Das Thema Erbe ist sensibel. Viele Menschen scheuen es, sich damit zu befassen. Hat man den Entschluss dann getroffen, das Erbe zu regeln, muss man aufpassen, dass dies auch formal korrekt und juristisch einwandfrei geschieht. Nur so können Unwägbarkeiten und mögliche Streitszenarien vermieden werden.
Die entsprechenden Informationen zur Vorsorge für den Erbfall gibt es bei Rechtsanwälten, Notaren und Steuerberatern, aber beispielsweise auch bei Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Mit dem Tod eines Menschen – dem Erbfall – geht dessen Vermögen auf den oder die Erben über. Zur Erbschaft gehört das gesamte Vermögen, das zum Todeszeitpunkt beim Erblasser vorhanden ist. “Damit ist allerdings nicht nur Geld gemeint”, erläutert Arndt Kalkbrenner vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR): “Auch sämtliche Gegenstände, Grundstücke und daran bestehende Rechte, aber auch alle Verbindlichkeiten des Erblassers gehen bei Eintreten des Erbfalls auf die Erben über.”
Wer erbt, bestimmt zunächst einmal das Gesetz. Dabei spricht man von der gesetzlichen Erbfolge. Das Recht lässt aber auch eine individuelle Regelung der Vermögensnachfolge im Erbfall zu. Eine Nachlassgestaltung “nach Maß” hat viele Vorteile: Durch sie können im Erbfall Auseinandersetzungen zwischen den Erben vermieden, die Versorgung bestimmter Personen – wie etwa des Ehepartners – sichergestellt oder auch Erbschaftssteuer gespart werden. Es ist daher sinnvoll, sich mit den bestehenden Möglichkeiten – zum Beispiel Testament oder Erbvertrag -, aber auch mit der gesetzlichen Erbfolge vertraut zu machen.
“Erben erster Ordnung”
Die gesetzliche Erbfolge greift nur, wenn keine weiteren Regelungen getroffen worden sind. Nach der gesetzlichen Erbfolge wird der Erblasser in erster Linie von seinen Abkömmlingen (Erben erster Ordnung) beerbt. Es erben also zunächst die Kinder des Erblassers. Sofern ein Kind zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr lebt und selbst Kinder hinterlässt, wird dessen Erbanteil auf die Enkel als entferntere Abkömmlinge des Erblassers zu gleichen Teilen verteilt. Ob ein Abkömmling einer Ehe entsprungen ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle.
Um eine von der gesetzlichen Erbfolge abweichende Verteilung des Nachlasses zu regeln, eignet sich in vielen Fällen die Errichtung eines Testaments. Damit wird die sogenannte gewillkürte Erbfolge festgelegt. Das Gesetz kennt das private und das öffentliche Testament.
Privates Testament
Ein privates Testament wird durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet. “Damit ein privates Testament wirksam ist, ist es zwingend erforderlich, dass der Verfasser mindestens 18 Jahre alt ist, dass der gesamte Text vom ersten bis zum letzten Wort von Hand geschrieben ist und dass das Testament eigenhändig unterschrieben wurde”, betont Arndt Kalkbrenner. Wichtig sei, dass das Testament mit dem Vor- und Zunamen unterschrieben sowie mit Ort und Datum der Ausstellung versehen werde. “Dies hilft, Unklarheiten vorzubeugen und Streit unter den Erben zu vermeiden”, so Kalkbrenner. Werde ein Testament über mehrere Seiten verfasst, sollten diese durchgehend nummeriert werden. So sei sichergestellt, dass sich die Unterschrift auf alle Seiten des Testaments beziehe.
Öffentliches Testament
Bei einem öffentlichen Testament erklärt man seinen letzten Willen einem Notar gegenüber mündlich oder man übergibt ihm eine Schrift mit der Erklärung, dass diese den letzten Willen beinhaltet. “Im Gegensatz zum privaten Testament braucht eine solche Schrift nicht von Hand geschrieben worden zu sein. Hier darf man sich der Hilfe eines Computers oder einer Schreibmaschine bedienen”, erläutert Arndt Kalkbrenner. Der Notar erstellt dann eine Niederschrift über die Errichtung des öffentlichen Testaments. Diese wird dem Mandanten vorgelesen, von ihm genehmigt und eigenhändig unterschrieben. Die Niederschrift sowie gegebenenfalls das übergebene Schriftstück gibt der Notar schließlich dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er seinen Sitz hat, zur amtlichen Verwahrung.
Gemeinschaftliches Testament
Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten. Dies kann in privater und auch in öffentlicher Form geschehen. Es ist ratsam, es zusammen mit einem Rechtsanwalt oder Notar anzufertigen. “Denn dabei gibt es sehr vieles zu beachten”, betont Arndt Kalkbrenner vom BVR. So sei es etwa unter Ehegatten und Lebenspartnern möglich, sich gegenseitig als Erben einzusetzen. Auch könnten Fragen zu einer vielleicht gewünschten Vor- und Nacherbschaft, der Möglichkeit der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten oder erschwerte Widerrufsmöglichkeiten mit juristischer Unterstützung besser eindeutig geklärt werden.
