CityNEWS-Interview mit Dr. Ingo Froböse zum Thema "Bewegungsmuffel Deutschland"

Ingo Froböse: Es gibt vier Säulen des Wohlbefindens: Bewegung, Ernährung, Entspannung und Suchtprävention. / copyright: Monika Sandel
Ingo Froböse: Es gibt vier Säulen des Wohlbefindens: Bewegung, Ernährung, Entspannung und Suchtprävention.
copyright: Monika Sandel

18 Mal pro Jahr geht der deutsche Durchschnittsbürger zum Arzt. “Das ist abenteuerlich. In Schweden sind es gerade mal 3,5 Besuche und die Menschen leben dort länger”, weiß Universitätsprofessor Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln.

Konsum statt aktive Gesunderhaltung

Gesunderhaltung statt Krankheitsversorgung – das ist der Ansatz des Hochschulprofessors, der selbst jeden Tag mit Kniebeugen und Liegestützen beginnt.

CityNEWS: Sie predigen Prävention. Was heißt das genau?

Ingo Froböse: Handeln, bevor es einem schlecht geht. Wir haben große Einflussmöglichkeiten, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es ist wissenschaftlich belegt, dass 70 Prozent der Gesundheit durch den Lebensstil beeinflusst werden und nur 30 Prozent durch die Gene.

CityNEWS: Was raten Sie?

Ingo Froböse: Es gibt vier Säulen des Wohlbefindens: Bewegung, Ernährung, Entspannung und Suchtprävention. Wenn wir uns schlecht fühlen, müssen wir in den meisten Fällen nur an den Stellschrauben dieses Systems drehen, um eine Besserung zu verspüren. Das geht auch, ohne Pillen zu schlucken.

CityNEWS: Was läuft da schief in unserer Gesellschaft?

Ingo Froböse: Wir stehen vor zwei Problemen: einem großen Überforderungsdruck und viel zu wenig Bewegung. Auf Führungsebene ist das leider noch nicht angekommen. Arbeitgeber quetschen ihre Angestellten immer noch aus wie Zitronen.

CityNEWS: Haben Sie einen Lösungsansatz?

Ingo Froböse: Ich hoffe auf ein Präventionsgesetz auf Bundesebene, daran wird gerade mal wieder getüftelt. Ich wünsche mir, dass nicht nur die Ärzte, sondern in erster Linie die Menschen gecoacht werden im Umgang mit ihrer Gesundheit.

CityNEWS: Wie stellen Sie sich das vor?

Ingo Froböse: Ein Ansatz wäre, mehr Angebote für die Menschen zu schaffen, damit sie sich automatisch mehr bewegen.

CityNEWS: Können Sie das genauer erklären?

Ingo Froböse: Man muss Städte so konzipieren, dass ihre Bewohner wieder mehr Fahrrad und Füße nutzen und das Auto stehen lassen. Dafür brauchen wir die richtige Infrastruktur. Ich plane derzeit mit der GAG ein solches Stadtviertel mit 3000 Wohnungen in Köln-Ostheim. Die Bewegung muss zu den Menschen gebracht werden, umgekehrt funktioniert das nicht.

CityNEWS: Gibt es bereits Städte, die so angelegt sind?

Ingo Froböse: Andere Länder sind viel weiter als Deutschland, zum Beispiel Australien, Skandinavien oder die Beneluxstaaten. Hier fährt im Schnitt jeder Bürger mindestens sechs Kilometer Rad pro Tag. Deutschland ist Autoland und bewegungsfeindlich.

CityNEWS: Welche Tipps haben Sie für den Start in ein gesünderes Leben?

Ingo Froböse: Erstens: mehr Bewegung, also Treppen steigen statt Aufzug fahren. Oder einen Schrittzähler am Handgelenk tragen. Am besten regelmäßig Sport treiben. Zweitens: bei der Ernährung auf die Qualität der Produkte schauen, also auf Biolebensmittel setzen. Drittens: Erholungsphasen Inhalte geben, das heißt: eine Feierabendrunde drehen, lesen oder etwas Leckeres kochen statt fernzusehen. Und viertens sollte man den Tabak- und Alkoholkonsum auf wenige genussvolle Momente, möglichst an freien Tagen, beschränken.

Weitere Infos unter: www.ingo-froboese.de

Autor: Redaktion/ Astrid Waligura