Gran Canaria hat sich verändert. Nicht die Insel an sich. Aber das touristische Angebot. Im Inselinneren setzt man nun voll auf “Agroturismo”. Und an der Küste im Süden heißt das Motto immer öfter “Klasse trotz Masse”. Qualität soll jetzt die Urlauber auf die Kanarische Insel locken und nicht mehr nur Sonne und Strand.
In Maspalomas und anderen Ferienorten stehen zwar immer noch Bettenburgen – allerdings die meisten mit einer Vier- oder Fünf-Sterne-Klassifikation. Es gibt jedoch auch viele Neubauten und die meisten Hotels haben einen großzügigen Spa- und Wellness-Bereich. Ein Teil von ihnen hat sich zu der Marke «Gran Canaria Spa, Wellness & Health» zusammengeschlossen. Dem Massentourismus will man zwar nicht abschwören, allerdings zahlungskräftigere Kundschaft anlocken.
Das ist auch an den schicken Boutiquen zu erkennen, die in Maspalomas die Souvenirläden größtenteils abgelöst haben. Der Massentourismus ist nicht jedermanns Sache. Um einige Tage zu entspannen, sich vielleicht die eine oder andere Massage zu gönnen und einen ausgedehnten Abendspaziergang durch die einmalige Sandlandschaft der Dünen von Maspalomas zu machen, kann es vielleicht trotzdem einen Versuch wert sein.
Besonders, wenn man vorher die Ruhe der Bergwelt im Inselinneren genossen hat. Zur Förderung des Agroturismo hat sich der Zusammenschluss «Gran Canaria Natural» gebildet. Viele der Unterkünfte, in denen heute Zimmer und Ferienwohnungen angeboten werden, sind ehemalige Herrenhäuser, Landhäuser und Gasthöfe, die viele Jahre leer standen. Sie wurden mit viel Geschick und Hingabe renoviert und bieten ihren Gästen neben dem ländlichen Ambiente auch modernen Komfort – und viel Ruhe. Der Rummel der Küstenorte ist weit weg, daran erinnern nur hin und wieder Ausflugsbusse, die an markanten Punkten Halt machen.
Gran Canaria besteht zum größten Teil aus Bergen
Der höchste Berg der Insel, der Pico de las Nieves, misst stolze 1949 Meter. Wer oben steht, kann bei klarem Wetter bis hinüber nach Teneriffa blicken, wo sich der Teide – übrigens der höchste Berg Spaniens – direkt aus dem Meer zu erheben scheint.
Etwas näher dran ist der Roque Nublo, ein Monolith, der steil in den Himmel ragt. Rund um den Roque Nublo – der so heißt, weil er so manches Mal ganz in den Wolken verschwindet – gibt es schöne Wandermöglichkeiten. Wer eine gute Kondition hat, sollte vom kleinen Bergdorf Ayacata hinaufsteigen. Es ist ein ziemlich steiler, rund zweistündiger Aufstieg, aber angesichts der Ausblicke über die zerfurchten Berge und die an die Hänge geschmiegten Dörfer lohnt sich die Mühe. Vor, aber auch nach dem Aufstieg ist die Bar Casa Melo in Ayacata ein fast traditioneller Treffpunkt. In dem zugehörigen Laden kann man sich mit Proviant eindecken und nach erfolgreichen Auf- und Abstieg mit leckeren Tapas belohnen.
Bergsteiger aus Bayern waren es, die 1938 den Felsen an dieser Stelle erstmals bezwungen haben
Es geht aber auch einfacher: Etwas höher gelegen ist ein Parkplatz, von dem aus der Aufstieg zum Roque Nublo in rund 45 Minuten zu schaffen ist. Aber Vorsicht: Man sollte gutes Schuhwerk an den Füßen haben, denn es gibt die eine oder andere Kletterpartie. Der Weg führt durch einen dichten Kiefernwald und nur hier und da lässt sich ein Blick auf die Umgebung erhaschen. Dafür ist es relativ kühl – das macht den Aufstieg angenehmer. Der steil aufragende Roque Nublo war einmal ein Heiligtum der «Canarios viejos» der Altkanarier, wie die Ureinwohner hier genannt werden. Heute ist er Wahrzeichen und eine Herausforderung für Kletterer. Eine der Kletterrouten heißt «Via alemana» – deutscher Weg.
Man muss jedoch nicht hinaufklettern, um das Rundum-Panorama zu genießen. Nordwestlich ist der Roque Bentaiga zu sehen, ebenfalls ein Heiligtum der Altkanarier. Im Norden blickt man in den größten Krater Gran Canarias, die Caldera de Tejeda, mit dem gleichnamigen Bergdorf. Und manchmal blitzt weit hinten auch das Meer hervor. Ein Tipp: Wer sich vor der Weiterfahrt noch etwas die Füße vertreten will, sollte zurück den gemütlichen Rundweg an dem nach Kiefern und Kräutern duftenden Hang des Plateaus wählen.
Doch nicht nur die Natur, auch die vielen kleinen Bergdörfer machen das Inselinnere zu einem Schmuckstück. Wie zum Beispiel Tejeda, mit seinen weißgetünchten Häusern und dem insel-berühmten Marzipan. Das mit dem Marzipan hat natürlich seinen Grund: Rund um Tejeda, vor allem im Krater, wachsen Tausende Mandelbäume. Und die Ernte wird zu einem großen Teil direkt im Ort zu Keksen, Kuchen und eben Marzipan verarbeitet. Käuflich zu erwerben sind die Köstlichkeiten in der allseits bekannten Dulceria Nublo Marzepanes an der Hauptstraße. Wer im Januar oder Februar kommt, kann Zeuge der Mandelblüte werden, die die Caldera de Tejeda in ein weiß- und rosafarbenes Meer verwandelt.
Zu den interessantesten Besonderheiten Gran Canarias gehören die Höhlendörfer
Es war eine Idee der Altkanarier, direkt im Berg zu wohnen und dort, unzugänglich weiter oben, auch ihre Toten zu bestatten. Einige Hundert Menschen nutzen heute noch Höhlen als ihr Domizil. Allerdings ist alles ein bisschen komfortabler geworden: Sie haben sich Häuschen davor gebaut sowie Strom- und Wasseranschluss.
Das war nicht immer so. Im Dorf Cuevas Bermejas im Osten gibt es erst seit 2003 fließendes Wasser und Strom seit 1987. Die Straße durch das Tal wurde erst im Jahr 1974 gebaut. Bis dahin waren die Dorfbewohner weitgehend Selbstversorger und wenn sie doch mal zum Einkaufen mussten, ging es mit dem Esel in den nächsten größeren Ort Agüimes, wie Doña Isabel erzählt, die mit ihrer Familie hier seit 1961 wohnt. Die Höhle haben sie selbst in den Fels geschlagen – das war billiger, als ein Haus zu bauen. Zwei ihrer Kinder wohnen noch im Höhlendorf. Und sie wollen auch nicht weg.
(Die Autorin war auf Einladung von Gran Canaria Natural und Gran Canaria Spa, Wellness & Health unterwegs.)