Wie werden Menschen zu Mördern? Wie lebten Frauen im ausgehenden 19. Jahrhundert ihren harten Alltag in einer harten Gesellschaft? Wie überlebten sie in einer patriarchalen Dorfgemeinschaft, in der lediglich Arbeitskraft und Grundbesitz zählten und der Leumund über Leben und Tod entschied?
In schon vielen Romanen wurden Geschichten um historische Berühmtheiten gesponnen. Doris Rüdisser greift in Ihrem literarischen Debut, der Erzählung um die Geschehnisse in einem Dorf, nicht bekannte Persönlichkeiten, sondern einen Tatbestand auf, der damals für helle Empörung sorgte.
Im Winter 1891 begeht Peter Paul Adametz Mord an dem Bauern Michael Mätzler und wird dafür vor dem Schwurgericht gemeinsam mit Anna Katharina Metzler und Anna Katharina Greber, die Ihn zur Tat angestiftet haben sollen, zur Verantwortung gezogen. Für alle Angeklagten heißt das Urteil „Tod durch den Strang“. Die Frauen werden durch den Kaiser begnadigt, nur Peter Pauls Urteil wird vollstreckt.
Um das Gerichtsprotokoll, das in die Erzählung führt, webt die Autorin gekonnt eine Geschichte aus Sicht der Maria, der Mutter des zum Tode Verurteilten.
Diese war als junges Mädchen mit nichts als den Kleidern am Leib dem Ungarischen Karrenzieher Adametz gefolgt. Nachdem einer der aus der Bindung entstandenen Zwillingssöhnen stirbt, weiß Maria nicht, welchen Namen man ihm gegeben hat. Also bekommt der Überlebende kurzum beide Namen und scheint gleichsam auch beide Persönlichkeiten in seiner Brust zu bergen. Peter Paul erweist sich schnell als Außenseiter, der sich nur unter einer alten Fuchsmaske wirklich frei bewegen zu kann, wenn er damit des Nachts durch die Wälder streift. Mit einer gekonnt antiquierten und wunderschön bildhaften Sprache läd Doris Rüdisser zu einer spannend-wirren Zeitreise.
Die Autorin Doris Rüdisser wurde 1956 in Hohenems, Österrich geboren. Die Pädagogin und Sprachheillehrerin unterrichtet in einer Volksschule und schreibt von Berufswegen eigentlich für Kinder. Ihr literarisches Debut „Fuchsgesicht“ wurde im Zuge eines Wettbewerbs ausgewählt und ist bei Limbus erschienen.
Autor: Ina Laudenberg