(AKTUALISIERT 18:30, 01.12.2009) Wie die Polizei mitteilte, ist der 2. Flüchtige heute um 09:50 Uhr in Schermbeck (Kreis Wesel) auf einem Fahrrad gefasst worden, dabei wurde niemand verletzt. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung und Chronologie des Gefägnisausbruchs und über die Flucht der letzten Tagen, sowie ersten Stimmen aus Politik und der Polzei.
AKTUALISIERT (18:30 Uhr, 01.12.2009):Viereinhalb Tage nach dem Ausbruch zweier Schwerverbrecher aus der
Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen ist mit dem 46-jährigen Peter Paul
Michalski auch der zweite flüchtige Kriminelle gefasst. Er wurde von
Spezialeinsatzkräften der Polizei am Dienstag um 9.50 Uhr in Schermbeck
(Kreis Wesel) festgenommen, wie die Kölner Polizei, die die
Ermittlungen leitet, mitteilte. Bei dem Zugriff wurde niemand verletzt.
Die Festnahme von Michalski erfolgte außerhalb der Ortschaft
Schermbeck an einem, wie es hieß, «günstigen Ort» an der Bundesstraße
58 auf freier Strecke. Laut Polizei war Michalski mit einem
silberfarbenen Fahrrad unterwegs, zudem hatte er einen Schlafsack
dabei. Auf die Spur des Flüchtigen war die Polizei offenbar durch die
Ortung eines Handys gekommen. Ein Spezialeinsatzkommando drängte mit
einem Fahrzeug den radelnden Michalski ab. Der Flüchtige habe «sich
ergeben» und sei «den Anweisungen der Polizei gefolgt», sagte der
Leitende Polizeidirektor Dieter Klinger. Bei ihm wurde eine
durchgeladene Waffe sichergestellt.
Nach Michalski war
zuletzt schwerpunktmäßig im Raum Ostwestfalen gefahndet worden, da der
46-Jährige in der Gegend Freunde und Verwandte hat. Wie der Flüchtige
von Mülheim an den Niederrhein gekommen war, ist bislang unklar.
Der 46-Jährige befindet sich inzwischen an einem unbekannten Ort in
Polizeigewahrsam. Sein bereits am Sonntag in Mülheim an der Ruhr
festgenommener Mitflüchtling Michael Heckhoff (50) ist in der JVA
Bochum untergebracht. Gegen die beiden Männer erwirkte die
Staatsanwaltschaft Aachen Haftbefehle unter anderem wegen Geiselnahme,
schwerer räuberischer Erpressung und Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Robert Deller werden die beiden
Männer vermutlich nicht mehr im selben Gefängnis inhaftiert werden.
Laut dem Sender N 24 soll Michalski in die JVA Bielefeld-Brackwede
gebracht werden.
Polizeidirektor Klinger betonte, er sei
froh, dass beide Flüchtlinge «zeitnah» gefasst werden konnten. Aufgrund
ihrer kriminellen Vorgeschichte habe man «mit dem Schlimmsten rechnen»
müssen. Einen Vergleich zu dem Gladbecker Geiseldrama lehnte Klinger
aber ab, weil sich in dem vorliegenden Fall keine Geiselnahme-Situation
wie in Gladbeck ergeben habe.
Beide Männer sind zu
lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
Am Donnerstagabend waren sie aus der JVA Aachen geflohen. Dabei wurde
ihnen zudem offenbar von einem Gefängniswärter geholfen. Über Kerpen
und Köln flüchteten die beiden nach Essen und Mülheim, wo Heckhoff
gewohnt hatte. Dabei benutzten sie mehrere Fahrzeuge und brachten zwei
Taxifahrer, eine 19-jährige Frau und ein Ehepaar vorübergehend in ihre
Gewalt. Nach kurzer Zeit ließen sie die Geiseln aber wieder unverletzt
frei.
NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) nannte die Festnahme
einen «großartigen Erfolg der Polizei» und dankte den Beamten für ihren
Einsatz. Aus Sicht des Bundesvorsitzenden der Deutschen
Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat sich die zentrale Führung des
Einsatzes bewährt. Es sei gelungen, einen flächendeckend hohen
Fahndungsdruck zu erzeugen.
Die «Bild»-Zeitung hatte am
Dienstag einen Bericht mit Einzelheiten des Ausbruchs und Zitaten des
Ausbrechers Heckhoff veröffentlicht. Die Polizei leitete ein
entsprechendes Ermittlungsverfahren ein und will prüfen, inwieweit die
von «Bild» zitierten Äußerungen Heckhoffs den tatsächlichen Verlauf
seiner Flucht wiedergeben. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Deller
sind die Aussagen Heckhoffs «nicht zutreffend».
Laut
«Bild»-Zeitung kauften Heckhoff und Michalski eine Pistole von einem
Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt Aachen, mit der sie einen Wärter
und einen Pförtner bedroht hatten. Bislang hieß es, beide Täter hätten
ein Messer als Waffe benutzt. Den Schlüssel, mit dem sie mehrere
verschlossene Türen öffneten, hatten sie sich laut Heckhoff in der
Gefängnis-Schlosserei angefertigt. Das Muster dafür habe ihnen ein
Wärter gegeben.
Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter
(CDU) reagierte auf die Festnahme von Michalski mit «großer
Erleichterung». Die Ministerin kündigte eine «Aufarbeitung des
Ausbruchs» an. Neben den Ermittlungen gegen einen Vollzugsbediensteten
werde auch geprüft, ob ein Mitgefangener den Entflohenen geholfen
hatte. Auch die Leiterin der JVA Aachen, Reina Blikslager, zeigte sich
erleichtert über die Festnahme von Michalski.
Chronologie: Die Flucht der Aachener JVA-Ausbrecher
- 26. November:
Die Inhaftierten Michael Heckhoff und Peter Paul
Michalski fliehen am Abend unter bislang ungeklärten Umständen aus der
JVA Aachen. Dabei benutzen sie ein Taxi, das zufälligerweise gerade vor
dem Gefängnis in Aachen hält. Von dort fahren sie zunächst nach
Kerpen-Buir. Dort wechseln sie das Taxi und lassen sich in die Kölner
Innenstadt bringen. Die Polizei sucht mit einem Großaufgebot zunächst
vergeblich nach den beiden. Die Flüchtigen übernachten in Köln unter
der Severinsbrücke.
- 27. November:
Heckhoff und Michalski
zwingen am Nachmittag eine 19-jährige Kölnerin, sie mit ihrem Auto nach
Essen-Kettwig zu bringen. Von dort gelangen sie nach Mülheim an der
Ruhr. Die Suche der Polizei nach den beiden verläuft zunächst im Sande.
- 28. November:
Am Morgen dringen die beiden Flüchtigen in die
Wohnung eines Ehepaares in Mülheim ein. Dort halten sie sich mehrere
Stunden auf, essen und trinken, tauschen die Kleidung und waschen sich.
Am Abend fahren sie mit dem Ehepaar und deren Pkw weg. In
Mülheim-Auerberg lassen sie das Ehepaar aussteigen und fahren weiter.
- 29. November:
Der Pkw des Ehepaares wird entdeckt. Die beiden
Flüchtigen bedrohen kurzzeitig eine Familie in einem Hochhaus in
Mülheim. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei nimmt Heckhoff am
Vormittag in dem Haus fest. Michalski kann entkommen.
- 30.
November:
Die Polizei konzentriert ihre Suche nach Michalski auf den
Raum Bielefeld, weil ein Spürhund angeschlagen hatte und der Flüchtige
aus Herford stammt. Nach Polizeiangaben war dies aber offenbar eine
falsche Spur.
- 1. Dezember:
Michalski wird am Morgen auf einer
Landstraße bei Schermbeck (Kreis Wesel) festgenommen. Wie er dorthin
gekommen ist, ist bislang unklar.