10. Diabetikertag lockt über 200 Besucher ins Porzer Bezirksrathaus

Die Zahl der Diabetiker hat sich in den letzten zehn Jahren in Deutschland nahezu verdoppelt! / copyright: Krankenhaus Porz am Rhein
Die Zahl der Diabetiker hat sich in den letzten zehn Jahren in Deutschland nahezu verdoppelt!
copyright: Krankenhaus Porz am Rhein

So viele kamen noch nie: Mehr als 200 Besucher zählte der 10. Diabetikertag des Krankenhauses Porz am Rhein im Bezirksrathaus Porz. Damit wurden die Erwartungen des Veranstalters, dem Diabetesteam des Krankenhauses Porz am Rhein, übertroffen.

Neben informativen Vorträgen
zeigte eine Ausstellung im Foyer mit zahlreichen Mitmach- und Probierstationen,
wie sich der Kampf gegen den Diabetes aufnehmen lässt. Die Mitarbeiter des
Krankenhauses Porz hatten ein Büffet mit vielen gesunden und schmackhaften
Ernährungs-Anregungen aufgebaut. Die Botschaft war eindeutig: Achtet auf Euer
Gewicht!

“Die Patienten werden immer
jünger”

Denn die Zahl der Diabetiker hat
sich in den letzten zehn Jahren in Deutschland nahezu verdoppelt, was auch auf
die Gewichtszunahme zurückzuführen ist. Deutschland gehört weltweit zu den
Staaten, die die meisten Übergewichtigen stellen. “Die Patienten, die aus
diesen Gründen einen Diabetes bekommen, werden immer jünger”, sagte Prof.
Dr. Wolfgang Holtmeier, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und
Diabetologie im Krankenhaus Porz am Rhein und Leiter des dortigen
Diabetesteams.

Übergewicht allein ist jedoch noch
kein sicheres Kriterium, an Diabetes zu erkranken. “Wenn Sie nicht die
genetische Vorbelastung für Diabetes haben, können Sie so dick sein, wie Sie
wollen. Sie werden kein Diabetes bekommen”, sagt Prof. Holtmeier. Die Gene
lösen einen Diabetes jedoch erst aus, wenn ein gewisses Körpergewicht
überschritten ist.

Der Experte weiß: Fett ist nicht
gleich Fett

In der Evolution des Menschen war
das Diabetes-Gen ursprünglich vorteilhaft: Wer viel Gewicht ansetzte, hatte in
der Steinzeit höhere Überlebenschancen. Dieser Vorteil hat sich mit zunehmender
Lebensdauer und unter den Bedingungen der heutigen Zivilisation ins Gegenteil
verkehrt. Wobei die Experten unterscheiden: Fett ist nicht gleich Fett. Während
das Fett direkt unter der Haut für den Diabetes eher weniger problematisch ist,
kann das Fett im Körperinneren um die Organe herum entscheidend sein.
“Gerade Frauen tendieren dazu, eher an den Oberschenkeln oder an den
Hüften zuzunehmen. Das ist nicht schlimm. Wenn sich aber das Fett eher im
Oberbauch befindet, ist die Chance größer, Diabetes zu bekommen.”

Diabetes ist aber nur ein Teil des
Problems. Meist gehen mit ihm ein hoher Blutdruck und erhöhte Blutfettwerte
einher. “Man nennt das in der Medizin das tödliche Quartett”, sagt
Prof. Holtmeier. Es gibt kaum einen Typ-2-Diabetiker, der nicht auch einen erhöhten
Blutdruck hat. Hinzu kommt meist noch ein Bewegungsmangel, wodurch natürlich
das Übergewicht steigt. Auch Atemaussetzer während des Schlafs sind oft zu
beobachten und müssen therapiert werden. Zudem kann es zu Gerinnungsstörungen
des Blutes kommen, weshalb Diabetiker auch ein erhöhtes Risiko haben, einen
Schlaganfall zu bekommen. 55 Prozent aller Schlaganfälle in Deutschland sind
durch den Diabetes verursacht.

70 Prozent der Beinamputationen sind
auf Diabetes zurückzuführen

Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung
sind meist schon Schädigungen im Körper festzustellen. Diabetes entwickelt sich
nämlich schleichend über zehn Jahre und mehr. Dabei kann es z.B. zu
Gefäßschäden kommen, weshalb auch Dr. Hoppe, leitender Oberarzt der Klinik für
Kardiologie im Krankenhaus Porz am Rhein, über Schädigungen des Herzens in
Verbindung mit dem Diabetes referierte. Etwa ein Drittel aller Herzinfarkte
geht auf das Konto des Diabetes. “Überall, wo feine Gefäße im Körper die
Durchblutung sicherstellen, kann es zu Schädigungen kommen”, sagt Prof.
Holtmeier. Neben dem Gehirn, dem Herz, den Nieren und den Augen können auch die
Beine davon betroffen sein. Deshalb berichtete Oberärztin Dr. Alexandra Zidek
aus der Gefäßchirurgie des Krankenhauses Porz am Rhein über das diabetische Fußsyndrom.
Allein 70 Prozent aller Fuß- bzw. Beinamputationen sind bundesweit durch den
Diabetes bedingt.

Während der Typ-1-Diabetes auf einen
Insulinmangel im Körper zurückgeht, ist der Typ-2-Diabetes durch einen
Insulinüberschuss gekennzeichnet. “Am Anfang der Erkrankung haben die
Betroffenen also viel zu viel Insulin im Körper, das kann bis zu zehnmal so
viel Insulin sein wie bei einem gesunden Menschen.” Dennoch haben die
Betroffenen einen hohen Blutzucker, weil das Insulin nicht richtig wirken kann.
Das Insulin wird schlicht nicht in die Zellen gelassen, die es verarbeiten
können. “Diese Barriere in die Zelle hinein muss also überwunden
werden”, erklärt Prof. Holtmeier. Neue Medikamente setzen genau hier an,
die Dr. Rainer Lehmann, Oberarzt in der Klinik für Diabetologie im Krankenhaus
Porz am Rhein, in seinem Vortrag vorstellte. “Je besser ein Diabetiker
seinen Blutzucker eingestellt hat, umso weniger Komplikationen sind zu
erwarten”, sagt Prof. Holtmeier.

Bei einer Diät sollte in Jahren
gedacht werden

 Das Problem bei der Gewichts- und
Insulinkontrolle ist, dass es sich um einen Teufelskreis handelt: Insulin ist
nämlich ein Wachstumsstoff. Je mehr Insulin produziert wird, desto stärker
steigt das Übergewicht an. Und je mehr Übergewicht vorhanden ist, desto mehr
Insulin ist nötig. Deshalb ist Gewichtsabnahme durch Bewegung sinnvoll, rät
Diabetesberaterin Monika Winkler. “Hier sollte man aber nicht – wie bei
einer Diät sonst üblich – in Tagen oder Wochen, sondern eher langfristig in
Jahren denken. Wenn Sie pro Jahr fünf Kilo abnehmen und auch halten, ist das
schon sehr gut”, rät Prof. Holtmeier.