"Späte Ehre" für Thomas Gottschalk

Die ehemalige Bundesfamilienministerin Rita Süßmuth überreicht Thomas Gottschalk den Preis in der Kategorie 'besondere Ehrung' für sein Lebenswerk / copyright: Roberto Pfeil / dapd
Die ehemalige Bundesfamilienministerin Rita Süßmuth überreicht Thomas Gottschalk den Preis in der Kategorie ‘besondere Ehrung’ für sein Lebenswerk
copyright: Roberto Pfeil / dapd

Es war ein Abend, ganz wie er Thomas Gottschalk gebührt. Am Ende der 47. Grimme-Preisverleihung am Freitagabend in Marl hatte Moderator Willi Weitzel die Gala nicht nur – wie sonst eher bei “Wetten, dass…?” üblich – um fast eine Stunde überzogen. Nach knapp drei Stunden gab es schließlich auch stehende Ovationen für den TV-Entertainer Gottschalk – und mit einem Mal war wieder Stimmung im Stadttheater.

“Wir sind die einzigen Clowns hier”, sagte Gottschalk an seinen Kollegen Kurt Krömer gewandt und funktionierte den Mann im blauen, groß-karierten Anzug kurzerhand zum Rednerpult um. Da war der Grimme-Preis für Krömer, der erste an diesem Abend, schon fast wieder vergessen.

Gottschalk, dagegen eher schlicht in Grau, nutzte dennoch die Gunst der Stunde und richtete ein paar ernste, aber launig vorgetragene Worte an das Publikum. So brach der Entertainer, der an diesem Abend seinen ersten Grimme-Preis gleich für sein Lebenswerk bekam, eine Lanze für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Das nämlich habe keine Zukunft mehr, “wenn die Quotenabrechnung nur noch in Zielgruppen gemacht wird”, sagte Gottschalk. Und so riet er auch jungen Kollegen, nicht immer an das zu glauben, “was über euch geschrieben wird. Denn die einzige Instanz, der ihr verpflichtet seid, ist das Publikum”, sagte Gottschalk.

Und das Publikum applaudierte im Theater der Stadt Marl – wie zuvor schon dem Regisseur Dominik Graf. Auch der Filmemacher, der für seine Serie “Im Angesicht des Verbrechens” (WDR/arte) bereits zum neunten Mal mit dem renommierten Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, machte sich an diesem Abend stark für “gute Filme, komplexe Figuren und nachhaltiges Erzählen” ungeachtet des Quotendrucks und des Kommerzes.

Ein bisschen Glanz und Glamour

Doch die Grimme-Preisverleihung ist nicht nur Medienkritik, sie verleiht der kleinen Stadt Marl am Rande des Ruhrgebiets auch einmal im Jahr ein bisschen Glanz und Glamour. Und so hatten sich auch am Freitag bereits am Nachmittag wieder mehrere Hundert Schaulustige vor dem Rathaus und dem Theater versammelt, um die Ankunft der Fernsehprominenz hautnah mitzuerleben.

Sie wurden nicht enttäuscht. Schauspielerin Marie Bäumer (“Im Angesicht des Verbrechens”) passierte den roten Teppich ganz in Schwarz und mit Absätzen so hoch wie Stelzen. Aber auch ihre Kollegen Nina Kunzendorf (“In aller Stille”), Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl (“Tatort”) sowie zahlreiche Landespolitiker und Medienschaffende waren am Freitag nach Marl gekommen.

Und natürlich Thomas Gottschalk – sowie die vielen anderen Preisträger, die unerkannt ins Theater kamen und später auf der Bühne für die bewegenden Momente in einer doch eher glanzlosen Preisverleihung sorgten. Menschen wie Ali Samadi Ahadi. Der Regisseur, ausgezeichnet für seine Dokumentation «Iran Elections 2009», widmete seinen Preis einer iranischen Kollegin, die in ihrem Heimatland mit Berufsverbot belegt wurde, weil sie über die Hinrichtung von Kindern berichtet habe.

“Man kann alles schaffen, wenn man sich lieb hat”

Dagegen beinahe verschüchtert präsentierte sich die Schauspielerin Michelle Barthel (“Keine Angst”). Sichtlich ergriffen über die Auszeichnung für ihre Rolle als 14-jährige Becky aus einfachsten Verhältnissen, die sich das erste Mal verliebt, rührte sie das Publikum. Denn vor allem eines habe sie während der Dreharbeiten gelernt, sagte die Nachwuchsschauspielerin, dabei den Grimme-Preis fest in der Hand drückend: “Man kann alles schaffen, wenn man es zusammen macht – und wenn man sich lieb hat.”