Prof. Dr. Frank Überall lehrt an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln-Zollstock. Im Klüngelpütz Theater tritt er regelmäßig mit Kabarett über den Stadtrat auf.
Als kleiner Junge saß ich oft auf dem Wohnzimmerteppich und spielte mit Autos. Von Matchbox oder Siku, meist aber waren es No-Name-Modelle aus dem Supermarkt. Die Muster des Teppichs waren meine Straßen, dazu kamen kleine Verkehrsschilder und Ampeln. Meine selbst gestellte Aufgabe: den Verkehr so flüssig und so realistisch wie möglich fließen lassen. Ich hatte keinen Namen für dieses Spiel. Im Kölner Stadtrat heißt es: Verkehrspolitik!
Manchmal wurde mir das Autospiel langweilig. Um meine schlechte Laune rauszulassen, ließ ich dann gegen meine selbst gesetzten Regeln den schweren Metallwagen der imaginären Müllabfuhr gegen den knatschgelben Wagen des ADAC donnern – wahrscheinlich hatte ich damals schon eine Vorahnung vom wahren Wert der Gelben Engel. Die verrichtete Zerstörungsarbeit endete in einem verkeilten Berg kleiner Automodelle.
In diesem Modus scheinen auch Kölns Ratspolitiker angekommen zu sein. Ihr Spiel der Verkehrspolitik ist langweilig geworden. Lange haben sie mehr oder weniger den Verkehr so flüssig und realistisch wie möglich verwaltet: Jetzt wollen sie die Sau rauslassen! Am besten funktioniert dieses Mensch-ärgere-Dich-Spiel durch gezielte Beeinflussung der Infrastruktur. So haben andere Kommunen rechtzeitig neue Ampeln und Steuerungssysteme bestellt. Technik hält nicht ewig, sie muss oft erneuert werden. Sonst ist Chaos programmiert.
Das ist wie mit C64-Computern. Es gab eine Zeit, da haben die gute Dienste geleistet. Heute käme keiner auf die Idee, damit ein modernes Computerspiel zu spielen oder eine Ampel zu steuern … wirklich niemand??? Doch: im Kölner Rathaus! Die Folge ist wie damals bei meiner Aggression auf dem Wohnzimmerteppich: Man kann sehen, wie ausgefallene Ampeln an Hauptverkehrsstraßen wie von Zauberhand das erstrebte Chaos herbeiführen – ein herrlicher Spaß für frustrierte Verkehrsspieler im Rathaus!
Reicht das nicht, kommt Phase zwei: So wie Mama früher den Staubsauger auf den Teppich gestellt hat, um das Spiel zu beenden, lässt man in Kölns Stadtpolitik nervige Baustellen vom Himmel purzeln. Bis dann wirklich etwas repariert wird, kann es lange dauern. Vielleicht bis zur nächsten Legislaturperiode. Die Nachfolger unserer Ratsmitglieder wollen ja auch was zum Spielen haben. Wobei es wohl billiger wäre, ihnen Modellautos zu schenken. Sogar die teuren, von Matchbox oder Siku.
Autor: Prof. Dr. Frank Überall