Widerruf
Es gibt viele denkbare Szenarien, die den Wunsch nach einer Änderung des Testaments wecken können. Arndt Kalkbrenner weist darauf hin, dass es ohnehin ratsam sei, von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob das Testament noch den aktuellen Vorstellungen entspreche: “Jedes Testament, auch ein öffentliches, kann durch Errichtung eines neuen Testaments geändert oder aufgehoben werden.” Bei öffentlichen Testamenten genügt zum Widerruf die Abholung aus der amtlichen Verwahrung. Bei mehreren im Nachlass gefundenen Testamenten verliere das frühere durch das spätere allerdings nur in den Punkten seine Gültigkeit, in denen es mit ihm im Widerspruch stehe, oder aber, wenn frühere Anordnungen ausdrücklich aufgehoben würden. “Will man ein altes Testament widerrufen, ist es daher am sichersten, es zu vernichten. An seine Stelle kann dann ein völlig neues Testament treten”, so Kalkbrenner.
Grenzen der Testierfreiheit
Auch wenn in einem Testament grundsätzlich frei bestimmt werden kann, wer welchen Anteil am Erbe erhalten soll (Testierfreiheit), ist nicht jede beliebige Erbregelung möglich. Steht ein Testament mit zwingenden gesetzlichen Formvorschriften nicht im Einklang, verstößt es gegen die guten Sitten oder enthält es widersprüchliche oder unmöglich zu erfüllende Anordnungen, ist es unwirksam. Zudem ist zu beachten, dass die Testierfreiheit mit Rücksicht auf die nächsten Familienangehörigen eingeschränkt ist. “Die Personen, die gemäß der gesetzlichen Erbfolge erben würden, im Testament aber von der Erbfolge ausgeschlossen worden sind, können nämlich von den tatsächlichen Erben die Hälfte des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils beanspruchen”, erklärt Arndt Kalkbrenner. Einem Erben auch das Recht auf diesen sogenannten Pflichtteil zu entziehen, sei nur bei Vorlage ganz außergewöhnlicher Umstände statthaft.
Die Vorzüge eines Erbvertrags
Der Erbvertrag ist – neben dem Testament – eine weitere Möglichkeit einer Verfügung von Todes wegen. Der Erbvertrag kann zwischen dem Erblasser und den Erben geschlossen werden. Er bietet ebenso viele Gestaltungsmöglichkeiten wie ein Testament. Erbverträge müssen vor dem Notar geschlossen werden. “Da es sich hierbei um echte Verträge handelt, können sie vom Erblasser alleine nicht widerrufen oder geändert werden”, betont Arndt Kalkbrenner. Die Änderung oder der Widerruf eines Erbvertrags sei vielmehr regelmäßig nur durch den Abschluss eines weiteren notariellen Vertrags – an dem alle Vertragsparteien mitwirken müssen – möglich. “Wegen der starken rechtlichen Bindung sollte der Abschluss eines Erbvertrags daher gut überlegt werden”, so Kalkbrenner.
Ein Erbvertrag kann sehr einzelfallbezogen formuliert werden. Überdies bietet er – anders als das Testament – die Möglichkeit, den Erben schon vor Eintritt des Erbfalls zu Leistungen zu verpflichten. “So
kann darin etwa geregelt werden, dass der Erbe dem Erblasser bis zu seinem Lebensende ein Wohnrecht oder Unterhaltszahlungen zu gewähren hat”, erläutert Arndt Kalkbrenner. Auch bietet sich ein Erbvertrag aufgrund der vielen Ausgestaltungsmöglichkeiten zur Verteilung umfangreichen Immobilienvermögens zu Lebzeiten des Erblassers oder zur detaillierten Regelung einer Unternehmensnachfolge an. Dies sei, so Kalkbrenner, nicht zuletzt auch aus Gründen des Erbschaftssteuerrechts interessant.
Aufbewahrung des Testaments
Ein öffentliches Testament wird immer amtlich verwahrt. Dies veranlasst der Notar. Ein privates Testament kann ebenfalls bei einem Nachlassgericht in amtliche Verwahrung gegeben werden. Dass diese Testamente im Erbfall beachtet werden, gewährleistet das Zentrale Testamentsregister. Es wird seit Januar 2012 von der Bundesnotarkammer betrieben und von den Nachlassgerichten in jedem Sterbefall geprüft. Möglich ist auch die Aufbewahrung zu Hause oder bei einer vertrauten Person. Man sollte aber sicherstellen, dass das Testament im Erbfall tatsächlich gefunden wird.
Autor: Redaktion/ djd / HDI Versicherung AG