Wenn der Frühjahrssturm gewütet hat – Versicherung zahlt nicht immer – Was ist zu tun?

'Wenn Sturmböen Dächer abdecken und Bäume umknicken, ist die Schadensregulierung in der Regel ein Fall für die Versicherung', sagt Michael Wortberg, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz. / copyright: Jens-Ulrich Koch/ ddp
‘Wenn Sturmböen Dächer abdecken und Bäume umknicken, ist die Schadensregulierung in der Regel ein Fall für die Versicherung’, sagt Michael Wortberg, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz.
copyright: Jens-Ulrich Koch/ ddp

Noch herrscht eisiges Winterwetter, doch schon in einigen Wochen werden die Frühjahrsstürme übers Land ziehen und an Häusern und auf Grundstücken einigen Schaden anrichten. Wir geben Ihnen Tipps was nach einem Schaden getan werden sollte.

«Wenn Sturmböen Dächer abdecken und Bäume umknicken, ist die Schadensregulierung in der Regel ein Fall für die Versicherung», sagt Michael Wortberg, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz. Er rät dringend, dem Versicherer Sturmschäden unverzüglich zu melden. Viele Unternehmen halten hierzu entsprechende Notrufnummern bereit. Zudem sind Betroffene verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Feststellung des Schadens erschweren könnte – sonst riskieren sie ihren Versicherungsschutz, in vollem Umfang oder zumindest teilweise. «Im Zweifel fragen Sie beim Versicherer nach, wie Sie sich verhalten sollen», empfiehlt Wortberg.

Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen haften nach Angaben des Fachmanns für Sturmschäden ab Windstärke acht. Das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 bis 74 Stundenkilometern. «Hat der Orkan Ziegel und Dachpappe mitgehen lassen, müssen Sie dies nicht einzeln nachweisen», erklärt Michael Wortberg. Nach den Versicherungsbedingungen reiche es aus, dass es vorher eine offizielle Sturmwarnung gegeben hat und auch Häuser in der Nachbarschaft beschädigt worden sind.

Schäden durch Filme und Fotos dokumentieren

Gefahrenquellen müssen beseitigt werden, Schäden sind notdürftig zu reparieren, damit sie nicht noch größer werden. Die Angaben bei Schadensmeldung müssen wahrheitsgetreu und nachweisbar sein. Aufgetretene Schäden sollten laut Wortberg in einer Schadensliste aufgeführt und durch Fotos oder Filme dokumentiert werden. Im Zweifelsfall sei es sinnvoll, Zeugen zu benennen. «Ist ein Gebäude beschädigt, sollten Sie nicht nur detaillierte Foto- oder Filmaufnahmen machen, sondern auch gegenseitig beispielsweise mit den Nachbarn Protokolle darüber anfertigen», empfiehlt der Verbraucherberater. Dies gelte insbesondere vor der Ausführung von Notreparaturen. Die Versicherung müsse zudem die Möglichkeit haben, die Schäden zu begutachten: «Deshalb entsorgen Sie kaputte Gegenstände am besten erst nach Rücksprache mit dem Versicherer.»

Wurden Hausratgegenstände zum Spielball des Sturms, sind diese Schäden durch die Hausratversicherung nur abgedeckt, wenn sie während der Böen in einem Gebäude untergebracht waren und dieses ebenfalls vom Wind beschädigt wurde. Eine Ausnahme dieser Regelung gilt für Antennen und Markisen, die einem Mieter gehören, außen am Gebäude angebracht sind oder waren und ausschließlich durch die Bewohner der versicherten Wohnung genutzt werden.

«Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen zahlen nach dem seit kurzem für alle Verträge geltenden Versicherungsvertragsgesetz (VVG) auch für Schäden, die grob fahrlässig hervorgerufen wurden», erklärt der Experte. Die Höhe der Entschädigung hängt davon ab, wie schwer der Verstoß des Kunden war. Je schwerwiegender der Verstoß, desto geringer die Entschädigung.

Hat der Sturm Dachziegel auf ein parkendes Auto geschleudert, ist die Teilkaskoversicherung in der Zahlungspflicht. Versichert ist nach Wortbergs Worten allerdings nicht der Wiederbeschaffungswert, also der Neupreis des Gefährts, sondern nur der Zeitwert, den es zum Zeitpunkt der Schadensmeldung noch hat. «Oftmals hat der Versicherungsnehmer auch eine Selbstbeteiligung vereinbart, die von der Entschädigungssumme noch abgezogen wird», weiß Wortberg. Ist dagegen ein Wagen in einen umgestürzten Baum gefahren, springt nicht die Teilkasko, sondern nur eine Vollkaskoversicherung für den entstandenen Blechschaden ein.

Wenn ein nachweislich morscher Baum oder ein Ziegel von einem nicht gewarteten Dach einen Schaden angerichtet hat, muss nach Angaben des Fachmanns der Besitzer oder gegebenenfalls dessen Haftpflichtversicherung dafür aufkommen. Ist aber ein gesunder Baum umgefallen oder war das Dach vor den Windböen in Ordnung, gelte dies als «höhere Gewalt», und der Eigentümer hafte nicht für den Schaden.

Bei überfluteten Kellern springt die Elementarversicherung ein. Diese reguliert Schäden bei Überschwemmung, Erdbeben und Erdrutsch, Schneedruck oder Lawinen. «Allerdings gibt es diesen elementaren Schutz im Katastrophenfall meist nur im Paket», so Michael Wortbergs Erfahrung. Sind Lebensmittel im Eisfach oder in der Gefriertruhe durch längeren Stromausfall bei Sturm verdorben, enthalten einige Hausratversicherungen einen zusätzlichen Schutz in ihren Policen.

Fünf Tipps der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz für den Umgang mit
der Versicherung bei Sturmschäden am Haus und auf dem Grundstück:

  • Erstellen Sie unmittelbar nach dem Schadensfall eine vollständige Liste
    aller zerstörten oder beschädigten Gegenstände. Falls vorhanden,
    ergänzen Sie diese um die Einkaufsbelege. Andernfalls fügen Sie aus dem
    Gedächtnis den Zeitpunkt der Anschaffung und den ungefähren Neupreis
    hinzu.
  • Bewahren Sie die beschädigten Dinge zum
    Schadensnachweis so weit es geht auf. Ist dies nicht möglich,
    beispielsweise weil eine sofortige Reparatur notwendig ist,
    fotografieren oder – besser noch – filmen Sie die beschädigten Teile
    vor der Reparatur.
  • Fertigen Sie von allen Unterlagen, die Sie an die Versicherung senden, Kopien an.
  • Nehmen Sie, falls möglich, schriftlich Kontakt mit Ihrer Versicherung
    auf. Ein Fax genügt. Sie sollten in diesem Fall aber unbedingt den
    Sendebericht aufbewahren. Müssen die Verhandlungen ausnahmsweise doch
    telefonisch erfolgen, so telefonieren Sie vor Zeugen. Dies können auch
    Familienangehörige sein. Wenn die Versicherung telefonische
    Leistungszusagen gibt, sollten Sie unbedingt den Namen des
    Sachbearbeiters, seine Durchwahl sowie Tag und Zeitpunkt des Anrufs
    notieren.
  • Lassen Sie sich in puncto Schadenregulierung nicht
    vertrösten. Wenn Sie alle Unterlagen vorgelegt haben, können Sie nach
    spätestens einen Monat nach Schadensanzeige eine Abschlagszahlung
    verlangen.

Autor: Quelle: Redaktion/ Verbraucherzentrale RLP