues Metallgestänge als Ausweichmöglichkeit aufstellen ließ. Ebenfalls in Heidelberg schuf man Abhilfe mit einem mit Ösen besetzten Stein, um die denkmalgeschützte Alte Brücke zu entlasten.
Wenn die Liebe zur Last wird: Paris und Rom beugten sich der Schlösserflut
Nicht in allen Ländern jedoch geht man mit dem Brauch der Liebesschlösser positiv um. Beispielsweise ist das Anbringen von Schlössern in Venedig und Berlin strikt verboten; Zuwiderhandlungen werden mit einem hohen Bußgeld bestraft. Auch in Rom sprach man sich gegen den Trend aus, nachdem 2007 eine Laterne unter der Schlösserlast zusammengebrochen war. Erst 2014 stürzte das Brückengeländer der Pont des Arts in Paris aufgrund des Schlösser-Gewichts von 93 Tonnen ein . Das neue Brückengelände soll so gestaltet werden, dass das Anbringen von neuen Schlössern nicht mehr möglich ist. Zusätzlich rief auch die Pariser Stadtverwaltung ein Verbot aus.
In Köln, wo die Hohenzollernbrücke zu den bekanntesten Orten des Brauchs zählt, betont man vor allem die positiven Auswirkungen der Liebesschlösser auf den Tourismus. Anfangs befürchtete die Deutsche Bahn, die wachsende Anzahl der Schlösser würde die Brückenkonstruktion belasten und wollte die Liebesbeweise entfernen lassen. Letztendlich beugte sich das Unternehmen jedoch dem Willen der Fans. Heute gehören die Schlösser zum Stadtbild Kölns dazu und werden als beliebte Sehenswürdigkeit von tausenden Touristen besucht. Neben Paaren pilgern auch Freunde und Familien dorthin, um sich zu verewigen. Besonders zu Hochzeiten werden die gravierten Schlössern gerne verschenkt – passend dazu mit einem Städtetrip zu einem der stetig anwachsenden Orte, wo der Brauch weiterhin gepflegt wird.