Ein Speicher voller Altlasten steuert unser Leben – was lagert in Ihrem Unbewussten?

Birte vom Bruck (Journalistin / Moderatorin) / copyright: R. Kaltenbach
Birte vom Bruck (Journalistin / Moderatorin)
copyright: R. Kaltenbach

Wer die Linie des Alltagsbewusstseins überschritten und mit Hilfe unterschiedlicher Methoden in die Welt des Unbewussten getaucht ist, kann erfahren, wie anders seine inneren Räume aussehen.

In diesem riesigen Speicher lagern schwierige Situationen, die wir im Moment des Geschehens nicht aushalten und hier ablegen konnten. Eine grandiose Lösung der Natur! Wer als gesunder Mensch unter die Oberfläche schaut, erhält lediglich Zutritt zu den Bereichen, mit denen er oder sie heute umgehen kann – eine Vorsichtsmaßnahme, um nicht von schlimmen Erinnerungen überflutet zu werden.

Dass es das Unbewusste gibt, wissen wir seit über einem Jahrhundert. Doch erst vor wenigen Jahren erklärte uns die Forschung, dass nicht wir, sondern eben das Unbewusste für uns Entscheidungen trifft. Und zwar nicht hier und da, sondern zu annähernd 95 Prozent, egal, was wir mit unserem logischen Links-Hirn beschließen. Das liefere lediglich noch eine Erklärung hinterher, die uns plausibel erscheint.

Bestimmt unser Unbewusstes bis auf wenige Prozent die Richtung unseres Lebens, dann sollten wir wissen, was sich im Bereich des Unsichtbaren abspielt.

Schwierige Situationen wie Schocks und emotionale Verletzungen und Traumata liegen dort verborgen – die unseres eigenen Lebens, aber auch die anderer Generationen. Durch die Holocaust-Forschung wissen wir inzwischen, dass Unverarbeitetes weiter gereicht werden kann.

Das bedeutet, sobald jemand – vielleicht ganz ohne Absicht – an eine unsichtbare Verletzung in unserem Speicher rührt, reagiert das Unbewusste auf der Basis unserer Altlasten und schießt entsprechend zurück. Von diesem Prozess mit seinen treibenden Kräften im eigenen Innern ahnt unser Kopf nicht das Geringste. Auch nicht, dass unser Unbewusstes uns wahrscheinlich absichtlich in solche Begegnungen hinein steuert, uns in anderem Gewand erneut mit Alt-Schmerz konfrontiert, in der Absicht, die ehemals unaushaltbare Verletzung bewusst zu machen, zu verarbeiten und damit zu verabschieden. Statt uns entsprechend dem Neuen Bewusstsein bei Krisen hilfreich zu fragen „Was ist MEIN Dazutun?“, schieben wir gerne den Andern die Verantwortung zu, obwohl wir unbewusst selbst diesen Partner, Chef oder Mitarbeiter in unser Leben gewählt haben.

Wer seine Verletzungen nicht löst, schleppt sie mit all ihren Auswirkungen aufs Familien-, Beziehungs- oder Berufsleben – und daran hängen unsere Finanzen – als Blockaden mit und dreht sich in alten Kreisen. Dauerhaft verletzte Gefühle, die einen entsprechenden Chemie-Cocktail im Körper ausschütten, Traumata bzw. Altlasten anderer Generationen sind für mich heute mit Quelle von Krankheit – ebenso wie die Möglichkeit zu ihrer Gesundung.

Es gibt heute Wege, unter unsere bewusste Oberfläche zu schauen. Das kann entscheidend sein, denn zwischen unserem Alltagsbewusstsein und dem eine Million Mal stärkeren Prozessor des Unbewussten liegen Welten. Wenn wir unsere Verletzungen und unsere Krankheiten wirklich an der Quelle heilen wollen, wenn wir gesunde Beziehungen in Partnerschaft, Familie und Beruf wünschen, kommen wir nicht am Unbewussten vorbei. Ob Freude, Frust oder alte Pein – die Informationen, die in uns stecken, strahlen wir aus. Sie gestalten unsere Gegenwart und Zukunft – zu 95 Prozent unbewusst. Ob wir Licht ins Dunkel bringen, liegt an uns selbst.

Autor: Redaktion / Birte vom Bruck